Das Investment: Schwellenländer Das passiert, wenn die US-Notenbank die Zinsen erhöht

sjb_werbung_das_investment_300_200SJB | Korschenbroich, 27.07.2015. Wenn die US-Notenbank den Leitzins erhöht, spüren das auch die Schwellenländer. Denn deren Zinsniveaus folgen bis zu einem gewissen Grad den Vorgaben der Fed. Das hat Folgen.

Natürlich kommt auch das Thema Nummer 1. Es beschäftigt Investoren derzeit am stärksten, wenn sie an die globalen Schwellenländer denken: Was passiert, wenn die amerikanische Notenbank, die Fed, den Leitzins zum ersten Mal nach sechs Jahren wieder anhebt?

Deshalb kommt das auch auf den Tisch, als die Fondsgesellschaft AB Investoren in Hamburg zusammenruft. Markus Peters wirkt ziemlich jugendlich und sieht so gar nicht aus wie ein Senior-Portfoliomanager für Anleihen. Ist er aber. „Unternehmen aus den Schwellenländern sind nicht mehr so anfällig gegenüber einem steigenden Dollar wie früher“, versucht er, den Anwesenden Mut zu machen.

Steigende US-Zinsen eingepreist

Ein steigender Leitzins betrifft die globalen Schwellenländer dennoch auf mehreren Wegen. Einerseits macht er Zinsanlagen in den USA interessanter und lässt Geld aus der Neuen in die Alte Welt zurückfließen. Genaue Zahlen gibt es hierzu nicht. Der Internationale Währungsfonds (IWF) meldet aber, dass von 2009 bis 2013 rund 4,5 Billionen Dollar als Kapital in Schwellenländer flossen. Allerdings zitiert AB-Mann Peters eine Studie von Barclays, nach der 85 Prozent jenes Geldes von eher langfristig orientierten institutionellen Anlegern kommen.

Seit etwa 2005 laufen US-Renditen und Renditen für Schwellenländeranleihen verstärkt im Gleichschritt. Allein deshalb, weil US-Renditen als risikofreier Maßstab für Dollar-Anleihen aller Art gelten. Allerdings nahm der Gleichlauf in den vergangenen zwei Jahren wieder ab, die Schwellenländerrenditen zogen kräftig an, während die USA auf der Stelle traten. Was bedeutet, dass Erstere schon einiges vorweggenommen haben, eben weil jeder schon mit steigenden Zinsen rechnet. Wie es an der Börse immer heißt: Steigende US-Zinsen sind zum großen Teil eingepreist.

Steigender Dollar trifft nicht alle

Hinzu kommt die wirtschaftliche Komponente. Mit steigendem Leitzins und drehendem Geldstrom dürfte der Dollar gegenüber lokalen Schwellenländerwährungen weiter aufwerten. Damit wächst der Schuldenstand jener Unternehmen, die internationale Anleihen ausgegeben haben. Denn die notieren in Dollar. Laut Markus Peters sind das 1,6 Billionen Dollar, mehr als der US-Markt für Hochzinsanleihen. Hier hat jemand die Renditesuche von Investoren weidlich genutzt.

Der Dollar-Effekt greift aber unterschiedlich stark. Profiteure sind Unternehmen, die ihre Ausgaben in Landeswährung begleichen und ihre Waren für Dollar verkaufen. Wenn der Dollar aufwertet, verdienen sie mehr, die Kosten bleiben konstant, die Gewinnmarge steigt. Das gilt besonders für die Rohstoff-Branche. Demgegenüber stehen Telekommunikation, Medien und Fluggesellschaften. Sie zahlen in Dollar, zum Beispiel Kerosin, und verdienen in Landeswährung – und sehen härteren Zeiten entgegen.

Wenn Schuldenberge wachsen und Zinsen steigen, sinkt die Bonität von Unternehmen. Das kann die Bankenbranche in Mitleidenschaft ziehen. Die niedrigsten Eigenkapitalquoten beobachtet der IWF in China, Indien und Russland. Vorhandene Verlustpuffer seien zuletzt am stärksten in Indien, Russland und der Türkei geschmolzen.

Staaten leiden dann, wenn sie mehr in Dollar verschuldet sind als in ihrer Landeswährung und mehr Geld für ihren Haushalt ausgeben, als sie einnehmen. Wenn sie also auf Zuschüsse aus dem Ausland angewiesen sind. Wen das besonders betrifft, darüber scheiden sich wieder die Geister. Gesetzt sind Brasilien, die Türkei und Südafrika. Als weitere Kandidaten gelten Indonesien und Mexiko.

Zinsanstieg im September?

Doch wann ist es eigentlich so weit? Eine Zeit lang standen die Wetten für den Juni recht gut – bis zum Juni. Jetzt ist der September im Gespräch. Könnte aber auch der Januar werden. Mit einem Satz: Keiner weiß es. Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, findet, dass die US-Wirtschaft nur wenige Argumente für steigende Zinsen liefert. Insbesondere die geschaffenen Arbeitsplätze – ein Lieblingsindikator von Fed-Chefin Janet Yellen – seien hauptsächlich Niedriglohn-Jobs.

Allerdings werde die Fed den Leitzins im September trotzdem erhöhen, allein, um glaubwürdig zu bleiben. Jim Balfour schätzt, dass sich die Fed ab September an den für die langsame Erholung geeigneten Zinssatz herantasten wird. „Wir schätzen, dass sie den Zinssatz um einen Prozentpunkt pro Jahr erhöhen wird, das ist halb so schnell wie im letzten Zyklus“, sagt der Chefvolkswirt des amerikanischen Anleihespezialisten Loomis Sayles.

Von: Andreas Harms

Quelle: DAS INVESTMENT.

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