Allianz | Frankfurt, 07.01.2015.
Die drei wichtigsten Themen des neuen Jahres sind Geldpolitik, Geldpolitik, Geldpolitik. Dann kommt lange nichts. Irgendwann stellt sich die Frage nach dem Konjunkturverlauf und – ach ja, da war noch was, nach den politischen Unabwägbarkeiten, die sich überall auftun.
1. Geldpolitik zum Ersten: Die Bank of Japan setzt ihre Politik der monetären Flutung weiter fort. Auch wenn dies über mehr als 20 Jahre nicht die gewünschten Erfolge gebracht hat, die Wiederwahl von Premier Abe lässt sich nicht anders deuten.
2. Geldpolitik zum Zweiten: Über die Weihnachtsfeiertage lief eine weitere „Dicke Berta“ („LTRO“) der EZB aus und bis zum Februar 2015 stehen Rückzahlungen der Dreijahrestender in Höhe von 270 Mrd. Euro an. Das bringt die Zentralbankbilanz zum Schrumpfen und die Währungshüter zum Schwitzen, denn das Volumen der neuen konditionalen Langfristtender blieb hinter den Erwartungen zurück. Die daraus resultierende Bilanzschrumpfung ist Wasser auf die Mühlen der Anhänger umfangreicher Aufkäufe von Staatsanleihen.
Dies umso mehr, als sich die anstehenden Verbraucherpreise, vom Ölpreisverfall überlagert, im Rückwärtsgang befinden. Spannend wird es dann am 14. Januar, wenn der Europäische Gerichtshof auf Veranlassung des deutschen Bundesverfassungsgerichts sein Urteil zu den OMT-Käufen verkündet.
3. Geldpolitik zum Dritten: Die Fed steuert ihre erste Zinsanhebung voraussichtlich über den Sommer ein, allerdings gibt sie sich größte Mühe, dies so marktschonend wie möglich umzusetzen.
Für die Anleger heißt das, es hilft alles nichts: Ist der Preis des Geldes erst einmal verzerrt, kommt es zur Fehlallokation von Kapital, da retten auch „makroprudenzielle Maßnahmen“ nur bedingt. Die einen zahlen dafür mit negativen Realzinsen, die anderen schlagen sich mit dem Risiko abgehobener Bewertungen und Tendenz zu Vermögenspreisblasen herum. Daneben geraten die Konjunktur und dahinter stehend die Firmengewinne in den Fokus. Wir bleiben dabei: Deflation ist nicht zu erwarten. Was bleibt, ist eine Reihe von (geo-)politischen Unabwägbarkeiten. Der Russland-Ukraine-Konflikt schwelt weiter und zeigt – ablesbar am Rubel –, dass sich die Gesetze der Wirtschaft nicht außer Kraft setzen lassen. Erhöhtes Risiko fordert erhöhte Risikoprämien ein. In Griechenland könnten die Neuwahlen Ende Januar dort den gesamten Reformprozess zur Debatte stellen. Was wenige auf der Agenda haben: Im Mai kommt es im Vereinigten Königreich zu Neuwahlen und die Europakritiker wittern Morgenluft. Da bleibt nur eines: Volatilitäten nutzen, aktiv investieren oder mittels Multi-Asset-Lösungen investieren lassen, meint Ihr
Hans-Jörg Naumer
Märkte im Detail
Taktische Allokation Aktien & Anleihen
Die Zinsen bleiben in den G-4-Staaten weiterhin niedrig und das Paradigma der finanziellen Repression muss fortgeschrieben werden. Damit besteht auch weiterhin der Anlagedruck hin zu risikobehafteteren Vermögensklassen. Nach Jahren einer starken Aufholbewegung an den Aktienmärkten und einem globalen Wachstum, das sich entlang seines Potenzials entwickelt, ist mit zunehmender Volatilität im neuen Jahr zu rechnen – dies umso mehr, wenn die Kursanstiege hauptsächlich auf geldpolitische Hoffnungen gebaut sind und daher in einigen Vermögensklassen die Bewertungen sehr ambitioniert erscheinen. Die Aktien-/Rentenallokation sollte deshalb weiter auf neutral verbleiben.
Deutschland
Während der deutsche Aktienmarkt im globalen Vergleich zu den fair bewerteten gehört, steht er im europäischen Kontext eher bei den teureren, was durch die robuste Konjunktur zu erklären ist. Nachdem es zwischenzeitlich zu einigen Enttäuschungen auf Seiten der Konjunktur kam, ist der ifo-Konjunkturklimaindex doch zweimal in Folge wieder gestiegen – und das trotz der mit der Russland-Situation einhergehenden Unsicherheiten bei den Exportaussichten. In der Gesamtsicht legt dies eine neutrale Gewichtung deutscher Aktien innerhalb des Europaanteils im Aktienportfolio nahe.
Europa
Der makroökonomische Datenkranz hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert und es gibt erste Anzeichen (vgl. die jüngsten Einkaufsmanagerindizes für den Einzelhandel), dass der niedrige Ölpreis die Konjunktur insgesamt fördert. Auch wenn die Euro-Schwäche dem entgegen wirkt, könnte die Inflationsrate im Euroraum über die nächsten Monate in negatives Terrain drehen, was u. a. dem Ölpreis aber auch strukturellen Anpassungseffekten bei den Löhnen geschuldet ist. Mit Deflation ist dies aber nicht zu verwechseln. Wie sich aus den Bewertungen ablesen lässt, hat der europäische Aktienmarkt – anders als die Anleihemärkte (gemessen an den Spreads gegenüber Bundesanleihen) – die Eurokrise noch längst nicht wieder vollständig ausgepreist.
USA
Die US-Wirtschaft bleibt der weltweit stärkste Wachstumsmotor und zeigt sich unverändert von ihrer robusten Seite, wenn auch das Potenzialwachstum niedriger ausfällt als vor der Krise. Der Häusermarkt hat sich weiter moderat verbessert. Dagegen belastet der niedrige Ölpreis die Produktion von Schiefer, Öl und Gas. Während sich die Produktionslücke geschlossen hat, gibt es erste Anzeichen von Lohndruck, welche auch die Fed bei ihrer zukünftigen Geldpolitik nicht übersehen dürfte. Im globalen Kontext zeigt sich der US-Aktienmarkt als äußerst ambitioniert bewertet, vor allem gemessen am Shiller-KGV. Gleichzeitig zeigt sich bei den Gewinnrevisionen ein nachlassendes Momentum.
Japan
Die ökonomische Aktivität erscheint weiterhin als lustlos, nachdem sie im zweiten Quartal 2014 geradezu kollabiert war und sich auch im dritten kontraktiv zeigte. • Ohne den Effekt der Mehrwertsteuererhöhung ist – trotz „Abenomics“ – wenig in punkto Inflationsdynamik zu verspüren. Die anhaltende Yen-Abwertung und eine verbesserte Profitabilität sollten den Aktienmarkt treiben, allerdings eher auf kürzere Sicht. Internationale Investoren ziehen auch den Wechselkurs mit in Betracht und sollten diesen Markt eher untergewichten.
Emerging Markets
Auch in den aufstrebenden Staaten bleibt das Wachstumstempo unbefriedigend und hat in China zuletzt an Momentum verloren, wobei die ölexportierenden Staaten durch den niedrigen Ölpreis zusätzlich belastet werden. Bei den Aktien der Schwellenländer sollten Anleger vorsichtiger agieren: Die jüngsten Erholungen bei den Makrodaten erweisen sich noch als zaghaft. Zudem bedeuteten fallende Rohstoffpreise und ein Erstarken des US-Dollars in der Vergangenheit Gegenwind für Schwellenländer als Gesamtgruppe.
Branchen
Die Branchenallokation sollte im aktuellen Umfeld defensiv bleiben. Erst wieder steigende Anleiherenditen wären das Signal für einen Schwenk in Richtung mehr Zyklik. Nachdem Bewertungen deutlich gefallen sind, sind die Öl- und Finanzwerte attraktiv geworden. Bei Minenwerten ist noch Vorsicht ratsam. Wachstumswerte erscheinen nach starker Performance jetzt eher als teuer. Hier kommt es zunehmend auf die Selektion an.
Investmentthema: „Aktienzins“ statt Anleihezins
In einem Umfeld mit niedrigen oder teilweise gar negativen realen Renditen (Stichwort: „Finanzielle Repression“) sollten die Dividenden weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Gesamtrendite von Aktien liefern. Unsere Analysen zeigen, dass Dividenden in den letzten 40 Jahren circa 40 % der Gesamtrendite einer Aktienanlage ausgemacht haben. So können Dividendenwerte langfristig einen Mehrwert fürs Depot bieten – nicht nur dank des zusätzlichen Einkommensstroms der Gewinnausschüttungen. Sie lassen sich auch als Absicherung gegen mögliche Kursrückschläge in Erwartung einer höheren Volatilität verstehen. Derzeit liegt die aktuelle Dividendenrendite zum Beispiel im Euroraum bei 3,3 %, höher als die Rendite von europäischen Unternehmensanleihen von derzeit 1,2 % – somit ein realer Wertzuwachs.
Euro Renten
Niedrige Inflationserwartungen und eine anhaltend expansive EZB-Geldpolitik haben in den letzten Monaten zu einem Rückgang längerfristiger Bundrenditen beigetragen. Wir rechnen vorerst mit einem weitgehend stabilen Marktumfeld gefolgt von mittelfristig leicht höheren Renditeniveaus im Zuge steigender US-Renditen. Die Renditen der Peripherie-Staatsanleihen in der Eurozone bleiben durch die akkommodierende Geldpolitik der EZB gut unterstützt. Die eingepreisten Ausfallwahrscheinlichkeiten bewegen sich weiterhin über Vorkrisenniveau.
Renten International
Im Zuge eines weiterhin robusten Wirtschaftswachstums und der Antizipation höherer US-Leitzinsen ab Mitte 2015 rechnen wir mit graduell höheren Renditen bei den US-Treasuries in den kommenden Monaten, wobei das unverändert geltende Umfeld der „Finanziellen Repression“ dämpfend auf den erwarteten Renditeanstieg wirken sollte. Unabhängig davon bewegen sich US-Staatsanleihen nach unseren Modellen aber weiterhin auf der teuren Seite.
Renten Emerging Markets
Bei den Emerging Markets-Hartwährungsanleihen bleiben die längerfristigen Aussichten intakt, trotz eines in der Folge des niedrigeren Ölpreises und der Russland-Ukraine-Krise kurzfristig angespannten Marktumfeldes. Eine weniger expansive US-Geldpolitik sollte für eine erhöhte Volatilität sorgen. Die sowohl real als auch nominal hohen Renditen dürften diese Anleihegattung stützen. Viele Schwellenländer-Währungen haben deutlichen Aufwertungsspielraum gegenüber dem US-Dollar.
Unternehmensanleihen
Außerhalb der niedrigsten Ratingkategorien liegen die impliziten Ausfallwahrscheinlichkeiten von US-Unternehmensanleihen deutlich über den durchschnittlichen kumulierten Ausfallraten der Vergangenheit. Allerdings hat sich der Abstand beider Größen verringert. Auf Basis dieser Analyse ergibt sich für Unternehmensanleihen (Investment Grade) und Hochzinsanleihen eine zunehmend ambitionierte Bewertung. Den ambitionierten Bewertungen von Unternehmensanleihen (Investment Grade und High Yield) stehen weiterhin solide Fundamentaldaten gegenüber. Auf Grundlage unserer Modelle lässt dies die Risikoprämien noch als gerechtfertigt erscheinen, bei Euro-Unternehmensanleihen ist die Situation etwas angespannter.
Währungen
Die gegenläufigen Geldpolitiken von Fed und EZB bleiben weiterhin der Taktgeber für die beiden Währungen und sollten den US-Dollar stärken. Aktuell bewegen sich die spekulativen Dollar-Long-Positionen allerdings auf Übertreibungsniveau. Beim Yen kam es zu einem weiteren starken Aufbau von spekulativen Shortpositionen, was im Kontext der aggressiven Geldpolitik der Bank of Japan gesehen werden muss.
Impressum
Allianz Global Investors GmbH
Bockenheimer Landstraße 42-44
60323 Frankfurt am Main
Global Capital Markets & Thematic Research
Hans-Jörg Naumer (hjn), Stefan Scheurer (st), Ann-Katrin Petersen (akp)