Die Elektromobilität steht weltweit vor dem flächendeckenden Durchbruch. Dabei wird es große Gewinner, aber auch große Verlierer geben, sagt Carsten Riehemann von Albrecht, Kitta & Co. Welche er genau meint, verrät er hier.
Trotz der jüngsten Kursverluste wird Tesla derzeit an der Börse mit umgerechnet rund 40 Milliarden Euro bewertet. BMW ist gerade einmal fünf Milliarden Euro mehr wert.
Die Amerikaner wollen Ende 2019 eine jährliche Produktionskapazität von 500.000 Autos erreichen. Die Deutschen haben 2018 fünf Mal so viele Fahrzeuge verkauft. Während sich bei Tesla ein KGV kaum seriös schätzen lässt, weil noch gar nicht klar ist, ob das Unternehmen in diesem Jahr einen Gewinn erzielt, bringt es BMW auf ein klägliches 2019er-KGV von sieben. Die Dividendenrendite liegt hier bei satten fünf Prozent. Bevor Tesla eine Dividende zahlt, muss das Unternehmen erst einmal profitabel werden.
Kein anderer etablierter Autohersteller treibt das Thema Elektromobilität so energisch voran wie Volkswagen. Ab dem kommenden Jahr startet die Auslieferung der elektrischen I.D.-Gruppe, die auf dem modularen Elektrifizierungsbaukasten, kurz MEB genannt, basiert. Den Anfang macht ein Kompaktwagen – das erste originär als Elektroauto entwickelte Modell aus dem VW-Konzern. Der Wagen, dessen Name noch nicht bekannt ist, soll weniger als 30.000 Euro kosten und an den Erfolg des VW-Golf anknüpfen. Bald darauf sollen ein elektrisch angetriebener SUV und ein Kleinbus folgen.
Ungewöhnlich an den Plänen von VW ist, dass der MEB auch anderen Volumenherstellern zur Verfügung gestellt werden soll. Mit dem Industriestandard wollen die Wolfsburger der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen.
Stärker unter Strom als gedacht
Die eigenen Ziele hat VW-Chef Diess erst kürzlich angehoben. Bis zum Jahr 2030 sollen jetzt insgesamt 22 Millionen Elektroautos gebaut und verkauft werden. Ursprünglich waren 15 Millionen Fahrzeuge mit Elektromotor geplant. Damit wird die Nachfrage nach Akkus beziehungsweise Batteriezellen dramatisch steigen. Bislang hatte VW bis 2025 mit einem Bedarf von 150 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr gerechnet. Jetzt dürften es mehr als 200 GWh werden – allein bei VW.
Der Batteriebedarf von VW lässt sich gut an den Zahlen von Tesla verdeutlichen – der einzige westliche Autobauer, der bislang seine Batteriezellen und Akkus selbst fertigt. Dies geschieht in der Gigafactory in Nevada, die Tesla zusammen mit Panasonic aufbaut beziehungsweise bereits betreibt. Die dortige Jahreskapazität beläuft sich derzeit auf 20 GWh. Die Gigafactory liefert seine Batterien ausschließlich an Tesla. Hier soll die jährliche E-Auto-Produktion bis Ende 2019 auf 500.000 Einheiten steigen. So gerechnet wären für den Bedarf allein von VW rund zehn Gigafactories nötig.
Noch sind die deutschen Autohersteller völlig abhängig von Batteriezellen-Herstellern aus Südkorea und China. Damit dies nicht so bleibt, will Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier den Aufbau von Produktionskapazitäten in der Bundesrepublik mit bis zu einer Milliarde Euro fördern.
Aber nicht nur VW gibt beim Thema Elektromobilität Gas. Neben den etablierten westlichen Autokonzernen drängen vor allem chinesische Hersteller in den Markt. Im Westen weitgehend unbekannte Firmen wie die Volvo-Mutter Geely oder Build Your Dreams (BYD) kündigen nicht nur den Bau von E-Autos an, sondern produzieren diese schon heute in größeren Stückzahlen. Dazu kommen noch zahlreiche Neueinsteiger und Start-ups wie Fisker, Dysen, Byton oder Nio, hinter denen teilweise milliardenschwere chinesische Tech-Konzerne wie Tencent, Baidu, Xiaomi und Lenovo stehen. Wer von den alt eingesessenen Autokonzernen und den neuen Wettbewerbern das Rennen machen wird, ist kaum absehbar.
Mögliche Engpässe
Klar ist dagegen: Angesichts des anstehenden Durchbruchs der Elektromobilität dürfte die Nachfrage bei den Herstellern von Batteriezellen auf Jahre hinaus gesichert sein. Vielmehr gibt es schon heute immer wieder Gerüchte über Lieferengpässe, die die Einführung neuer E-Auto-Modelle angeblich behindern.
Spannend dürfte auch sein, inwieweit Lithiumförderer wiederrum den rasant steigenden Bedarf der Akku-Produzenten bedienen können. Zwar scheint es weltweit ausreichend Vorkommen zu geben. Allerdings ist die Produktion von Lithium im Batteriequalität offenbar technologisch anspruchsvoller als vielfach gedacht. Klar ist aber auch, dass sich Lithiumförderer um den Absatz des Rohstoffs wohl kaum Sorgen machen müssen. Möglicherweise lässt sich das Thema Elektromobilität nicht am besten mit dem Kauf von Auto-Werten, sondern mit den Aktien der auf E-Autos spezialisierten Zulieferer und den Förderern der benötigten Rohstoffe umsetzen. Für Anleger, denen Einzelwerte zu riskant sind, gibt es Fonds und ETFs, die breit gestreut in Lithium- und Batterieproduzenten investieren.
von Carsten Riehemann
Quelle: Das Investment