Das Investment: Robo-Advising und Berater-Tools: Wie Blackrock die Digitalisierung der Finanzbranche vorantreibt

sjb_werbung_das_investment_300_200Wer als Asset Manager die Digitalisierung der Finanzbranche als Chance versteht, rückt bestenfalls näher an den Anleger. Der größte Vermögensverwalter der Welt, Blackrock, hat schon seine Fühler ausgestreckt. Dennoch bleibt der Gang ins Netz nur ein Teil der Vertriebsstrategie.

Bo Lu hat aus dem Fehler seiner Eltern gelernt. Vor über zehn Jahren musste er mit ansehen, wie sie zunächst über ihre Aktienanlagen reich werden und kurze Zeit später im Hightech-Crash wieder alles verlieren. Ein weiteres Schlüsselerlebnis hat er, als er etwas später bei Microsoft arbeitet. Auch seine Freunde machen in dieser Zeit erstmals in ihrem Leben Geld – und wissen nicht, wohin damit. Wie startet man die private Altersvorsorge? Wie spart man? In den USA gibt es hierfür sogenannte Individual Retirement Accounts und 401k-Pläne. Aber wie richtet man die ein?

Auf der Suche nach einem Finanzberater stieß Lu auf zwei Sorten: Berater, die erst ab einer halben Million Dollar tätig werden. Und Berater, die in erster Linie Lebensversicherungen und Kredite verkaufen wollen, natürlich gegen Provision.

Lu und sein Freund Jon Xu reagierten und gründeten 2010 die Online-Beratung Future Advisor. Grundlage sind Algorithmen mit wissenschaftlichem Unterbau.

Eine der fünf besten Finanz-Apps

Jeder noch so kleine Sparer bekommt hier Beratung. Für private Altersvorsorge ist sie kostenlos, bei der Vorsorge fürs Studium auch. Sonstige Geldanlagen kosten 0,5 Prozent Provision im Jahr. Anlageinstrumente sind die kostengünstigen Indexfonds, ETFs. „CNN Money“ nennt die bislang nur im amerikanischen App-Store erhältliche Software „eine der fünf besten Finanz-Apps“. Heute – fünf Jahre später – gehört Future Advisor zum wohl größten Finanzkonzern der Welt: Blackrock.

Lu und Xu und nun auch Blackrock sind in eine Marktlücke gesprungen, für die es inzwischen den Begriff Robo-Advising – Roboter-Beratung – gibt. Im Juni knackten sie die Marke von 600 Millionen Dollar verwaltetem Vermögen.

Wer sich ansieht, wie viele Privatanleger sich in Großbritannien keine Beratung mehr leisten können, seit dort Provisionen verboten wurden, der kann annähernd das Marktpotenzial einschätzen, das in der Robo-Beratung schlummert. Sie ist nichts anderes als die Demokratisierung der Anlageberatung.

Auch hierzulande sind der andauernde Knatsch um Provisionen und die natürliche Sparsamkeit der Deutschen zwei gute Argumente für Tipps aus dem Rechner. Wann Blackrock das Future-Advisor-Modell nach Deutschland importiert, ist noch offen. Aber es wird wohl passieren: „Die Technologie von Future Advisor soll im B2B-Geschäft unseren Kunden wie Banken und Vermögensverwaltern helfen, ihr Geschäft weiterzuentwickeln“, sagt Peter Scharl, Chef der ETF-Tochter iShares in Deutschland, Österreich und Osteuropa.

Der Schritt in Richtung Robo ist nur ein Teil der aktuellen Vertriebsoffensive von Blackrock. In Deutschland wird gerade die Web-Site generalüberholt. „Finanzberater sollen neue Tools für die tägliche Praxis bekommen, um Kunden besser beraten, aber auch die Portfolios analysieren zu können“, kündigt Christian Machts, Vertriebschef für Privatkunden, an. Für 2016 stehen unter anderem die Themen digitale Technologie, Portfolioanalyse und Verrenten von Vermögen an.

Einen wichtigen Coup landete Blackrock, als es den ehemaligen Chefvolkswirt der UBS Investmentbank, Martin Lück, an Bord holte. „Er soll mit Kunden in Kontakt stehen und damit unseren Service weiter verbessern“, sagt Machts. Lück soll auch der erste Blogger auf der generalüberholten deutschen Web-Site werden. Weitere sollen folgen.

Ist das alles nötig? Wahrscheinlich, denn der deutsche Investment-Markt ist hart umkämpft. Wobei Blackrock aus einer komfortablen Position heraus agiert. Das stellt man fest, wenn man sich mit Kunden unterhält. Deutsche Privatbanken haben ihren Fondsvertrieb heutzutage normalerweise für alle möglichen Anbieter geöffnet. „Open Architecture“ nennen sie das. Wer besonders gut bei Produkten und Vertriebsservice ist, kann strategischer Partner werden.

GRAFIK: Blackrock und die Banken

Im besten Sinne unauffällig

Die Deutsche Bank hat rund zehn solcher Partner: „Blackrock ist unter den ausländischen Anbietern der erste und bisher einzige, der in Deutschland quasi Heimatmarktstatus erreicht hat. Die Aufstellung von Blackrock bei Produkten, Vertriebsunterstützung aber auch Marketing und Kommunikation ist extrem breit und kann sich zum Teil mit inländischen Asset-Managern messen“, sagt Arnd Seybold, Produktmanager für Investmentfonds.

Dass kein Fondsmanager in Frankfurt sitzt und alles in London gemanagt wird? Kein Problem, meint Seybold: „Man hat trotzdem schnellen Zugriff auf die Portfoliomanager. Entweder per Videokonferenz, oder persönlich, indem sie kurzfristig eingeflogen werden.“ Ein weiterer Vorteil von Blackrock sei einer, den man auf den ersten Blick gar nicht sieht. „Die Fondsabwicklung ist im besten Sinne des Wortes unauffällig“, erzählt Seybold.

Auch Gerrit Weber ist vom reibungslosen Service angetan. „Blackrock ist seit vielen Jahren bei uns strategischer Partner“, sagt der Fachbereichsleiter für Produkte bei der Commerzbank. „Es hat eine große und gute Produktpalette und einen guten Vertriebsservice. Das Gesamtpaket stimmt.“ Weber ist es wichtig, dass eine Fondsgesellschaft den Anleger versteht und die richtige Sprache spricht. Präsentationen und Kundenveranstaltungen sind immer wieder die Probestücke für solche Kriterien. Aber auch wenn er selbst oder sein Team Fragen haben. „Sie sind dann einfach schnell zur Stelle“, so Weber.

Was die Produktpalette betrifft, so hat sich Blackrock nicht zuletzt durch mehrere geschickte Übernahmen in eine starke Position gebracht. 2006 kaufte es Merrill Lynch Investment Managers inklusive deren legendärem Rohstoff- und Goldaktienteam. Der Blackrock World Gold und der Blackrock World Mining Fund wurden Milliarden-Seller. Das hat sich mit den fallenden Rohstoffpreisen erst einmal erledigt.

Dafür trumpft Blackrock nun in anderen Kategorien auf. Mit iShares und seinen 1,1 Billionen Dollar verwaltetem Vermögen hat es den Weltmarktführer für Indexfonds in der Palette. Das ist mehr als doppelt so viel wie beim Zweitplatzierten Vanguard. Die Popularität führt so weit, dass der Vertriebsmann eines ETF-Konkurrenten einmal seufzend eingestand, dass man in Asien ein Gespräch manchmal gar nicht erst zu beginnen braucht. Denn man ist ja nicht iShares.

Und nicht zuletzt liefern auch die normalen, aktiv gemanagten Fonds immer ernst zu nehmende Ergebnisse ab. Die Leistungen bei europäischen Aktien sind beachtlich, ebenso wie bei Rentenfonds, was vor allem das Team um Rentenchef Michael Krautzberger zu verantworten hat. „Aber auch wenn man in anderen Anlagekategorien sucht, stößt man immer wieder auf Fonds von Blackrock“, meint Commerzbank-Mann Weber. Arnd Seybold ergänzt: „Eine Zeit lang basierten die Vertriebserfolge ausschließlich auf Energie- und Rohstoffaktienfonds. Es hat wirklich lange gedauert, bis auch in anderen Asset-Klassen ernstzunehmende Produkte in Erscheinung traten. Heute ist Blackrock ein Vollanbieter.“

Aber es gibt auch eine Schwäche, die selbst Vertriebsmann Christian Machts einräumt: „Es sind deutsche Aktien, da haben wir bisher nur den Dax-ETF von iShares.“ Sollte man diese Lücke vielleichtmal schließen? „Ich weiß nicht“, sagt Machts. „Die Konkurrenz aus Deutschland ist sehr stark.“ Lieber konzentriere man sich auf andere Felder: Bei Multi-Asset-Fonds und alternativen Anlagen soll demnächst noch einiges passieren, ebenso wie bei nachhaltigen Anlagen. Letztere fragten vor allem institutionelle Anleger zunehmend nach.

So ein anderes Feld bestellt das Scientific-Active-Equity-Team. Die Truppe von Teamchef Ken Kroner geht nämlich tatsächlich wissenschaftlich vor. Und manchmal liegen die Gedanken derart offen auf der Hand, dass es schmerzt, dass man da nicht selbst drauf kommt. Zum Beispiel der enorm hohe Gleichlauf zwischen Google-Suchanfragen nach Autos und dem tatsächlichen weltweiten Autoabsatz. Als die Griechenland-Krise tobte, verfolgten die Wissenschaftler die Sache über Twitter und bekamen die weltweite Stimmung genau mit. Und es ist ja bekannt, dass sich die Börse zu einem sehr großen Teil nach Stimmungen richtet.

Und pikanterweise beobachtet das Team auch die Geldströme in Indexfonds – ausgerechnet bei Blackrock – und ermittelt daraus Fehlbewertungen. So ging ein guter Teil des jüngsten Kursanstiegs der Aktie des Biotech-Unternehmens Qiagen darauf zurück, dass es im Tec-Dax zu über 9 Prozent gewichtet ist. An besonders tollen Unternehmenszahlen kann es nämlich nicht gelegen haben, Qiagen hatte keine. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis blies sich von knapp über 20 auf mittlerweile fast 40 auf. Sowas kann man auch mal leerverkaufen und damit auf Kursverluste setzen. „Alpha erzeugen in zunehmend passiven Märkten“, nennt das Team das.

Wirklich marktneutral

Drei sauber gemanagte Long-short-Fonds sind inzwischen auf dem Markt, einer für Europa, einer für Amerika – inklusive Schwellenländern – und einer für die globalen Industrieländer. Alle drei erfüllen die europäische Fondsrichtlinie Ucits. Die beiden erstgenannten sind marktneutral aufgestellt, Long- und Short-Positionen halten sich also die Waage. Das führte insbesondere dazu, dass sie zwar im Blick auf den gesamten Börsenaufschwung der vergangenen Jahre hinter den Marktindizes zurückliegen.

Doch in den Turbulenzen im Sommer 2015 zeigte sich die Widerstandsfähigkeit des Managementansatzes. Denn da blieben die Fonds stabil. Die jüngste Historie hat der globale Fonds, wenngleich es seine Strategie für institutionelle Anleger schon seit Dezember 2012 gibt. Bei ihm darf das Verhältnis zwischen long und short zwischen minus 10 und plus 40 Prozent atmen. Die ersten Daten sehen vielversprechend aus.

Was kommt in dieser Richtung noch? „Wir haben gerade bei marktneutralen Strategien noch viel in der Pipeline“, kündigt Machts an. Das werde verschiedene Anlageklassen betreffen: Anleihen, Aktien, Mischmandate.

Von: Andreas Harms

Quelle: DAS INVESTMENT.

Siehe auch

FondsProfessionell: FFB-Chef: “Wir bleiben Teil von Fidelity”

Fidelity sucht einen Käufer für die FIL Fondsbank (FFB), hieß es im Sommer 2023. Doch das ist Geschichte, sagt FFB-Geschäftsführer Jan Schepanek im Interview mit FONDS professionell. Im Gespräch erläutert er, wie es zu dieser Entscheidung kam – und welche Pläne er mit der Fondsplattform hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert