SJB | Korschenbroich, 02.05.2014. Nach drei Dürrejahren an den Rohstoffmärkten zeichnet sich allmählich eine Trendwende ab. Von einem neuen Superzyklus zu sprechen wäre falsch, vielmehr ist der alte Zyklus reifer geworden. Aktives Fondsmanagement ist wichtiger denn je, und es schlägt die Stunde der Antizykliker.
Wer momentan an den Rohstoffmärkten Trends erkennen will, muss schon genau hinschauen.
Beispiel Öl und Gold: Seit Jahresbeginn ist der Goldpreis zeitweise um mehr als 12 Prozent gestiegen, der Preis für ein Barrel Nordsee-Öl dagegen um knapp 2 Prozent gesunken.
„Trotzdem sehen viele Anleger gegenwärtig eher Öl als Gold als Absicherung gegen politische Krisen“, meint Frank Schallenberger, Leiter der Rohstoff-Analyse der LBBW, deren Tochter LBBW Asset Management die Fonds Rohstoffe 1 (WKN: A0NAUG) und Rohstoffe 2 L/S (A0X97E) am Markt hat.
Zu sehen sei das an der Statistik der US-Behörde Commodity Futures Trading Commission für Öl-Terminkontrakte: „Seit 2012 ist der Wert der Long-Positionen von Öl-Kontrakten um 20 Milliarden auf ein Rekordhoch von 30 Milliarden Dollar gestiegen.“ Die Zahl der Gold-Kontrakte hingegen fiel seit 2011 von 225.000 auf weniger als 10.000 im Dezember 2013.
Trotz des massiv gestiegenen Angebots durch die Schieferölförderung der USA hält sich der Ölpreis seit drei Jahren äußerst stabil. Die Drei-Jahres-Volatilität des Rohöl-Indizes von S&P GSCI liegt derzeit mit 24,3 Prozent auf seinem Zehn-Jahres-Tief. Vom im Mai 2010 erreichten Zehn-Jahres-Hoch von 43,0 Prozent ist sie weit entfernt.
„Dem höheren Angebot aus den USA steht ein Rekordwert bei den Produktionsausfällen entgegen“, erläutert Schallenberger. „Von den derzeit weltweit täglich benötigten 90 Millionen Barrel Öl fallen durch die Krisen in Libyen, Iran, Irak, Russland und Venezuela rund 3 Millionen Barrel aus.“
Der Superzyklus lebt
Die besonderen Marktzusammenhänge beim Öl sind ein gutes Beispiel für viele andere Rohstoffe. „Die Zeiten des Superzyklus, in dem alle Rohstoffpreise Jahr für Jahr steigen, sind vorbei“, sagt Pieter Busscher, Manager des Robeco SAM Smart Materials (A0BL6T). „Das Volumenwachstum bei Rohstoffen setzt sich nicht automatisch in höhere Preise um.“
Dem pflichtet Eugen Weinberg, Leiter des Rohstoff-Researchs der Commerzbank, bei und ergänzt: „Das heißt aber nicht, dass der Zyklus vorbei ist. Vielmehr ist er reifer geworden.“ Anleger müssten künftig die Rohstoffmärkte viel differenzierter beurteilen.
Beispiel Nickel: Einer der größten Produzenten ist Indonesien mit einem Weltmarktanteil von 8 Prozent. Da die Regierung den Export von unbearbeitetem Nickel seit Anfang des Jahres verbietet, entsteht ein Angebotsengpass. Bis die verarbeitende Infrastruktur im Land entstanden ist, vergehen zudem drei bis vier Jahre.
Schallenberger bleibt vorsichtig: „Gerade politisch bedingte Marktverzerrungen können sich schnell wieder auflösen, sobald die Politik zurückrudert.“
Trotzdem sieht der LBBW-Analyst beim Nickel- und Aluminiumpreis mittlerweile ein so niedriges Preisniveau erreicht, dass sich bald ein Boden bilden müsse. „Für mich sind solche strukturellen Verwerfungen viel wichtiger als die der Politik.“
Aktives Fondsmanagement, sowohl bei Rohstoff-Fonds als auch bei Aktienfonds, die sich an Rohstoffunternehmen beteiligen, dürfte künftig wichtiger werden. Bei LBBW Asset Management versucht man dabei unter anderem, von Rollgewinnen an den Terminmärkten zu profitieren.
Diese entstehen, wenn ein Rohstoff gerade so knapp ist, dass der tagesaktuelle Preis über jenem für länger laufende Futures liegt. Zudem deutet die Knappheit darauf hin, dass sich der Preis eines Rohstoffs künftig eher überdurchschnittlich entwickeln werde.
Bei LBBW zieht man seine Informationen also vor allem aus den Terminkurven der Rohstoffmärkte. Doch letztlich spielen auch fundamentale Daten eine Rolle. Und die sehen derzeit gar nicht mal schlecht aus. Die wieder anziehende Weltwirtschaft – Weltbank und IWF gehen von einem Wachstum von 3,2 sowie 3,7 Prozent für 2014 aus – stimmt auch für die Rohstoffmärkte positiv. Zumal die schwächelnden Wachstumszahlen Chinas schnell in die Irre führen können.
„Chinas Wachstum von 7,5 Prozent für 2014 entspricht im Vergleich zum Jahr 2008 einem 12-prozentigen Anstieg der Rohstoffnachfrage“, erklärt Joachim Berlenbach, Gründer der Earth Resource Investment Group und Berater der Rohstoff-Aktienfonds Earth Gold UI (A0Q2SD) und Earth Exploration UI (A0J3UF).
Schallenberger dazu: „Gerade bei Basismetallen, bei denen Chinas Anteil an der Weltnachfrage bei 40 Prozent liegt, hat das Wirtschaftswachstum des Landes großen Einfluss auf die Preisbildung. Die Nachfrage wird auch künftig massiv sein.“
Zum ersten Mal seit Ausbruch der Finanzkrise geht es in den USA, Japan, China und Europa gleichzeitig bergauf.
Goldpreis unter Druck
„Überbordende Trends für 2014 sind die anhaltende Schwäche der Emerging Markets sowie das Tapering der US-Notenbank Fed“, nennt wiederum Eugen Weinberg die Risiken, die einer guten Entwicklung im Wege stehen könnten.
Der Commerzbank-Experte: „Entscheidend ist, was passiert, wenn das billige Geld der Fed nicht mehr in die Schwellenländer fließt wie bisher. Länder wie die Türkei und Indien sind auf diese Auslandsfinanzierung angewiesen.“
Positiv sieht Weinberg hingegen den Trend, dass sich Unternehmen zunehmend gegen die Volatilität der Rohstoffmärkte absichern. Das führe dazu, dass sich die Preise glätten: „Ich gehe davon aus, dass wir bei Rohstoffen auch künftig eine niedrige Volatilität sehen werden.“
Alles andere als ruhig ging es im vergangenen Jahr an den Edelmetallmärkten zu. Vor allem bei Gold erlebten Anleger im April und Juni 2013 schmerzhafte und so nicht erwartete Einbrüche. Auslöser waren Gewinnmitnahmen und die Ankündigung des damaligen Fed-Präsidenten Ben Bernanke, weniger Geld in die Märkte pumpen zu wollen.
Beides zusammen löste insbesondere bei physisch besicherten Indexfonds eine Verkaufswelle aus. Netto stießen Anleger im vergangenen Jahr laut Berechnungen von Barclays Capital 874 Tonnen Gold über ETFs ab. Das entspricht mehr als 28 Millionen Unzen. Gemessen am durchschnittlichen Goldpreis für 2013 von 1.412 Dollar entspricht das einem Mittelabfluss von 39,7 Milliarden Dollar. Allein das setzte den Goldpreis mächtig unter Druck.
Mittlerweile übersteigt die Nachfrage jedoch wieder das Angebot – einer der Gründe für die im Dezember einsetzende Trendwende. Ein Beispiel sind Gold-ETFs, die im Februar 2014 nach 13 Monaten erstmals wieder Netto-Mittelzuflüsse verzeichneten.
Stark profitiert von der jüngsten Entwicklung haben vor allem Goldminenaktien. Entsprechend ausgerichtete Aktienfonds legten seit Jahresbeginn zeitweise mehr als 40 Prozent zu, bevor es in der zweiten Märzhälfte wieder bergab ging
Lange Zeit waren bei Goldminenbetreibern die steigenden Produktionskosten das Problem. „Das Management vieler Firmen war zu sehr auf steigende Umsätze fokussiert. Gewinne waren zweitrangig – Hauptsache, das Unternehmen wuchs“, erläutert John Hathaway, Manager des Falcon Gold Equity Fund (972376).
Weil alle in die gleiche Richtung marschierten und die Förderung ausbauten, wurden Dienstleistungen und Schürfrechte immer teurer. Vom steigenden Goldpreis konnte die Branche deshalb kaum profitieren. Weil die Firmen daraufhin an der Kostenschraube drehten, sind die Produktionskosten für eine Unze Gold seit 2012 von 1.479 Dollar auf 1.280 Dollar Ende 2013 gefallen.
„Der Teufel liegt aber im Detail“, gibt Minen-Experte Berlenbach zu bedenken. So seien die niedrigeren Kosten vor allem durch geringere Investitionen in Exploration und bestehende Minen erreicht worden, was unweigerlich zu einem Rückgang der Produktion führe. Vor diesem Hintergrund hält er Goldminenaktien für „extrem überverkauft“.
Platin für China
Für eine baldige Erholung spreche die hohe Nachfrage aus China und dass Indien die 2013 erlassenen Einfuhrbeschränkungen für Gold wieder aufheben will. Als weiteren Indikator für einen steigenden Goldpreis sieht Berlenbach, dass die Nachfrage nach Goldmünzen rapide zunimmt: „Die meisten Goldraffinerien arbeiten mittlerweile im 24-Stunden-Takt, um die Nachfrage zu decken.“
Ein weiteres Beispiel für das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage sind die weißen Edelmetalle Platin und Palladium. Beide werden anders als Gold nicht nur von Anlegern nachgefragt, sondern auch von der Industrie verbraucht, die daraus Katalysatoren und Zündkerzen fertigt.
Derzeit vor allem für den chinesischen Markt, wie Schallenberger betont: „Im Januar sind in China mit 1,8 Millionen Wagen mehr Autos verkauft worden als je in einem Monat zuvor.“ Vor neun Jahren waren es lediglich 200.000 Autos pro Monat.
Verschärft wird die Situation durch Besonderheiten auf der Angebotsseite. Eugen Weinberg: „Rund 75 Prozent der Platin-Produktion kommen aus Südafrika. Dort führen allerdings Streiks und politische Unruhen vor den Anfang Mai anstehenden Wahlen zu Produktionsausfällen, die sich auf den Preis auswirken.“
DAS INVESTMENT.com hat die besten und größten Fonds für Rohstoffe und Rohstoffaktien zusammengestellt (siehe unten). Dabei fällt auf: Seit Jahresbeginn hat die Performance wieder deutlich angezogen. Der Drei-Jahres-Vergleich dagegen zeigt, wie stark die Rohstoffmärkte in den vergangenen Jahren gelitten haben.
Betrachtet man zudem die Fünf-Jahres-Performance der Fonds, wird deutlich, dass Anleger bei Rohstoff-Investments grundsätzlich einen längerfristigen Anlagehorizont haben sollten. Bei den Fonds gibt es aber auch Ausreißer. So erzielte der Aktienfonds JB Energy Transition Fund (A0Q6NE) auch über drei Jahre einen Gewinn.
Hintergrund: Fondsmanager Roberto Cominotto sucht nach Wachstumsthemen entlang der gesamten Energiewertschöpfungskette, nicht nur bei Energie-Rohstoffen.
„Das in unserem Portfolio enthaltene US-Unternehmen Mastec etwa baut und unterhält Stromnetze und Pipelines in Nordamerika“, gibt Cominotto ein Beispiel. „Es hat von der Schiefergas- und Schieferöl-Revolution in den USA profitiert und dürfte das auch weiter tun. Der Ausbau der Infrastruktur – also Pipelines, Lager- und Raffinerie-Kapazitäten – steht erst am Anfang.“
Ein anderes Beispiel für eine gute Performance auf Drei-Jahres-Sicht ist der Fonds Robeco SAM Smart Materials von Pieter Busscher. Der Begriff Smart Materials steht für die Auffassung des Fondsmanagers, dass der menschliche Erfindergeist wieder und wieder Lösungen für die Rohstoffknappheit gefunden hat.
„Diese Innovationen, die zu fallenden Rohstoffpreisen führen, wollen wir Anlegern zugänglich machen“, so Busscher. Es geht ihm vermehrt um IT-Lösungen oder Verfahrenstechniken für den Rohstoffe verarbeitenden Sektor.
Der Julius-Bär- und der Robeco-Fonds sind damit gute Beispiele, wie man heutzutage mit einem Rohstoff-Fonds Performance erzielen kann – auch wenn die euphorischen Jahre und der Superzyklus vorbei sind.
Von: Ansgar Neisius
Quelle: DAS INVESTMENT.