Pictet | Frankfurt, 29.07.2024.
In diesem Umfeld kommt den Schwellenländern eine bedeutende Rolle zu. Chinas angespanntes Verhältnis zum Westen, denken wir nur an das Thema Handelszölle, hat zur Folge, dass sich das Land neue Abnehmer für seine Waren sucht – in anderen Schwellenländern. Und da die Kapitalströme aus dem Westen nach China aus eben diesen Gründen abebben dürften, wird dadurch Kapital frei, das in das breitere Schwellenländeruniversum fliessen kann.
Die Volkswirtschaften der Schwellenländer sind für ausländische Investoren besonders interessant, weil sie über einen grossen Reichtum an Ressourcen verfügen – sowohl an Rohstoffen als auch an Humankapital.
Gleichzeitig erlebt die Wirtschaftspolitik in den Industrieländern einen tiefgreifenden Wandel. In den letzten Jahrzehnten überliessen es die Regierungen ihren Zentralbanken, das Wachstum anzukurbeln. Gleichzeitig hatte das Inflationsziel Vorrang, was die Haushalte stark unter Druck setzte. Nach der Covid-Pandemie war auf einmal alles anders. Mittlerweile sind Staatsausgaben das wichtigste Instrument der Politik und die Zentralbanken haben die Rolle einer stabilisierenden Kraft für die Wirtschaft übernommen. Wie die Regierungen die daraus resultierenden Defizite finanzieren, wird sich auf die Investitionsströme und damit auf die Entwicklung der jeweiligen Währungen auswirken. Angesichts des massiven Doppeldefizits der USA – Leistungsbilanz und Staatshaushalt – und ihrer Abhängigkeit von ausländischem Kapital wird der US-Dollar mit der Zeit unter Druck geraten. Dies hat weitreichende positive Ausstrahlungseffekte für die Volkswirtschaften und Anlagewerte der Schwellenländer.
Umbau der Weltwirtschaft
Wie sich diese neue Weltordnung entwickelt, hängt in erster Linie von den Industrieländern ab. Die expansive Haushaltspolitik in den Industrieländern wird das Ende der Ära der Stagnation im Anschluss an die globale Finanzkrise einläuten. Die Anreize für die Regierungen, Geld auszugeben, sind vielfältig. Einige haben ihren Ursprung im Inland, wo der Druck zur Erfüllung sozialer Forderungen zunimmt, während andere aus der Notwendigkeit resultieren, international wettbewerbsfähig zu sein und dem Aufstieg Chinas durch Ausgaben in strategischen Bereichen wie militärische Infrastruktur und Industriepolitik zu begegnen. Die Schuldenlast wird jedoch immer mehr zu einer Belastung, die durch die Kosten des Schuldendienstes in einer Welt höherer Zinssätze noch verschärft wird.
Das Ergebnis dieses grundlegenden Wandels ist, dass die Regierungen wahrscheinlich nicht zur Sparpolitik zurückkehren werden – zumindest nicht, bis sie von den Märkten dazu gezwungen werden. Stattdessen werden die Regierungen versuchen, ihre Schuldenlast in Grenzen zu halten, indem sie das Wachstum ihrer Volkswirtschaft ankurbeln. Höhere, aber gezielte Staatsausgaben werden die Investitionsausgaben und die Nachfrage nach Rohstoffen erhöhen – beides dürfte den Rohstoffproduzenten zugute kommen. Die Kehrseite ist, dass höhere Zinsen vorherrschen werden.
Weniger klar ist, wie sich diese Freigiebigkeit auf die internationalen Kapitalströme auswirken wird. Hoch verschuldete Regierungen werden auf eine neue Form der Finanzrepression zurückgreifen. Sie werden versuchen, inländisches Kapital – das derzeit zu einem Grossteil im Ausland, vor allem in den USA, investiert ist – durch steuerliche Anreize, Rechtsvorschriften und Marketing zu erschliessen (siehe Abb. 1). Dies könnte zu einer Umkehrung der Geldströme führen, die bisher die Outperformance von US-Anlagewerten und letztlich die Stärke des US-Dollars unterstützt haben. Sollte es dazu kommen, würde sich dies letztlich am stärksten auf die Preise von Schwellenländeranlagen auswirken – die sich entwickelnden Volkswirtschaften würden von der Kombination aus neuerlichen Kapitalzuflüssen und Investitionsausgaben profitieren.
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