Wenn man in den letzten Monaten von Schwellenländern hörte oder las, bezog sich die meist auf Asien und insbesondere auf China und die neue Seidenstraße.
Unbeachtet dessen ist vor allem Südamerika interessant für Anleger in Schwellenländeranleihen, da hier die Verzinsung der Renten sehr attraktiv und die Währungen günstig sind. Der brasilianische Real (BRL) rentiert mit über 13%, die Regierung hat große Reformen angestoßen und im nächsten Jahr werden dort die Olympischen Sommerspiele ausgetragen.
Neben Brasilien gibt es auch einiges, was für Mexiko und die anderen Länder Südamerikas spricht. Was genau das ist, wie die Lage allgemein aussieht und welche Chancen sich ergeben, darüber berichtet Simon Lue-Fong, FondsManager der FondsEmpfehlung Pictet Latin American Local Currency Debt WKN A0Q17D in der Verwaltungsstrategie SJB Liquidität Int.
Marktbericht
Im 2. Quartal stieg der Index um 0,9%. Die Jahresrendite lag zum Quartalsende bei 7,8% und konnte so die Schwäche bei Währungen und Anleihenkursen mehr als ausgleichen. Druck ging von den 10-jährigen US-Treasury-Renditen aus, die als Reaktion auf die Äusserung der Fed, eine Leitzinserhöhung sei „zu einem bestimmten Zeitpunkt in diesem Jahr angemessen“, von 1,92% auf 2,35% stiegen. Zugleich sorgten die Wirtschaftsdaten aus Lateinamerika wie die Exportzahlen
insgesamt für Enttäuschung. Der brasilianische Real war starken Schwankungen ausgesetzt, beendete das Quartal aber 3% höher, was zum Teil auf die aggressiven Zinserhöhungen auf 13,75% zurückzuführen ist. Trotz eines Anstiegs des Primärüberschusses fielen andere Konjunkturdaten weiter enttäuschend aus.
Dazu zählen die Einkaufmanagerindizes für den Dienstleistungssektor und das verarbeitende Gewerbe. Lokale brasilianische Anleihen verzeichneten jedoch Gewinne, da einige Risiken abklangen, nachdem geprüfte Bilanzen für das von Skandalen belastete Petrobras veröffentlicht wurden. Mexiko verlor 2,5%, was vor allem der Währung geschuldet war, denn der konjunkturelle Aufschwung in den USA macht sich bislang noch nicht in der Wirtschaft bemerkbar. In Mexiko dürften dieses Jahr die Zinsen erhöht werden, und die mit 40% relativ große ausländische Anlegerbasis übt zudem Druck auf die Anleihenkurse aus. Kolumbien trat auf der Stelle, wobei die schwächere Währung die Renditeentwicklung
ausglich, während sich das Leistungsbilanzdefizit und die Arbeitslosenquote verschlechterten. Die Zentralbank begrüsst weiterhin die schwache Währung, dürfte die Zinsen allerdings konstant halten. Angesichts der schwächeren Währung verlor Chile als weltweit grösster Kupferexporteur 1,1%.
Performanceanalyse
Die Performance im Quartal fiel uneinheitlich aus. Auf die Underperformance im April folgte eine gute Performance im Mai. Die Gewinne wurden im Juni jedoch wieder teilweise abgegeben, was bezogen auf das Gesamtquartal eine Underperformance bedeutete. Die aktive Positionierung an den lokalen Zinsmärkten trug positiv zur Wertentwicklung bei. Der Zeitpunkt der Untergewichtung an den lokalen Zinsmärkten in Brasilien kam aufgrund des Drucks durch den aggressiven Zinsstraffungszyklus und steigende US-Treasury-Renditen dabei besonders zum Tragen. Die Kurvenpositionierung in Mexiko wirkte sich leicht negativ aus, ebenso die aktive Währungspositionierung, die den Positivbeitrag der lokalen Zinsmärkte mehr als ausglich. Den grössten Belastungsfaktor stellte die Untergewichtung des brasilianischen Real dar, der den Markt übertraf. Gründe hierfür waren die zwischenzeitliche Erholung der Ölpreise sowie Zinserhöhungen, die zur Attraktivität der Renditen an den Lokalmärkten beitrugen. Der Zeitpunkt einer Untergewichtung des kolumbianischen und chilenischen Peso sowie die Untergewichtung des mexikanischen Peso waren von Vorteil für die Performance.
Portfolio-Aktivität – Über- und Untergewichtungen
Der Index gewann im April 4,5% und verlor im Mai fast 3% an Wert. Mit unseren Portfolioaktivitäten versuchten wir, diese Volatilität zu nutzen. Zu Quartalsbeginn verstärkten wir die Untergewichtung bei Währungen in Erwartung eines weiter steigenden US-Dollar. Den kolumbianischen Peso nahmen wir auf untergewichtet zurück aufgrund der Abhängigkeit des Landes von Rohstoffexporten, des rückläufigen Wachstums und der Politik der Zentralbank, die einer schwachen Währung Vorschub leistet. Auch den chilenischen Peso stellten wir auf untergewichtet. Gründe waren die anhaltende geldpolitische Lockerung und der Fokus auf die Kupferexporte. Beim brasilianischen Real entschieden wir uns in Anbetracht der schwachen Daten, der hohen Inflation, einer zunehmenden Ablehnung gegenüber Präsidentin Dilma Rousseff und des hohen Leistungsbilanzdefizits zudem für eine Untergewichtung. Gleichzeitig nahmen wir am brasilianischen Zinsmarkt aufgrund der aggressiven Zinserhöhungen eine untergewichtete Position ein. Im Juni reduzierten wir einige unserer Untergewichtungen, darunter die beim mexikanischen, kolumbianischen und chilenischen Peso.
Auslöser war der zurückhaltende Ton bei der FOMC-Sitzung, der einigen Währungen kurzfristig eine Verschnaufpause verschaffte. Wir behielten die Untergewichtung des brasilianischen Real bei, da sich die Währung unseres Erachtens weiter abschwächen dürfte.
Marktaussichten
Ein wichtiger Indikator, der uns hilft, den Zeitpunkt einer Wende bei den lateinamerikanischen Währungen zu erkennen, sind die Schwellenmarkt-Exporte, die direkten Einfluss auf das BIP-Wachstum haben. Die Schwäche bei Wachstum und Konsumnachfrage in den Industrieländern bedeutet jedoch, dass die Exporte eher sinken als steigen. Zugleich sorgt das Thema des stärkeren US-Dollar auch weiter für Druck auf die Währungen. Eine schwächere Währung kann
zwar Teil der Lösung sein, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Der Abwärtstrend hält nun aber bereits seit über drei Jahren an und nähert sich nach unserer Einschätzung allmählich dem Boden.
Was die lokalen Zinsmärkte anbelangt sind wir der Ansicht, dass die großen Zinslockerungen wie z.B. in Chile und Peru hinter uns liegen dürften, denn die meisten Länder sind nicht an einem antizyklischen Kurs interessiert, d.h. sie wollen die Zinsen nicht senken, wenn die Fed sie erhöht. In Mexiko erwarten wir eine Zinsstraffung. Angesichts steigender US-Treasury-Renditen übt die kurzfristige Korrelation mit den lokalen Zinsmärkten verstärkt Druck auf die Anleihenkurse an den lokalen Märkten aus. Wir richten unser Augenmerk auf eine weitere mögliche kurzfristige Schwächephase, während wir uns der Zinswende in den USA nähern und auf bessere Signale zum Weltwirtschaftswachstum sowie eine stärkere Rohstoffnachfrage warten.
Zweifellos sind die langfristigen Aussichten verglichen mit anderen festverzinslichen Anlageklassen auch weiterhin gut. Eine Rendite von 7,8% bei Investment-Grade-Staatsanleihen können Anleger nur schwer ignorieren, während Währungen unterbewertet erscheinen.
Portfoliostrategie
Wir setzen die Untergewichtung ausgewählter lateinamerikanischer Währungen fort, denn angesichts des stärkeren US-Dollar und kaum, wenn überhaupt, verbesserter Konjunkturdaten sind keine kurzfristigen Gewinne zu erwarten. Die Positionen werden stark idiosynkratisch sein. Den mexikanischen Peso beurteilen wir in Anbetracht der Strukturreformen und eines verarbeitenden Gewerbes, das von der US-Konjunkturerholung profitieren dürfte, eher positiv. Aber auch er kann nicht mit dem stärkeren US-Dollar konkurrieren.
Wir bleiben vorsichtig bei anfälligen Währungen, die stärker von der Entwicklung der Rohstoffmärkte, einem schleppenden Wachstum und Leistungsbilanzdefiziten betroffen sind. Dies gilt vor allem für den brasilianischen Real und den kolumbianischen Peso. Gleichzeitig sind wir mittlerweile im Hinblick auf die lokalen Zinsmärkte vorsichtiger. Vor allem angesichts der steigenden US-Treasury-Renditen und der
Zinsstraffung in Brasilien neigen wir kurzfristig eher zu einer neutralen oder untergewichteten Position.