Das Investment: „In 10 Jahren gibt es keine Vermittler mehr“

sjb_werbung_das_investment_300_200Regulierung, Weiterbildung, Haftung, Fintech: Die freien Berater müssen in den kommenden Jahren einige große Herausforderungen bewältigen. DAS INVESTMENT.com befragte Experten, wie sie sich den Berater-Markt 2020 vorstellen. Hier die ersten fünf Stimmen.

DAS INVESTMENT hat bereits über die größten Herausforderungen für Vermittler und Berater berichtet. Wir haben nun Experten aus verschiedenen Bereichen des Marktes nach Ihrer persönlichen Sichtweise auf die Branche und ihren Herausforderungen und falls möglich einer Prognose gebeten.

„Der Markt wird professioneller“

Viele der von uns befragten Marktteilnehmer nannten die voranschreitende Digitalisierung und die aufkommenden Fintechs als Konkurrenz zu den Beratern in Ihren Antworten. Martin Steinmeyer, Vorstand der Netfonds Gruppe, sieht indes keine wesentlich neuen Trends:

„Der Beratermarkt ist bereits in Bewegung und diese wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Dabei sind die Trends aus unserer Sicht keine Neuen. Der Markt professionalisiert sich und schafft Strukturen in Form von erweiterter Sachkunde aber auch von Prozessen.

Bei den Prozessen schreitet die Digitalisierung voran – weil diese von allen Parteien gewünscht ist und das Leben aller leichter und an vielen Stellen transparenter macht. Aber auch die internen Arbeitsprozesse eines Beraterbetriebs werden überarbeitet – Leistungen sowie Zielgruppen fokussiert, Marketingmaßnahmen koordiniert und allgemeine unternehmerische Ziele klarer definiert.

Gewinner werden somit die kleinen oder mittelgroßen Beraterunternehmen sein, die sich weitergehend professionalisieren und dieser Aufgabe respektive Aufgabenteilung stellen. Diese Unternehmen bieten das, was Fintechs zu haben scheinen, ergänzt um etwas Wesentliches: „das Persönliche“.

Wir gehen zudem davon aus, dass sich das Beratungsgeschäft in Banken nicht groß ändert und das obwohl es notwendig ist. Von den Kundenberatern in Banken, die das ähnlich sehen, wird der “freie Markt” profitieren. Als Netfonds Gruppe haben wir gerade für diese Zielgruppe eine Informationsseite ins Netz gestellt, die hier Aufklärungsarbeit leisten soll: www.selbstchef.de.“

„Durch variable Vergütungsmodelle den Kunden abholen“

Sebastian Grabmaier, Vorstandschef der Jung, DMS und Cie., sieht die drei größten Herausforderungen des Marktes wie folgt:

1. Ich muss das Angebot der Digitalisierung annehmen und die Vorteile, die das für meinen Kunden bringt, aufnehmen und beim Kunden platzieren und zwar als Erstes. Dann habe ich nicht nur keine Nachteile durch andere Fintechs, sondern kann viele Vorteile nutzen, weil ich die Verträge meiner Kunden bei mir in meinem Maklerunternehmen aggregiere und auch die laufenden Vergütungen dafür zu mir bringe. So kann ich meine Bestandsprovisionen verdrei- oder vervierfachen. Und gleichzeitig kann ich mich auf die Themen konzentrieren, die echte Mehrwerte beim Kunden bringen, also auf komplexere Beratungsstrecken, wo Gesundheitsfragen betroffen sind, biometrische Risiken oder Portfoliogestaltung.

2. Durch variable Vergütungsmodelle den Kunden dort abholen, wo er gerade ist. Der Nettokunde bekommt Netto, der Honorarkunde Honorare, der Provisionskunde bekommt weiterhin eine Provisionsvereinbarung.

3. Ein arbeitsteiliges Konzept: Als Makler muss ich nicht alles kennen, sondern kann Kompetenzcenter des Pools als Dienstleistung nutzen in allen Bereichen mit großer fachlicher Unterstützung oder mit Empfehlungslisten in Themen wie zum Beispiel IRS, um am Ende haftungsreduziert, aber immer hochqualifiziert beim Kunden aufzutreten.“

„Regulierung, Niedrigzins und Fintech“

Guido Küsters, Guido Küsters Private Office GmbH und Begründer des Finanzplaner Forum, fasst die Knackpunkte aus Sicht der selbstständigen Finanzplaner zusammen:

„Wir hören von den selbständigen Vermittlern und Beratern in unserem Netzwerk Finanzplaner Forum immer wieder drei Themen, die ihre Tätigkeit in den nächsten fünf bis zehn Jahren massiv verändern werden: Regulierung, Niedrigzins und Fintech.

Niedrigzins und mangelnde Anlagealternativen treffen auch die Berater bei Banken und Sparkassen. Die große Herausforderung speziell für die selbständigen Berater liegt im Umgang mit der Regulierung, da auch kleineren Sozietäten oftmals die Ressourcen großer Verbünde und Unternehmen fehlen, sowie bei der Nutzung von Fintech-Angeboten, wo es noch kein klares Bild gibt: Besteht der Verdrängungswettbewerb zwischen Fintech und Beratern, oder zwischen solchen Beratern die Fintech nutzen und solchen die das nicht tun?

Was Regulierung angeht, ist der größere Teil mit Mifid II abgeschlossen, und der Gesetzgeber kann sich mit den ersten Folgen der Regulierung beschäftigen. In manchen Bereich führt das möglicherweise zu Erleichterungen. So hat Bundesfinanzminister Schäuble weniger Regulierung für nicht-systemrelevante Banken in Aussicht gestellt, und in Großbritannien überlegen die Regulierungsbehörden, ob es nicht Ausnahmen von der Pflicht zur Honorarberatung geben soll. Allerdings glauben wir nicht an grundlegende Erleichterungen, eher an eine Korrektur der schlimmsten Übertreibungen. Helfen können hier Haftungsdächer, Zusammenschlüsse in Sozietäten oder wenigstens Kooperationen zwischen selbständigen Beratern.

Bei Fintech beziehungsweise RoboAdvice wird es übrigens verstärkt zu Regulierung kommen, und damit zu etwas gleicheren Voraussetzungen. Und es wird immer mehr deutlich, dass zum Beispiel RoboAdvice ein völlig falscher Begriff ist. RoboGuidance wäre richtiger, und der Regulierer zum Beispiel in Großbritannien erkennt das bereits an. Gute Berater werden Fintech in Teilbereichen nutzen, etwa bei der Portfolioallokation der liquiden Anlagen, und großen Zusatznutzen beim Kunden durch einen ganzheitlichen Beratungsansatz schaffen. Wer sich allerdings nicht mit dem Thema Fintech auseinandersetzt, überlässt anderen den Wettbewerbsvorteil.“

„Berater müssen Ihre Leistung um digitale Angebote ergänzen“

Fintechs sehen die Berater-Welt bekanntlich mit etwas anderen Augen Oliver Vins, Vorstand und Gründer der Vaamo Finanz AG, formuliert seine Vision wie folgt:

„Automatisierte Investment Manager („Robo Advisor“) werden in den kommenden fünf bis zehn Jahren deutliche Marktanteile gewinnen. Dieser Trend ist unumkehrbar, da jüngere Generationen auch diese Services digital beziehen wollen und die Einfachheit und Flexibilität schätzen.

Befördert wird dieser Trend nicht nur von jungen innovativen Unternehmen wie vaamo, sondern zunehmend auch von etablierten Banken, die in den kommenden Jahren eigene digitale Lösungen an den Markt bringen werden. Durch die Verbreitung solcher Angebote werden die Margen weiter sinken und Bestandsprovisionen bald der Vergangenheit angehören – selbst wenn sie nicht vorher bereits vom Gesetzgeber verboten werden.

Die Herausforderung für Vermittler und Berater wird sein, ihre Beratungsleistung selbst um passende digitale Angebote zu ergänzen. Nur so werden sie langfristig überleben können. Dies kann nur in Kooperation mit geeigneten Partnern funktionieren.“

„Der Vermittler muss sein erigiertes Ego beiseite schieben“

Oliver Pradetto, Geschäftsführer des Maklerpools Blau direkt, bekannt für klare Aussagen, geht noch wesentlich weiter in seiner Einschätzung der Marktentwicklung:

„In zehn Jahren haben Vermittler keine Herausforderungen mehr, weil es sie dann nicht mehr gibt. Der klassische Vermittler-Beruf ist ein Relikt unserer kulturellen Vergangenheit. Vor einer gewaltigen Herausforderung steht der Vermittler heute. Er muss die Entwicklung erkennen, sie begreifen und was am schwersten ist: er muss sein erigiertes Ego beiseite schieben, sich selbst nicht so wichtig nehmen und seine Kunden dafür umso wichtiger.

Der Vermittler von heute muss erkennen, dass man ihn als Mensch immer brauchen wird, aber nicht mehr als Produktdistributor. Er muss die Wohlfühlwelt seines Kunden in den Mittelpunkt stellen, nicht sein unmittelbares Interesse auf Provisionsgenerierung.

blau direkt baut auf Maklerpartner, die bereit sind sich dieser Aufgabe zu stellen. Gelingt es, erfindet sich der Vermittler-Beruf neu. Wir vermitteln Sicherheit, nicht Versicherungspolicen. Auch in zehn, 20 oder 30 Jahren werden wir dann Einkommen und volkswirtschaftliche Bedeutung haben.“

Von: Oliver Lepold

Quelle: DAS INVESTMENT.

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