Allianz | Frankfurt, 25.01.2021
Die US-Märkte haben die politisch bedingte Volatilität zum Jahreswechsel weitgehend überwunden und entwickeln sich ähnlich dynamisch wie Ende 2020. Dabei schneiden Value-Titel insgesamt weiterhin besser ab als Wachstumswerte, und Small Caps holen gegenüber Large Caps auf. Gleichzeitig haben internationale und Schwellenländeraktien gegenüber US-Titeln die Nase vorn, weil der US-Dollar nach wie vor schwächelt, ein stärkeres Wachstum der Weltwirtschaft zu erwarten ist und die Bewertungen dieser Papiere insgesamt günstiger sind.
Darüber hinaus rechnen die Finanzmärkte für 2021 mit zusätzlichen fiskal- und geldpolitischen Impulsen, wie sie von der Biden-Administration und der US-Notenbank angedeutet werden, auch wenn das Wirtschaftswachstum bereits wieder anzieht. Vor diesem Hintergrund können die Anleger zum Jahresbeginn optimistisch für die Märkte sein. Es könnte sich lohnen, das Portfoliorisiko aus taktischen Gründen zu erhöhen oder zu diversifizieren; im weiteren Jahresverlauf ist jedoch Wachsamkeit geboten, zumal sich die Inflation beschleunigen könnte.
Ungeachtet dieses positiven Ausblicks sollte der Inflationsdruck im Auge behalten werden
Der Konjunktur- und Marktausblick für 2021 ist zwar robust, aber einige Risiken sind dennoch zu erkennen. So könnten die Konjunkturbelebung und die Hilfspakete die Güter- und Dienstleistungspreise nach oben treiben und so für Inflationsdruck sorgen. Bisher ist die Inflation relativ gut unter Kontrolle; die Kernrate für den privaten Konsum (personal consumption expenditure oder „PCE“, der von der Fed bevorzugte Indikator) liegt nach wie vor unter dem Zielwert der Fed von 2,0%. Einige Frühindikatoren, mit deren Hilfe sich die Inflationserwartungen am Markt messen lassen, sprechen jedoch für eine Inflationsbeschleunigung.
Falls sich die Inflation tatsächlich beschleunigt, sehen wir drei Hauptrisiken für die Anleger:
- Die Fed strebt inzwischen einen Durchschnittswert für die Inflationsrate an, wird also eine Zeit lang eine Inflationsrate von über 2,0% tolerieren, ohne die Zinsen anzuheben. Bei einem dauerhaften oder raschen Anstieg der Inflationsrate könnte die Fed diesen Ansatz allerdings noch einmal überdenken. In der Vergangenheit haben Baissephasen begonnen, wenn sich Zinsanhebungszyklen der Fed am Horizont abzeichneten.
- Wenn höhere Inflationsraten die Renditen nach oben treiben, könnten Vermögenswerte mit längeren Laufzeiten in Mitleidenschaft gezogen werden. Dazu gehören bestimmte Staats- und Unternehmensanleihen, aber auch Aktien aus einigen Sektoren wie Technologie und Gesundheitswesen. Dort ist der Anlagehorizont tendenziell länger, und die Märkte könnten sich daraus zurückziehen, wenn sie eine Inflationsbeschleunigung befürchten.
- Einige Aktien erscheinen bereits ehrgeizig bewertet (vor allem in bestimmten Wachstumssektoren). Bei höheren Inflationsraten und höheren Renditen könnten diese Bewertungen im Zeitablauf sinken.
Taktische Umschichtung in zyklische Werte und Schwellenländer
Die Weltwirtschaft erholt sich, nicht zuletzt aufgrund einer reflationierenden Politik (darunter fallen z.B. fiskalpolitische Impulse oder niedrige Zinsen, die Nachfrage und Konsum ankurbeln sollen). Im weiteren Jahresverlauf ist mit einer erneuten Öffnung zu rechnen.
Daher dürften die Märkte das Reflationsthema auch weiterhin verfolgen. Allerdings stellt sich die Frage, wie lange dies der Fall sein wird. Möglicherweise so lange, bis die Wachstumsraten nach der Wiederbelebung der Wirtschaft ihren Höchststand erreicht oder bis eine nachhaltige Inflation einsetzt. Eine Verlangsamung der Wachstumsraten oder steigender Inflationsdruck könnten dementsprechend Schlüsselindikatoren sein.
Angesichts der kräftigen Aufwärtsdynamik ist in den kommenden Wochen immer wieder mit einer Konsolidierung oder sogar mit Rücksetzern zu rechnen. Die Anleger können solche Episoden jedoch taktisch nutzen, um ihr Risiko zu erhöhen oder zu diversifizieren. So kann es sinnvoll sein, Engagements in zyklischen und Value-Titeln, Small Caps und in außerhalb der USA notierten Vermögenswerten zu erhöhen. Bestimmte Infrastruktursektoren, 5G-Technologie und saubere Energien sollten nach den US-Wahlen ebenfalls gut abschneiden.
Im Fixed Income-Segment ist mit etwas höheren Zinsen und steileren Renditestrukturkurven zu rechnen. Die langfristigen Zinsen, die sich in der Regel am Markt bilden, könnten parallel zu den Wachstums- und Inflationserwartungen ansteigen, die Kurzfristzinsen werden dagegen von den Zentralbanken verankert. Weitere Konjunkturpakete könnten auch zu einer leichten Abwertung des US-Dollar führen, wovon Schwellenländervermögenswerte, Gold und Industrierohstoffe (einschließlich Kupfer) profitieren sollten, deren Entwicklung von der erneuten Öffnung der Wirtschaft abhängt.