Manchmal genügen ein paar energische Sätze, um ein aus den Fugen geratenes Weltbild geradezurücken und aufgekommene Selbstzweifel wegzufegen. Wie es Fondsmanager Richard Woolnough im Interview mit Redakteur Andreas Harms tat. Es ging um den Ölpreis.
Endlich sind die qualvollen Monate zu Ende, in denen ich die Welt nicht mehr verstanden habe. Geholfen haben ein paar energische Sätze von Richard Woolnough, der für M&G den Riesenfonds M&G Optimal Income managt. „Ein niedriger Ölpreis ist gut für die Wirtschaft“, stellte er mit bestechender Selbstsicherheit in einem Interview fest. In solchen Augenblicken entsteht vor dem inneren Auge ein Bild: Woolnough holt weit aus und fegt mit strammer Armbewegung den ganzen Quatsch vom Tisch, den Analysten und Marktbeobachter in den jüngsten Monaten abgesondert haben. Und dann will man nur noch sagen: Danke.
Und wie die Welt auf dem Kopf stand. Plötzlich nannten Marktteilnehmer es Ölkrise, wenn der Preis einbrach. Wer aber in den 70ern am autofreien Sonntag zu Fuß über die Autobahn schlenderte und Anfang 2003 sorgenvoll auf George W. Bushs Feldzug gegen den Irak blickte, der kannte das noch anders herum. Wenn beim Tanken plötzlich die Kreditkarte zu qualmen beginnt – das ist eine Ölkrise.
Und 2015? Analysten sind traurig über den einbrechenden Ölpreis und stilisieren ihn flugs zum vorauseilenden Konjunktur-Indikator hoch. Was er aber schlicht nicht ist. Im Gegenteil, er entlastet die Wirtschaft und unterstützt damit den nächsten Aufschwung. Bis die Nachfrage zunimmt und der Preis steigt. Und doch kommen einem angesichts der schieren Masse anderslautender Markteinschätzungen Zweifel an der eigenen Weltsicht. Habe ich irgendwas verpasst? Kann ich wirklich so falsch liegen? Oder ist das tatsächlich alles Blödsinn? Das ändern auch die immer angenehmer werdenden Baumarktbesuche (schließlich wurden auch Baustoffe und Metalle billiger) und günstigen Autofahrten nicht mehr.
Nur ist es tatsächlich so, dass ein Gedanke nicht richtiger wird, je mehr Menschen ihn nachplappern. Das bestätigen eben jene erfahrenen Experten wie zum Beispiel Richard Woolnough. Und er lieferte in dem Gespräch auch gleich eine Erklärung, wie es zu dem großen Irrtum kommen konnte: Der sinkende Ölpreis sorgte bei Amerikas Bohrunternehmen für sinkende Aktienkurse. Was früher nur einige wenige Unternehmen wie BP oder Shell betraf, riss nun auch viele kleine Fracking-Firmen mit. Aktien und Anleihen verloren an Wert. Und die zogen wiederum die Marktindizes nach unten. Daraus zimmerten Analysten einen direkten Zusammenhang – und machten Öl zum Indikator für Aktienkurse.
Keine gute Idee, wenn Sie mich fragen.
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Von: Andreas Harms
Quelle: Der Fonds