Die Kehrtwende der US-Notenbank (Fed) hin zu niedrigeren Zinsen kam überraschend: Nachdem sich im Herbst 2018 weltweit der Konjunkturhimmel eintrübte, setzten die Währungshüter ihren Zinserhöhungszyklus aus.
Seither haben die Währungshüter dabei geholfen, die Folgen der wachsenden Handelsspannungen abzufedern. Nach drei Zinssenkungen in Folge hält die US-Notenbank die Geldpolitik derzeit für „angemessen“ und plant im US-Präsidentschaftswahljahr 2020 keine Zinsschritte. Angesichts der Zinspause, die sich die Fed verordnet, bleiben jedoch neue Impulse für die US-Wirtschaft, aber auch für die Eurozone aus. Spürbare Unterstützung im Euroraum wird daher von der Fiskalpolitik ausgehen müssen – die derzeit nicht in Sicht ist. Allein die Schwellenländer haben noch Spielraum für weitere geldpolitische Impulse.
Damit bleibt nur das Wachstum als zentrale Stütze für Risikoanlagen. Hier gibt es Grund zur Zuversicht: In unserem Basisszenario gehen wir von einem leichten Aufwärtstrend, getragen von lockeren Finanzbedingungen und etwas höherem Inflationsdruck in den USA aus. Hilfreich für die konjunkturelle Entwicklung der Weltwirtschaft dürfte nicht zuletzt die wirtschaftliche Belebung in China sein.
Entspannung im Handelskonflikt würde der Konjunktur helfen
Wir gehen davon aus, dass die USA und China großes Interesse an einer Auszeit im Handelskonflikt haben. Neue Turbulenzen sind allerdings nicht ausgeschlossen. Sollte der Druck von dieser Seite nicht weiter zunehmen, würde der Welthandel neuen Auftrieb erhalten. Chinas Wirtschaft dürfte daraufhin wieder Tritt fassen. Allerdings sind von Chinas Regierung derzeit wohl kaum Stimuli zu erwarten: Pekings Lust auf entsprechende umfangreiche Stimulusmaßnahmen, wie sie in den vergangenen Jahren teils massiv eingesetzt wurden, wird sich aufgrund der bereits hohen Verschuldung von öffentlichen und privaten Haushalten in Grenzen halten. Das Fehlen groß angelegter Konjunkturmaßnahmen in China dürfte sich daher als limitierender Faktor für die Weltwirtschaft erweisen.
Absehbar ist jedoch: In Europa und den Schwellenländern sollte sich die Konjunktur im Zuge der Erholung von dem vergangenen, wirtschaftlich schwachen Jahr 2019 beleben. Besonders dem Verarbeitenden Gewerbe, allen voran den Branchen Automobile, Investitionsgüter und Halbleiter, kommt hierbei eine wichtige Bedeutung zu. Für Rückenwind sollten auch zinssensitive Sektoren wie der Wohnungsbau sorgen. In geringerem Maße dürften die Unternehmensinvestitionen stützen.
In den USA hingegen werden die Verbraucher ihr Geld wohl etwas mehr zusammenhalten; die Sparquote steigt. Solide Lohnzuwächse und der zwar verlangsamte, aber kontinuierliche Beschäftigungsaufbau sollten die Konsumenten aber grundsätzlich in Kauflaune halten. Aufgrund der leichten Wachstumsbelebung dürfte die US-Wirtschaft zu der in späten Zyklusphasen üblichen Expansion zurückfinden. Doch es gilt: Solange der Protektionismus anhält, dürften sich die gelockerten Finanzbedingungen nur gebremst in der konjunkturellen Entwicklung niederschlagen.
Unter dem Strich bestärkt uns die erwartete globale Wachstumsbelebung in unserer moderaten Risikobereitschaft. Zudem kann die von uns prognostizierte Stabilisierung der globalen Industrieproduktion und des Welthandels den Weg für überdurchschnittliche Kursgewinne bei zyklischen Aktien freimachen – zumal bei solchen mit extrem niedriger Bewertung. Das stützt unsere Empfehlung einer leicht übergewichteten Positionierung in Regionen und Unternehmen, die vom Welthandel abhängig sind. Das trifft etwa auf Aktien aus Japan und den Schwellenländern zu.
Größte Risiken: Protektionismus und Inflation
Das größte Risiko für die Märkte? Es geht von einem Abbruch der Handelsgespräche zwischen den USA und China oder einem weiteren Vormarsch des Protektionismus aus. Eine neuerliche Zuspitzung könnte der Marktstimmung einen Dämpfer versetzen und das Vertrauen der Unternehmen sowie die Marktstimmung belasten – die von uns erwartete Konjunkturbelebung würde damit ausgebremst.
Sollte sich die Konjunktur hingegen besser entwickeln als erwartet, rückt ein weiteres Risiko in den Blick: Die Möglichkeit, dass das Wachstum bei steigender Inflation zum Erliegen kommt. Damit könnte sich die von vielen Anlegern genutzte negative Korrelation zwischen Aktien- und Anleiherenditen mit der Zeit abschwächen. Die Diversifizierungsvorteile von Anleihen würden dadurch abnehmen.
Quelle: Das Investment