Pressemitteilung ODDO BHF AM: Monthly Investment Brief: Noch kein eindeutiges Signal in Sicht

Frankfurt am Main, 18. April 2023

Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn man untersucht, welche Qualität die Signale der Zinsmärkte in der Vergangenheit hatten.

 

Eignen sich Inflation und Zinsstrukturkurve noch als Signale zur Prognose der langfristigen Zinsentwicklung?

Das Inflationssignal

Der jüngste Anstieg der Ölpreise nach Ankündigung von Produktionskürzungen seitens der OPEC+ zeigt, wie schwer sich die Anleihemärkte mit der Bewertung von Angebotsschocks tun. Er bestätigt die jüngsten Warnungen der Zentralbanken, die Inflation sei noch lange nicht unter Kontrolle. Die Break-even-Inflationserwartungen für die USA liegen im Durchschnitt bei unter 3% p.a. für das kommende Jahr, obwohl die Inflation in den letzten 12 Monaten mit 7,8% auf einem sehr hohen Niveau verharrte. Da die Zinserhöhungen der Zentralbanken kaum Auswirkungen auf exogene Treiber der Inflation haben, erschwert das derzeitige Paradoxon aus fiskalischem Stimulus und geldpolitischer Straffung Ökonomen und Anlegern die Modellierung der weiteren Inflationsentwicklung, und zwar sowohl was ihren sogenannten vorübergehenden Charakter als auch was die Geschwindigkeit ihres Rückgangs betrifft. Gleichwohl bleibt die Inflation neben dem Wachstum einer der wichtigsten Parameter für die Prognose des langfristigen Zinsniveaus.

Das Zinskurvensignal

Auch andere ehemals verlässliche Anleihemarktsignale scheinen sich gewandelt zu haben. Inverse Renditekurven und Swap-Kontrakte, die Ende Februar für 2023 noch für zwei Leitzinserhöhungen in den USA sprachen, deuten nun auf drei Zinssenkungen hin. In den Jahren der quantitativen Lockerung haben die Zentralbanken die Staatsanleihekurse künstlich in die Höhe getrieben. Unterstützt wurde dies durch Vorschriften, die eine Wiederholung der Krise von 2008 verhindern sollten, indem sie  Banken auferlegten, diese Anleihen in großem Umfang zu halten. Dies führte zu einem unverhältnismäßigen Anstieg der Nachfrage seitens Pensionsfonds, Versicherungen, Indexfonds und sogar der Devisenreserven der Zentralbanken.

Seit mehr als einem Jahr sind die Bestände der Zentralbanken so stark geschrumpft wie seit den 1980er Jahren nicht mehr. Doch selbst nach dem jüngsten Renditeanstieg werden die Anleihekurse immer noch von dieser unelastischen Nachfrage getrieben. Damals waren die Hebel auf Investorenseite noch sehr überschaubar. Seither hat die Regulierung bzw. das Fehlen von Regulierung für das gleiche eingesetzte Kapital unangemessen hohe Multiplikatoren zugelassen.

Es besteht also die Gefahr, dass dieser Blase die Luft ausgeht. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer weichen Landung deutlich gesunken ist, dürfte die Weltwirtschaft eine schwere Rezession vermeiden. In diesem Fall ist es unwahrscheinlich, dass die 10-Jahres-Zinsen auf ihrem aktuellen Niveau bleiben, es sei denn, die zugrunde liegende Inflation bricht ein, was nicht unser Basisszenario ist. Im Grunde sind die langfristigen US-Zinsen zu niedrig. Das Gleichgewichtsniveau liegt eher bei 4% als bei 3%.

Wie also sich positionieren?

Zinsen

Angesichts des jüngsten Anstiegs der Kurzfristzinsen erscheint uns eine Positionierung in ein- oder zweijährigen Titeln beidseits des Atlantiks als überaus interessant … auf risikobereinigter Basis. Sollte es zu einer schweren Rezession kommen, bliebe den Zentralbanken keine andere Wahl, als die Leitzinsen zu senken. Hiervon würde das kurze Ende der Kurve am stärksten profitieren. Nur ein Deflationsszenario würde die langfristigen Zinsen noch weiter nach unten drücken. Doch so weit ist es noch nicht. Wir empfehlen daher, in Ihrem Anleiheportfolio die Duration am langen Ende der Kurve zu begrenzen und sich stattdessen am kurzen Ende zu positionieren.

Unternehmensanleihen

Bei Unternehmensanleihen stellt sich die Lage komplex dar. Während die Duration für bonitätsstarke Anleihen sehr wichtig ist, ist sie für Hochzinsanleihen von untergeordneter Bedeutung. Heißt das, dass wir in dieser Konstellation Hochzinsanleihen den Vorzug geben sollten? Nein, aber aus anderen Gründen. Die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor dürften das Angebot an Bankkrediten verknappen und die Ausfallraten in die Höhe treiben. „Zombie“-Unternehmen werden mit einem starken Schereneffekt zu kämpfen haben, d.h. Druck auf die Gewinnmargen bei gleichzeitig steigenden Finanzierungskosten, der für einige von ihnen fatal sein wird. Unsere Präferenz gilt daher dem Investment-Grade-Segment.

Aktien

Steigen die langfristigen Zinsen, sinkt bei ansonsten gleichen Bedingungen der Barwert der diskontierten Cashflows. Für Aktien keine so gute Nachricht, es sei denn, die Gewinne steigen – ein aktuell jedoch nicht zu beobachtender Trend. Der sich anhaltend abschwächende Konsum wird in allen Sektoren die Gewinnspannen drücken. Weniger Sparüberschüsse, eine durch eine hartnäckige Kerninflation geringere Kaufkraft und ein Arbeitsmarkt, der sich langsam normalisieren dürfte, ergeben zusammen eine für die Unternehmen überaus herausfordernde Gemengelage. Der Fokus sollte auf Aktien von Unternehmen liegen, die hinreichend Wachstum generieren, um die Auswirkungen der Zinsen abzufedern. In dieser Hinsicht spricht einiges für den Technologiesektor.

Fazit

Geduld ist eine Tugend. Die gute Nachricht ist, dass Sie in der derzeitigen Situation die Möglichkeit haben, Ihr Kapital zu mehren, indem Sie auf kurzlaufende Titel und den sich dort bietenden Carry setzen. Mit 3% bzw. 5% je nach Region deckt die erzielbare Rendite zwar noch nicht die Inflation ab, geht aber doch über reine „Schadensbegrenzung“ hinaus. Und das ohne Risiko. Für ein paar Wochen sind das gar nicht mal so schlechte Aussichten, bis wir endlich ein klares Signal sehen.

Lesen Sie hier den kompletten Monthly Investment Brief von Laurent Denize, Global CIO, ODDO BHF AM:

20230418 ODDO BHF AM Monthly Investment Brief

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