Mit dem Fonds Commodity Capital Global Mining setzt Tobias Tretter auf Goldminen-Aktien. Im Interview erklärt der Rohstoff-Experte, was er unter nachhaltigem Bergbau versteht, welche Länder für ihn auf der Ausschlussliste stehen und warum er nur in Minen investiert, die er selbst gesehen hat.
DAS INVESTMENT: Bei Goldminen denken viele an schlechte Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzung. Gibt es überhaupt einen nachhaltigen Goldabbau?
Tobias Tretter: In der Rohstoffbranche gibt es wie überall schwarze Schafe, aber der überwiegende Teil des Goldabbaus ist bereits umweltverträglich. In Nordamerika oder Australien bekommen Betreiber ohne nachhaltiges Konzept gar keine Genehmigungen mehr. Die Zeiten, in denen Quecksilber benutzt wurde oder verschmutztes Abwasser in Flüsse oder ins Meer abgeleitet wurden, gehören in diesen Regionen der Vergangenheit an. Die Regierungen achten sehr stark auf die Umweltverträglichkeit. Minenbetreiber müssen bereits von Anfang an Gelder zurücklegen, um das Gebiet nach dem Abbau wieder in den Ursprungszustand zurückzuversetzen.
Für die Umwelt wäre weniger Bergbau sicherlich trotzdem besser.
Tretter: Wir müssen uns bewusst machen, dass die Welt unter anderem für die Elektrifizierung zwingend Rohstoffe benötigt. Daher stellt sich letztendlich nicht die Frage, ob wir neue Rohstoffprojekte benötigen, sondern lediglich, wie sich der Abbau so nachhaltig und effizient gestalten lässt wie möglich.
Hat der Druck auf Unternehmen, nachhaltiger zu wirtschaften, auch Auswirkungen auf den Goldabbau?
Tretter: In der Branche hat sich in den vergangenen Jahren einiges zum Positiven verändert. Viele Minenbetreiber wollen ihren CO2-Ausstoß so weit und so schnell reduzieren wie möglich. Mit Barrick Gold hat sich etwa eines der größten Unternehmen zum Ziel gesetzt, seine Minen bis spätestens 2050 klimaneutral zu betreiben. Es gibt zudem viele kleine Dinge, die bereits heute einen deutlichen Unterschied machen. Dazu zählen Wasseraufbereitung, Müllvermeidung, verbessertes Recycling und das stärkere Einbeziehen der lokalen Bevölkerung in die Planung und den Ausbau der Minen. Minen sind stets ein Eingriff in die Natur, allerdings lassen sich die Auswirkungen stark reduzieren und in vielen Fällen überwiegen die positiven Effekte.
Können Sie Beispiele nennen?
Tretter: Beim Goldabbau werden nicht nur Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung geschaffen, sondern auch Infrastruktur – angefangen von Straßen über Strom bis zur Wasserversorgung. Das ermöglicht der lokalen Bevölkerung auch eine Steigerung ihrer Ernte. Die meisten Minen entstehen in infrastrukturell schwachen Gegenden und helfen der lokalen Bevölkerung, solange sie nachhaltig betrieben werden.
Worauf achten Sie bei der Auswahl der Minenunternehmen für Ihren Fonds?
Tretter: Wir investieren ausschließlich in politisch stabile Regionen und verzichten bewusst auf das eine oder andere vielleicht vielversprechende Investment, das aber nicht unseren Nachhaltigkeits- und Umweltaspekten genügt. Unser Fokus liegt auf den Ländern Kanada, Australien und den USA. Teilweise kann man guten Gewissens auch in Südamerika investieren, allerdings sind die Unterschiede in den einzelnen Regionen dort erheblich. China, Russland oder auch Afrika schließen wir hingegen aus, da es nahezu unmöglich ist, dort einen nachhaltigen Abbau zu garantieren.
Können Sie denn überhaupt kontrollieren, ob Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden?
Tretter: Es gibt nur einen Weg, dies sicherzustellen: Man muss sich die Minen vor Ort anschauen. Wir besuchen all unsere Investments und überzeugen uns vor Ort, dass auch alles stimmt, was in der Hochglanzbroschüre steht. Die beste Informationsquelle ist immer die lokale Bevölkerung. Niemand weiß besser über Probleme oder Ungereimtheiten Bescheid als die, die zu einem großen Teil selbst in der Mine arbeiten.
Gibt es branchenweite Standards, an denen Sie sich orientieren?
Tretter: Es gibt Standards. Allerdings muss ich zugeben, dass ich, ebenso wie ich keiner Statistik traue, die ich nicht selbst gefälscht habe, – wie man so schön sagt – auch Standards nicht traue, die ich nicht selbst überprüft habe. Für uns zählen einzig und allein unsere eigenen Einschätzungen und die Besichtigungen vor Ort.
Viel wird über drohende Engpässe bei Rohstoffen für die Energiewende berichtet. Wie lässt sich die Versorgung sicherstellen?
Tretter: Nicht nur die EU, sondern auch die USA, Kanada oder Australien machen sich zunehmend Sorgen um die ausreichende Versorgung mit kritischen Metallen – zu Recht. Wir sind bei Lithium oder seltenen Erden zu abhängig von Importen aus China. In welch prekäre Situation dies führen kann, hat der Krieg in der Ukraine deutlich gemacht. Meiner Einschätzung nach sind wir bei kritischen Metallen noch stärker von China abhängig als bei Öl und Gas von Russland. Leider hat Deutschland bislang kaum etwas unternommen, um die eigene Rohstoffversorgung sicherzustellen. Das dürfte sich zwar in den kommenden Jahren ändern, kommt aber womöglich zu spät. In Minen wird zu wenig Geld investiert und zwischen Entdeckung und Produktionsaufnahme neuer Projekte vergeht viel Zeit. Daher wird sich die Versorgungssicherheit bei vielen Metallen in den kommenden Jahren nicht gewährleisten lassen. Wir müssen uns definitiv auf Versorgungsengpässe einstellen.
Über den Interviewten:
Tobias Tretter ist Gründer und Geschäftsführer der auf Rohstoff-Investments spezialisierten Investmentboutique Commodity Capital. Er ist verantwortlich für den Fonds Commodity Capital Global Mining sowie die Auflage und Überwachung der Indizes der Boutique. Zuvor managte Tretter bei DJE und Stabilitas Gold- und Rohstofffonds.