Ebenso hält man es bei den Verbänden für sinnvoll, dass auch kleine Unternehmen die Regeln umsetzten – obwohl die Verordnung Firmen mit weniger als drei Angestellten eigentlich ausklammert. Die Praxis-Hinweise seien „leicht umsetzbar“. Sie sollten allerdings als Momentaufnahme verstanden werden: „Es wird in den kommenden Monaten und Jahren zu dem Thema Nachhaltigkeit in der Finanz- und Versicherungsvermittlung noch zu diversen Anpassungen an regulatorische Vorgaben kommen“, erinnert man bei AfW und Votum. Berater sollten das Thema im Auge behalten.

Auch bei den Maklerpools hat man sich auf die Offenlegungsverordnung vorbereitet und fasst jetzt die nächsten Regulierungsschritte ins Auge. Bei BCA etwa bereiten sich die hauseigenen Analyse-Spezialisten auf neue Prozesse vor. „Wir sind seit einiger Zeit dabei, unseren Research-Bereich zu ergänzen“, verrät BCA-Vorstand Frank Ulbricht. Das bisher genutzte ESG-Rating ergänze man um weitere Kriterien. Über die Offenlegungsverordnung habe man die angeschlossenen Berater per Newsletter informiert. Der Pool hält Mustertexte vor und bietet Webinare zu der Verordnung und anderen Nachhaltigkeitsthemen an. Berater, die ihre Internetseite über BCA betreiben, erhalten die jetzt notwendigen Rahmeninformationen im Hintergrund direkt eingespielt. Alle Maßnahmen trifft BCA auch für das unternehmenseigene Haftungsdach, die Bank für Vermögen, und deren gebundene Vermittler.

Sind die neuen Nachhaltigkeitsregeln aus Beratersicht nun eher eine Last oder vielmehr lange überfällig?  „Man hat mit dem Thema Nachhaltigkeit einen neuen Gesprächsanlass mit den Kunden“, streicht Ulbricht die positive Seite heraus. „Berater können auch aktiv an das Thema herangehen.“

 

Der Megatrend Nachhaltigkeit hält allerdings nicht erst mit der Offenlegungsverordnung Einzug in die Finanzberatung. Viele Profis arbeiten schon längst damit. Der europäische Berater-Dachverband Fecif hat im vergangenen Herbst rund 2.000 Anlageprofis aus acht EU-Mitgliedstaaten befragen lassen. Ergebnis: Nur 7 Prozent der Befragten sprachen das Thema bei ihren Kunden noch überhaupt nicht an. Für beinahe jeden vierten gehörte es dagegen schon zum Standard-Repertoire. Vor allem jüngere Kunden seien an dem Thema interessiert, nehmen die Berater wahr. Wenig überraschend: Von den drei ESG-Aspekten Umwelt, Soziales und Unternehmensführung interessierten sich die meisten Kunden speziell für das E, das Thema Umwelt. Es liegt nicht ganz fern, dass die sehr präsente Fridays-for-Future-Bewegung ihren Teil dazu beigetragen hat.

Wie es bei der nachhaltigen Finanzwirtschaft jetzt weitergeht – abseits der Offenlegungsverordnung? Noch im ersten Jahresquartal 2021 soll die Richtlinie Mifid II ergänzt werden. Berater sollen ihre Kunden bald standardmäßig fragen, ob ihnen bei der Geldanlage auch Nachhaltigkeit wichtig ist – und wie sie das Thema berücksichtigen wollen. Verpflichtend ins Beratungsgespräch wird das voraussichtlich Anfang 2022 einfließen.

Nicht zuletzt folgt ebenfalls zu Jahresbeginn 2022 noch ein weiterer Schritt in Richtung nachhaltiger Finanzmärkte. Es ist sogar ein ganz grundsätzlicher: Die ersten europäischen Taxonomie-Vorschriften treten dann in Kraft. Die Taxonomie-Verordnung ist quasi das Herzstück der europäischen Nachhaltigkeits-Regulierung. Sie steckt ab, wie sich nachhaltiges Wirtschaften überhaupt definieren lässt.

Fazit: Die einzelnen Schritte, die das Thema Nachhaltigkeit in der europäischen Finanzbranche verankern sollen, bauen nicht unbedingt aufeinander auf. Sie wirken mitunter mehr wie ein ungeordnetes Getrippel. Zumindest führen sie jedoch alle in eine gemeinsame Richtung.