Pictet | Frankfurt, 29.03.2023.
Schwellenländeranleihen – sowohl Staats- als auch Unternehmensanleihen – dürften davon profitieren, dass der Höhenflug des US-Dollars der letzten 15 Jahre langsam ein Ende findet.
Für Schwellenländeranleihen stehen die Sterne günstig. Unseren Analysen zufolge spricht einiges dafür, dass diese Anlageklasse – egal ob Staats- oder Unternehmensanleihen – kurz vor einer Aufschwungphase steht, die mehrere Jahre andauern könnte.
Da wäre zunächst der Richtungswechsel beim US-Dollar. Es mehreren sich die Anzeichen, dass der Höhenflug des Greenback der letzten zehn Jahre langsam ein Ende findet.
Der Ausnahmestatus der USA wird zunehmend infrage gestellt: Der Risikoappetit der Investoren kehrt nach der Covid-Pandemie, dem ersten Schock, den der Ukrainekrieg ausgelöst hat, und den Jahren der Desinflation und der Verzerrung durch die Geldpolitik nach und nach zurück.
Und da der US-Dollar eine zunehmend geringere Rolle spielt, dürften es andere Faktoren sein, die den Schwellenländeranleihen einen Schub geben.
Ein Impulsgeber dürfte die radikale Abkehr Pekings von seiner Null-Covid-Politik und die vollständige Wiederöffnung der Wirtschaft des Landes sein.
Hinzu kommt das geschickte Inflationsmanagement der Schwellenländer. Die Zentralbanken der Schwellenländer haben frühzeitig und entschlossen gehandelt, um den Inflationsdruck einzudämmen, sodass die Schwellenländer einen deutlichen Vorsprung gegenüber den Industrieländern haben dürften.
Alle diese Faktoren münden in der wohl wichtigsten Quelle für die Wertentwicklung von Schwellenländeranleihen: Devisen.
Für Schwellenländeranleihen sind Währungsbewegungen besonders folgenreich – nicht nur für Lokalwährungsanleihen, sondern auch für Anleihen, die in US-Dollar denominiert sind. Währungsschwankungen können Rückkopplungseffekte erzeugen, die einen grossen Einfluss auf die Gesamtfinanzlage eines Landes haben. Ebenso können sie eine entscheidende Rolle in den Bilanzen der Schwellenländerunternehmen spielen.
Für Investoren kann dies zu erheblichen Aufzinsungseffekten führen – die Aufwertung lokaler Währungen setzt einen positiven Zyklus in Gang, der sich in den Anleiherenditen niederschlägt. Offensichtlich wird dies im Verhältnis zwischen dem relativen Wert des US-Dollars und der Entwicklung der globalen Kapitalmärkte: Ein schwächerer Greenback steht in der Regel mit relativer Stärke von Nicht-US-Anlagen und ein starker Dollar mit stärkeren US-Anlagen in Zusammenhang (siehe Abb. 1).
Dollar verliert an Glanz
Seit der globalen Finanzkrise 2008/09 hat die US-Währung immer weiter zugelegt, vor allem gegenüber Schwellenländerwährungen. Zwischen Juni 2008 und November 2022 wertete er gegenüber einem Korb von Schwellenländerwährungen handelsgewichtet um fast 50% auf. Aufgrund dieses Vorsprungs war die US-Währung um mehr als 10% überbewertet und Schwellenländerwährungen waren um mehr als 20% unterbewertet (siehe Abb. 2).
Die Stärke des US-Dollars war mehr oder weniger universell – er wertete gegenüber fast allen Währungen auf, egal ob Industrie- oder Schwellenländer. Eine Dollar-Wende oder selbst eine Abflachung dürfte Schwellenländeranlagen zugute kommen.
Marktbeobachter scheuen sich zu Recht davor, ihr Augenmerk nur auf die Bewertungen zu richten. Letztendlich wird es sicherlich eine Rückkehr zum Fair-Value geben. Aber das kann sehr lange dauern, und häufig kommen unerwartete Ereignisse dazwischen. Dennoch spricht nach unserer Einschätzung einiges dafür, dass der US-Dollar einem langfristigen Abwärtstrend folgt.
Zunächst einmal sollte man sich die Frage stellen, warum der Greenback so lange so stark war. Ein Grund ist der Ausnahmestatus der USA. So wie der Dollar die weltweit wichtigste Reservewährung ist, ist die Geldpolitik der USA Taktgeber für andere Zentralbanken.
Gleichzeitig beherrschen die Kapitalmärkte des Landes das globale Investmentgeschehen, wobei die Outperformance von US-Aktien für ordentliche Zuflüsse sorgt. Das wiederum stärkt die Nachfrage nach dem Greenback. Diese Outperformance hat auch zu höheren Bewertungsprämien für US-Kapitalanlagen geführt, insbesondere im zinssensitiven Technologiesektor, dessen Bewertungen von dem Niedrigzinsumfeld in der Vergangenheit überdurchschnittlich profitierten. Die Verlagerung in Richtung Private Assets hat ebenfalls zu diesen Kapitalströmen beigetragen, da die Privatmärkte in den USA sehr viel stärker entwickelt sind als andernorts. Und das rege Innovationsgeschehen, die Grösse der Wirtschaft und der Zugang zu Kapital machen den US-Dollar nur noch attraktiver (siehe Abb. 1).
Und dann wäre da noch die Sache mit der Risikoaversion. Die globale Finanzkrise trieb die Investoren in die Sicherheit liquider US-Instrumente. Dann kam Russlands erste Invasion in die Ukraine 2014, die Covid-Pandemie 2020 und der zweite russische Einmarsch im vergangenen Jahr.
All diese Krisen haben dem US-Dollar eine nicht zu bremsende Dynamik verliehen, die wiederum zu seiner erheblichen Überbewertung im Verhältnis zu seinen strukturellen Fundamentaldaten geführt hat.
Aber jetzt zwingen das massive doppelte Defizit – 7,2 Prozent des BIP – und die hohe Inlandsverschuldung die Federal Reserve dazu, einen Teil der Last abzubauen. Dies in Verbindung mit der rückläufigen Auslandsnachfrage nach US-Anlagewerten wirft die Frage auf, wie lange sich die Währung noch auf ihrem hohen Niveau halten kann.
Kontakt:
Pictet Asset Management
Neue Mainzer Strasse 1
60311 Frankfurt
Telefon : +49 69 79 500 90