Das Investment: Warum sich bei Rentenfonds neue Investitionsstrategien durchsetzen

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 29.08.2012. Ein risikoloser Zins ist Vergangenheit. Wer Rendite will, muss Risiken akzeptieren. Chancen bietet das Anleiheuniversum genügend. Wer Anleihen investiert, gibt den Emittenten einen Kredit und bekommt dafür Zinsen. Das ist der Regelfall.

Die anhaltende Staatsschuldenkrise zeigt aber, dass Extremsituationen manche Regeln außer Kraft setzen. Zurzeit können sich einige Staaten völlig umsonst Geld leihen und bekommen noch eine Prämie obendrauf.

So erzielte die Deutsche Finanzagentur – die Anleihen für den deutschen Staat emittiert – im Juli bei einer zweijährigen Anleihe einen Gewinn. Die Rendite für Investoren lag bei minus 0,06 Prozent. Zuvor war eine Negativverzinsung im Primärmarkt, also bei Emission, nur bei kürzer laufenden Papieren vorgekommen. Am Sekundärmarkt, wo laufende Anleihen gehandelt werden, gab es schon dreijährige deutsche und sogar fünfjährige Schweizer Anleihen mit Negativrendite.

Keil in der Eurozone

Darauf spekulieren in diesem Fall aber wohl die wenigsten Käufer. Für Kapitalerhalt sind manche Investoren zudem bereit, eine kleine kalkulierbare Prämie zu zahlen. Würde es zum Äußersten kommen und der Euro untergehen, könnten Besitzer von deutschen Bundesanleihen gut dastehen. Denn die Staatsschuldenkrise hat einen Keil in die Eurozone getrieben.

Während deutsche und finnische zehnjährige Anleihen im Juli nur noch eine Rendite von unter 1,5 Prozent abwarfen, gab es bei Zehnjährigen aus Italien über 5 Prozent. Spanische Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren überschritten die 7-Prozent- Marke, irische rentierten mit rund 8 Prozent, portugiesische mit 10 Prozent. Spekulanten konnten griechische Papiere mit über 25 Prozent Rendite kaufen.

Zwar müssen Anleger bei den langjährigen Anleihen der Stabilitätsanker Europas noch keinen Negativzins akzeptieren – das gilt aber nur nominal. Die reale Rendite, also nach Abzug der Inflation, ist schon seit Längerem negativ. Das Anlagevermögen steigt zwar in absoluten Zahlen, verliert aber mit der Zeit dennoch  an Wert.

Und solange die Schuldenkrise anhält, dürfte sich am Niedrigzins nichts ändern. Die Europäische Zentralbank stufte den Leitzins für die Eurozone Anfang Juli noch einmal herab – auf 0,75 Prozent. Damit bleibt EZB-Chef Mario Draghi immerhin noch etwas Spielraum nach unten.

Sein US-Kollege Ben Bernanke hat diesen bereits ausgereizt. Seit Dezember 2008 steht der US-Leitzins bei maximal 0,25 Prozent. Bernanke kündigte an, den Zins weiter auf sehr niedrigem Niveau zu belassen und so günstige Finanzierungsmöglichkeiten anbieten zu können.

Zurzeit besteht allerdings auch kein Bedarf an einem höheren Zins. Denn das schwächelnde Südeuropa bringt nicht nur die Eurozone ins Wanken. „Was heute in Europa passiert, betrifft auch den Fischer im Senegal und den Programmierer in Indien“, so Jim Yong Kim. Der Präsident der Weltbank befürchtet eine globale Rezession, sollte die Eurokrise weiter aus dem Ruder laufen.

Nicht nur die USKonjunktur kühlt sich wieder ab, die aufstrebenden Volkswirtschaften wachsen auch nicht mehr so dynamisch wie zuvor.

Brasiliens Regierung senkte kürzlich ihre Wachstumsprognose für 2012 von 4,5 auf 3 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht in seinem aktuellen China-Bericht eine Beeinträchtigung für die Wirtschaftsleistung des Landes durch die Eurokrise. Im zweiten Quartal wuchs die chinesische Wirtschaft um 7,6 Prozent – das ist im Vergleich zu Industriestaaten viel, aber weniger als im vergangenen Jahr.

Der IWF rechnet für das Gesamtjahr mit 8 Prozent. Für Staatsanleihen der Schuldner mit Top-Bonität bedeutet die schwächelnde Weltwirtschaft, dass ein deutlicher Anstieg der Renditen so bald nicht zu erwarten ist und kurzfristig eventuell sogar noch Kursgewinne erzielbar sind. Als langfristige Anlage haben die Papiere aber an Attraktivität verloren.

Es droht das zinslose Risiko

„Was einmal risikolos war, ist es heute nicht mehr. Das Angebot an erstklassigen Anleihen ist deutlich geschrumpft“, so Uwe Fuiten. Der Investmentchef der WestLB Mellon Asset Management KAG sieht die Anleihewelt im Wandel und steht damit nicht allein.

Für viele Experten bieten erstklassige Staatsanleihen heute keinen risikolosen Zins mehr, sondern nur noch ein zinsloses Risiko. Selbst erstklassige Anleihen sind nicht vor allem gefeit. Die USA verloren bereits im vergangenen Jahr ihr AAA-Rating von Standard & Poor‘s. Moody’s rüttelte im Juli am deutschen Top-Rating und setzte den Ausblick von stabil auf negativ.

Für viele Anleger reichen die minimalen Erträge nicht mehr. „Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als stärker ins Risiko zu gehen“, so Fuiten. Gerade institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds, die ihre Langfristverbindlichkeiten bisher mit Top-Staatsanleihen gedeckt haben, müssen umdenken. Der weltweite Anleihemarkt bietet dafür viele Facetten und ausreichend Renditechancen.

Auch private Anleger können das Spektrum nutzen. Oft nicht direkt, wohl aber über Fonds. Allein die Mitglieder des deutschen Fondsverbands BVI hatten Ende 2011 mehr als 1.500 Rentenfonds im Angebot.

Die Auswahl ist nicht nur groß, sondern auch sehr vielfältig. Sogar Nischen wie inflationsindexierte Anleihen, hochverzinsliche asiatische Anleihen oder Rentenpapiere in bestimmten Währungen wie die Norwegische Krone werden über einzelne Fonds abgebildet.

Ebenso gibt es Allround-Fonds, wie den M&G Global Macro Bond, die fast alle Instrumente des weltweiten Rentenmarkts flexibel und der Marktlage angepasst einsetzen können.

Auf der Suche nach Rendite stehen zurzeit vor allem zwei Bereiche im Fokus der Investoren: hochverzinsliche Unternehmensanleihen und Schwellenländeranleihen. Sie zählen zu den Credits oder Spread-Produkten. Hier steht nicht das Zins- sondern das Kreditrisiko (Spread) der Anleihe im Vordergrund.

Der Spread ist der Abstand zwischen dem „risikolosen“ Zins und der tatsächlichen Rendite der Anleihe. Er hängt von der Bonität des Emittenten ab: Je schlechter die finanzielle Lage, desto höher der Spread. Hochzinsanleihen (High Yields) haben Bonitäts- Ratings im spekulativen Bereich und ein entsprechend hohes Kreditrisiko, das die Emittenten mit einem höheren Zinskupon bezahlen müssen.

Euro-High-Yields starten durch

Der europäische High-Yield-Markt hat sich erst im vergangenen Jahrzehnt herausgebildet. Mittlerweile umfasst das Angebot an Euro-High-Yield-Bonds ein Volumen von rund 130 Milliarden Euro, das zu fast 90 Prozent von europäischen Schuldnern stammt. Allein im ersten Quartal 2012 wurden neue Anleihen für rund 10 Milliarden Euro emittiert.

Eine schlechtere Bonität der Emittenten schlägt sich in einer höheren Ausfallrate nieder. Besonders in Krisenzeiten steigt diese an. 2009 ist sie in die Höhe geschossen und lag weltweit bei 13 Prozent. Für das vergangene Jahr meldete Moody’s eine Ausfallquote für globale High Yields von unter 2 Prozent. Die Schätzung für Ende 2012 liegt bei 3,1 Prozent.

Historisch gesehen korrelieren High Yields relativ stark mit Aktien – stärker als mit Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen guter Schuldner. Aktuell ist ein solcher Gleichlauf allerdings in Euroland nicht zu beobachten. Bis März stiegen die Anleihen mit den Aktien kräftig nach oben, wo sie auch blieben, während die Aktienkurse einbrachen. Bis Mitte Juli lagen Euro-High-Yields rund 12 Prozent im Plus, der Aktienindex Eurostoxx 50 hingegen im Minus.

Während in den Industrieländern die Schulden scheinbar unaufhaltsam steigen – schon jetzt liegt die durchschnittliche Schuldenquote bei rund 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) –, glänzen die Emerging Markets mit niedrigen Schulden. Sie sind im Schnitt nur zu rund einem Drittel ihres BIP verschuldet. Der IWF sieht diese bereits sehr große Schere künftig noch weiter auseinanderklaffen.

Ein gegensätzlicher Trend ist ebenfalls bei den Ratings festzustellen: Für Industrieländer geht’s nach unten, Schwellenländer werden heraufgestuft. Schon jetzt haben viele eine Investmentgrade-Bewertung. Dennoch zahlen sie den Investoren höhere Zinsen für ihre Anleihen. Eine zusätzliche Einnahmequelle ermöglichen Währungsgewinne, wenn die Anleihen in Lokalwährung aufgelegt sind. Darauf setzt etwa der Pictet-Emerging Local Currency Debt.

Wie High Yields bergen auch Schwellenländeranleihen ein erhöhtes Risiko. Jim Leaviss, Rentenchef der britischen Investmentgesellschaft M&G, sieht die Schwellenmärkte durch die hohen Zuflüsse von Rendite suchenden internationalen Investoren in Gefahr. In manchen Ländern hielten ausländische Investoren bereits große Anteile am Anleihekuchen in Lokalwährung. Sollten sie Gelder abziehen und zurück in die Industrieländer flüchten, könnte das laut Leaviss Folgen wie eine geringere Liquidität, höhere Kreditkosten und Währungsabwertungen haben.

Sobald sich eine Krise ankündigt, wandern High Yields und Schwellenländeranleihen mit als erstes aus den Depots. Fundamentaldaten – und mögen sie noch so vielversprechend sein – spielen dann eine Weile keine Rolle mehr, sondern nur psychologische Faktoren.

Begrenzen lassen sich die Risiken zum Beispiel durch ein Durationsmanagement, das auf kurze Laufzeiten setzt, wie es der Euro Credit Short Duration von WestLB Mellon Asset Management umsetzt. Ein gewisses Risiko ist aber in der neuen Anleihewelt zu akzeptieren – sonst gäbe es keine Rendite.

von Sabine Groth

Quelle: DAS INVESTMENT.

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