Degroof Petercam | Brüssel, 28.06.2017.
Entgegen mancher Markteinschätzungen sieht Degroof Petercam Asset Management keine generelle Blasengefahr bei den Aktien von Technologieunternehmen. Anleger sollten sich vom Tech-Bubble-Trauma zu Beginn des Millenniums lösen und bei Technologieaktien zwischen „Old Tech“ und „New Tech“ differenzieren. Während der Kursanstieg bei Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und Google fundamental begründet erscheint, weisen Börsenneulinge wie Snap teilweise irrationale Bewertungen auf.
Alte Wunden heilen nur langsam. Fast zwei Jahrzehnte sind nun schon vergangen, als die sogenannte Dotcom-Blase platzte. Dass dieses traumatische Erlebnis in den Köpfen vieler Finanzmarktakteure noch präsent ist, zeigen die wieder immer aufflackernden Diskussionen um das Entstehen einer neuen Blase bei Technologieaktien. Insbesondere dann, wenn Börsengänge von einer großen öffentlichen Aufmerksamkeit begleitet werden oder aufstrebende Technologie-Start-Ups den erfolgreichen Abschluss ihrer Mittelbeschaffung bekannt geben. Auch mit den niedrigen Volatilitäten bei den Aktien der US-Tech-Giganten Facebook, Amazon, Apple, Microsoft und Google – kurz FAAMG genannt – verbindet derzeit mancher Marktbeobachter eine übertriebene Euphorie.
„Das globale Universum an Technologieaktien ist heute fundamental betrachtet ein ganz anderes als zu Beginn des Jahrtausends“, sagt Quirien Lemey, Portfoliomanager International Equities bei Degroof Petercam Asset Management (DPAM). „Damals basierten die Bewertungen vielfach auf heißer Luft. Im Durchschnitt waren die Bewertungen im Tech-Sektor dreimal höher als heute. Viele Tech-Unternehmen verloren Geld anstatt welches zu verdienen. Heute hingegen gehören Technologiefirmen zu den ertragsstärksten Unternehmen. In der Folge stimmen dann auch häufig die anderen Kennzahlen.“
Solide „Old Techs“. Als Beispiele führt der Technologieexperte die FAAMG-Unternehmen an. Ein Großteil ihrer starken Aktienperformance sei fundamental gerechtfertigt: „‘Old Techs‘, wie Apple, Microsoft und auch andere Softwareentwickler sind in der Regel etablierte Unternehmen und neigen dazu, wahre Cash-Cows zu sein, und das bei relativ niedrigeren Bewertungen“, sagt Lemey. Bei stark wachsenden jungen Technologieunternehmen, wie zum Beispiel Uber, rät er allerdings zur Vorsicht. So sieht der Portfoliomanager des DPAM Invest B Equities World Sustainable im Segment der „New Techs“ tatsächlich in einigen Teilen Merkmale einer sich möglicherweise abzeichnenden Bewertungsblase. „Beim Börsengang wurden die Aktien von Snap zu utopischen Preisen gehandelt. Besonders in Sub-Sektoren des Technologieuniversums, in denen es wenige vergleichbare Player gibt, können sich so auch irrationale Bewertungen aufbauen. Denn niemand will das nächste ‚Amazon‘ oder ‚Netflix‘ verpassen“, erklärt Lemey. Schließlich beträgt zum Beispiel der Wert der Amazon-Aktie aktuell mehr als das 50-fache als zum Zeitpunkt des Börsenganges des Unternehmens im Jahr 1997.
Anleger sind bereit, mehr Risiken zu tragen. „Sicherlich bergen durchaus einige Technologieaktien Risiken, die möglicherweise von Anlegern ausgeblendet oder nicht erkannt wurden. Das erklärt die niedrige Volatilität der Tech-Aktienkurse und die hohe Präsenz mancher Tech-Titel in den Anlegerportfolios. Aber man muss auch sehen, dass der Markt gerade wieder damit beginnt, sich mit Tech-Aktien wohlzufühlen. Dadurch sind viele Anleger auch bereit, ein höheres Risiko zu tragen, das mit diesen Investments verbunden ist“, sagt Lemey.
Nur geringe Auswirkungen erwartet der Portfoliomanager demzufolge von den Rekord-Milliarden-Strafzahlungen, die die EU-Wettbewerbskommission dem Google-Mutterkonzern Alphabet wegen missbräuchlicher Marktmacht in Europa auferlegt hat. „Fakt ist, dass das Tech-Segment den allgemeinen Aktienmarkt kurz-, mittel- und langfristig outperformt hat. Wir meinen, dass Technologieaktien ihre Bewertungsprämien regelmäßig verdient haben“.
Bei DPAM ist man darüber hinaus überzeugt, dass neben klassischen Bewertungskriterien auch die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien, wie die Einhaltung von Umweltschutzstandards, soziale Belange sowie Unternehmensführung bei der Analyse von Technologieaktien einen positiven Zusatzertrag liefern können. Beispielsweise hat der Instant-Messaging-Dienst Snap bei seinem Börsengang Aktien ohne Stimmrecht ausgegeben – nach Ansicht von Quirien Lemey ein klarer Verstoß gegen das Prinzip ‚Eine Aktie – Eine Dividende – Eine Stimme‘. Anleger hat die Snap-Aktie nach dem anfänglichen Hype bislang nicht überzeugt, sie notiert derzeit rund 25 Prozent unter ihrem Ausgabekurs.