Pressemitteilung Degroof Petercam (DPAM): Hat der Small Cap Bär ausgebrüllt?

Degroof Petercam | Brüssel, 22.10.2024.

Die Weltwirtschaft hat in letzter Zeit erhebliche Störungen erlebt – von der COVID-19-Pandemie und dem Inflationsdruck bis hin zu Herausforderungen in den globalen Lieferketten und geopolitischen Spannungen. Diese Faktoren haben zu einem hohen Maß an Unsicherheit geführt und Anleger dazu veranlasst, Sicherheit in größeren, etablierteren Unternehmen zu suchen – eine Verschiebung, die sich insbesondere auf Small-Cap-Aktien ausgewirkt hat, die sich im Vergleich zu ihren Large-Cap-Pendants unterdurchschnittlich entwickelt haben.

In den USA schnitt der Russell 2000 Index – ein Proxy für Small-Cap-Aktien – in den letzten drei Jahren deutlich schlechter ab als der S&P 500. In diesem Zeitraum legte der S&P 500 um 31 % zu, während der Russell 2000 einen Verlust von 6,8 % verzeichnete – eine Bewertungslücke von historischem Ausmaß. Tatsächlich werden Small Caps, gemessen an Kennzahlen wie dem Kurs-Buchwert-Verhältnis, seit 1990 im Vergleich zu Large Caps im untersten Dezil ihrer historischen Bewertungsspanne gehandelt [Quelle].

Und das nicht nur in den USA: Zwischen November 2021 und Oktober 2023 verzeichneten auch europäische Small Caps eine erhebliche Korrektur von etwa 25 % in relativer Betrachtung. Derzeit werden europäische Small-Cap-Aktien im Vergleich zu Large Caps auf historischen Tiefstständen gehandelt, mit einem Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von etwa 14,2 im Vergleich zum historischen Durchschnitt von 19,1 für den breiteren Markt [Quelle].

Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Herabstufung von Small-Cap-Aktien auf eine Kombination mehrerer Faktoren zurückzuführen ist:

  • Wirtschaftliche Sensibilität: Kleinere Unternehmen reagieren in der Regel empfindlicher auf Wirtschaftszyklen. Während sie in Zeiten wirtschaftlicher Expansion oft eine bessere Wertentwicklung erbringen, tendieren sie in Rezessionsphasen zu einer schlechteren Entwicklung. Die Erwartung einer Konjunkturabschwächung an den Märkten hat sich negativ auf die Stimmung der Anleger gegenüber Small Caps ausgewirkt.

  • Zinssätze und makroökonomische Unsicherheit: Small-Cap-Unternehmen sind anfälliger für steigende Zinssätze und makroökonomische Unsicherheit, da sie auf Fremdfinanzierung angewiesen sind und stärker in zyklischen Sektoren engagiert sind. Da höhere Zinssätze die Kreditkosten erhöhen, kann sich dies auf die Rentabilität und die Wachstumsaussichten auswirken.

  • Unterbrechungen der Lieferketten: Branchen wie das Gesundheitswesen, die Industrie und der zyklische Konsumgüterbereich, die einen erheblichen Teil des Small-Cap-Universums ausmachen, wurden von Unterbrechungen der Lieferketten und längeren Lagerabbauzeiten hart getroffen. Diese Herausforderungen haben sich auf Produktionspläne und Einnahmequellen ausgewirkt.

  • Wahrnehmung der lokalen Ausrichtung: Es herrscht die allgemeine Auffassung, dass Small Caps stärker lokal ausgerichtet und eng mit der jeweiligen Regierungspolitik verbunden sind, was ein zusätzliches Risiko darstellen kann. Zwar sind einige Small-Cap-Unternehmen tatsächlich stärker auf den Inlandsmarkt ausgerichtet, doch viele sind auch international tätig. Diese Fehlwahrnehmung führt in der Regel zu einer zusätzlichen, ungerechtfertigten negativen Voreingenommenheit gegenüber Small Caps.

Zusammengenommen erklären diese Faktoren, warum die Unsicherheit unter den Anlegern zugenommen hat, insbesondere bei denjenigen, die unter kurzfristigem Performancedruck stehen, was zu einer Reduzierung des Engagements in Small Caps oder zur Vermeidung der Anlageklasse insgesamt führt. Darüber hinaus hat die mangelnde Liquidität von Small-Cap-Aktien dazu geführt, dass sie im Vergleich zu Large Caps im Jahr 2023 und Anfang 2024 weniger attraktiv sind.

Der Ende Oktober beobachtete Bewertungsunterschied von 25 % spiegelt das Niveau wider, das während der globalen Finanzkrise zu beobachten war. Aber es ist nicht alles düster und trostlos. Im Gegensatz zur Krisenzeit ging diese jüngste Herabstufung nicht mit einem wesentlichen Unterschied im Gewinnwachstum zwischen Small und Large Caps einher. Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass die Abwertung von Small Caps ihren Tiefpunkt erreicht haben könnte. Die Risiken haben sich entweder verringert oder sind nicht wie befürchtet eingetreten, was zu einer deutlichen Verbesserung des Risiko-Rendite-Profils der Anlageklasse geführt hat. In Verbindung mit attraktiven Bewertungen können diese Faktoren eine attraktive Kaufgelegenheit für langfristige Investoren darstellen.

Konkret haben wir mehrere positive Faktoren identifiziert, die auf einen günstigeren Ausblick für Small Caps hindeuten:

  • Nachlassende Inflation und Probleme in der Lieferkette: Die Inflation geht zurück, die Probleme in den Lieferketten wurden weitgehend gelöst und die Energiepreise haben sich normalisiert. Diese Verbesserungen verringern einen Teil des makroökonomischen Drucks, der auf Small Caps lastete.

  • Zinsumfeld: Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) signalisieren mögliche Zinssenkungen. Niedrigere Zinssätze können die Kreditkosten für Small-Cap-Unternehmen senken und so ihre Rentabilität und Investitionskapazität steigern.

  • Chinesische Konjunkturmaßnahmen: Die europäische Wirtschaft reagiert besonders empfindlich auf die chinesische Wirtschaft. Ende September kündigten die chinesischen Entscheidungsträger eine Reihe neuer Konjunkturmaßnahmen an. Während viele dieser Maßnahmen im letzten Jahr isoliert betrachtet wurden, wie z. B. Zinssenkungen oder geringere Anzahlungsanforderungen für Hauskäufe, war der koordinierte Charakter der Ankündigung im September das bisher deutlichste Signal dafür, dass Peking bereit ist, die chinesische Wirtschaft und die Märkte zu unterstützen.

  • Zunehmende M&A-Aktivitäten: Die Fusions- und Übernahmeaktivitäten haben zugenommen, und Private-Equity-Firmen kehren auf den Markt zurück. Diese Firmen verfügen über erhebliche Mengen an „trockenem Pulver“, was darauf hindeutet, dass sie in den aktuellen Small-Cap-Bewertungen einen Wert sehen.

Eine Erholung ist für Small Caps also durchaus möglich. Allerdings ist es nicht immer einfach, diese Erholung zu nutzen. Small Caps machen zwar nur 15 bis 20 % der gesamten Marktkapitalisierung aus, aber 80 bis 85 % aller börsennotierten Aktien. Dieses riesige Universum kann es für Anleger schwierig machen, die richtigen hochwertigen Gelegenheiten zu erkennen.

Außerdem folgen Märkte in der Regel dem Gewinnwachstum. In der Vergangenheit haben Small Caps im Vergleich zu Large Caps langfristig ein stärkeres Gewinnwachstum erzielt. Die größere Anzahl und Volatilität von Small-Cap-Aktien erfordert jedoch eine sorgfältige Auswahl und zeitliche Abstimmung.

Insbesondere bei europäischen Small Caps spielt aktives Management aufgrund der begrenzten Research-Abdeckung und der höheren Volatilität eine entscheidende Rolle. Etwa 90 % der europäischen Small- und Mid-Cap-Aktien werden von Analysten nur minimal abgedeckt. Dieser Mangel an Aufmerksamkeit führt zu Ineffizienzen und bietet qualifizierten Managern die Möglichkeit, unterbewertete Unternehmen zu entdecken. Durch die Konzentration auf die Fundamentaldaten des Unternehmens und die Durchführung eingehender Analysen können aktive Manager Unternehmen mit starken Bilanzen, innovativen Strategien und hohem Ertragspotenzial identifizieren. Sie vermeiden auch Unternehmen mit schwachen Aussichten, die ansonsten in einem passiven Index übermäßig stark gewichtet wären.

Die Vorteile des aktiven Managements sind im Small-Cap-Universum mit seinem Potenzial für „Double Alpha“ noch ausgeprägter: Man profitiert vom inhärenten Potenzial von Small Caps, Large Caps zu übertreffen (Alpha), und schafft durch eine kluge Aktienauswahl innerhalb dieses Universums zusätzlichen Wert (zweites Alpha).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Small-Cap-Aktien in der Vergangenheit langfristig eine bessere Performance als Large Caps erzielt haben und das Potenzial für höhere Renditen bieten. Die aktuellen Marktbedingungen – gekennzeichnet durch attraktive Bewertungen und sich verbessernde Wirtschaftsindikatoren – könnten für Anleger, die mit der Komplexität der Small-Cap-Landschaft vertraut sind, einen überzeugenden Einstiegspunkt bieten. Wir sind der Meinung, dass starke Überzeugungen und aktives Management bei diesem Unterfangen unerlässlich sind. Durch den Einsatz von Fachwissen und gründliche Recherchen können Anleger falsch bewertete Vermögenswerte aufdecken und die Chancen nutzen, die Small Caps bieten. Wie immer sind ein disziplinierter Ansatz und eine sorgfältige Analyse entscheidend, um das Potenzial von Small-Cap-Aktien zu nutzen.

von Nathalie Debruyne

Fondsmanagerin DPAM

Bart Geukens

Fondsmanager DPAM

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