Da staunt der Anleger, und der Mathematiker schüttelt den Kopf: Offene Immobilienfonds weisen konsequent äußerst hohe Werte für die Renditekennzahl Sharpe Ratio aus. Hier erklären wir, warum das so ist, welches mathematisches Phänomen dahintersteckt, und wie Sie bei uns Sharpe Ratios abrufen können.
Haben Sie sich auch schon gefragt, woher die enorm hohe Sharpe Ratio kommt, die offene Immobilienfonds regelmäßig ausweisen?
Um herauszubekommen, warum das so ist, müssen wir mathematisch vorgehen. Rufen wir uns zunächst die Formel für die Sharpe Ratio zurück ins Gedächtnis. Sie setzt die sogenannte Überrendite mit dem dafür eingegangenen Risiko ins Verhältnis. Wobei sich die Überrendite aus der echten Rendite abzüglich des risikofreien Zinses ergibt. Das Risiko setzte Formelerfinder William Sharpe mit der Volatilität gleich, also der Schwankungsstärke in Prozent nach oben wie unten.
Und genau dort lauert einer der Knackpunkte. Denn offene Immobilienfonds kommen mit einer enorm niedrigen Volatilität daher. Bei den hier angesprochenen Fällen liegt sie in Regionen von 0,2. Und wenn so eine Zahl im Nenner steht, man also durch einen Bruch dividiert, erhöht sich der Zähler. Zum Beispiel 2 geteilt durch 0,2 ergibt 10.
Um es aber klarzustellen: Anlageklasse und die entsprechenden Fonds sind nach wie vor wichtig, hochinteressant und lukrativ. Nur sind sie eben nicht so sicher, wie es die niedrige Volatilität vorgaukelt.
Der zweite Knackpunkt ist das Zinsniveau. Der risikofreie Zins in der Eurozone liegt schon seit Jahren unter null. Am 11. Juni notierte der Geldmarktzins Euribor für eine Laufzeit von drei Monaten bei minus 0,55 Prozent. In der Mathematik ergibt „minus minus“ aber plus. In der Sharpe-Ratio-Formel schlägt man somit der gemessenen Rendite 0,55 Prozent zu.
Das führt zu einer kuriosen Rechnung: Selbst wenn ein Immo-Fonds nur eine schwarze Null schafft, steht im Zähler eine 0,55. Die wiederum geteilt durch 0,2 (Vola) wird zu einer 2,75. Ein Fonds ohne Gewinn erreicht somit automatisch eine Sharpe Ratio, die über der von Aktienfonds liegt.
Nehmen wir als Beispiel den über jeden Zweifel erhabenen Acatis Gané Value Event (ISIN: DE000A0X7541) von Henrik Muhle und Uwe Rathausky. Er liefert über drei Jahre ein Plus von 31,2 Prozent ab, kommt aber trotzdem nur auf eine Sharpe Ratio von 0,74. Denn die Vola über drei Jahre liegt nun mal bei flotten 12,9 Prozent. Ist der Fonds deshalb schlechter als ein offener Immobilienfonds mit null Prozent Rendite? Auf keinen Fall. Selten hat der Spruch mit den Äpfeln und Birnen so gut gepasst wie hier.
Das sieht man auch bei Union Investment Real Estate so, die mit besonders vielen Fonds in der Sharpe-Ratio-Hitparade ganz oben stehen. Auf Anfrage heißt es: „Aufgrund des deutlich unterschiedlichen Risikogehaltes von Aktien- und Immobilienfonds ist ein Vergleich ausschließlich über die Sharpe Ratio nicht ausreichend.“ Allerdings könne man innerhalb derselben Risikoklasse, also bei Immobilienfonds untereinander, sehr wohl Produkte anhand der Sharpe Ratio vergleichen.
Damit bleiben offene Immobilienfonds eine (Risiko-)Klasse für sich. Bei DAS INVESTMENT überlegen wir noch, wie wir diesen Umstand in unseren Sharpe-Ratio-Rennlisten würdigen. Wahrscheinlich schließen wir Immobilienfonds davon aus. Solange bis die Anteilspreise tatsächlich so stark schwanken wie die Anlageklasse selbst.