Das Investment: Regulierungs-Durcheinander: BVI fordert Verschnaufpause

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 26.02.2015. Die deutsche Fondsbranche feiert ein Rekordjahr, und trotzdem gibt es noch viel zu tun. Zum Beispiel könnte die Regierung bei der Regulierung eine Pause einlegen und das Erreichte aufeinander abstimmen. Den Fondsverband BVI würde das freuen – und er lieferte auf seiner Jahrespressekonferenz auch gleich mal ein paar Vorschläge.

Um die kniffeligen Dinge geht es erst im zweiten Teil der jährlichen Pressekonferenz des Investmentverbands, BVI. Davor kommen erst einmal die statistischen Standards, und die können sich sehen lassen: Es war ein starkes Jahr für die Fondsbranche. 123,4 Milliarden Euro sammelte sie von deutschen Anlegern – institutionelle und private – im abgelaufenen Jahr in Deutschland netto ein. 2.382 Milliarden Euro verwaltete sie am Jahresende. Davon liegen 788 Milliarden Euro in Publikumsfonds und 1.231 Milliarden Euro in Spezialfonds. Rekordzahlen sind das. Allesamt.

Die liebsten Kategorien unter den Publikumsfonds waren Mischfonds und Rentenfonds mit Zuflüssen von 22,7 und 16,9 Milliarden Euro. Aus Aktienfonds zogen Privatanleger hingegen 10,2 Milliarden Euro netto ab. Das kennt man schon ein bisschen aus den vorherigen Jahren. Nur dass diesmal allein 8,2 Milliarden Euro aus dem Dax-Indexfonds von iShares abflossen. Ein Großanleger hatte sein Depot umgebaut.

Doch nach diesem Rekordrausch geht BVI-Geschäftsführer Thomas Richter auf die Lobby-Arbeit ein. Etwas später in der Fragerunde wird er noch einmal klarstellen: „Wir waren nie gegen Regulation.“ Der Staat sei bei seinen zwei Zielen – dem Verbraucherschutz und dem Schutz vor systemischen Risiken – ein gutes Stück weitergekommen. Nur sei jetzt die richtige Zeit, das Erreichte zu konsolidieren und aufeinander abzustimmen. „Einige Sachen passen noch nicht zusammen“, so Richter. Zudem müsse man Regeln korrigieren, die den Wettbewerb verzerren und falsche Anreize setzen.

Ein Beispiel ist das Beratungsprotokoll. Für Wertpapiere braucht man es, für Lebensversicherungen, Bausparverträge und Konten braucht man es nicht. „Damit entsteht eine unbeabsichtigte Lenkungswirkung“, bemängelt Richter. Berater würden häufig den Weg des geringsten Widerstands wählen, also ohne Protokoll. Man müsse die Protokollregeln deshalb überarbeiten.

Weiter geht es bei den Vertriebsregeln für Fonds laut Richtlinie Mifid II und für Versicherungen laut IMD II. Demnach müssen Zuwendungen für einen Fondsberater die Beratungsqualität ausdrücklich steigern. Bei einem Versicherungsberater reicht es aus, dass solche Finanzbonbons für den Kunden einfach nur keinen Nachteil erzeugen. Und weiter: Laut Mifid II dürfen unabhängige Berater keine Provisionen nehmen, in IMD II taucht so ein Verbot gar nicht auf. Nur zwei Beispiele für zweierlei Maß.

Und nicht zuletzt bringt Richter ein Beispiel für das dissonante Steuerrecht, das Aktionäre benachteiligt. So wird eine Dividende, bevor sie dem Anleger zufließt, um je 15 Prozent Körperschaft- und Gewerbesteuer gekürzt. Für die übrigbleibenden 70 Prozent muss der Anleger noch Abgeltungssteuer und Soli-Zuschlag zahlen. Macht eine Steuerquote von fast 50 Prozent. Bei Anleihen muss das Unternehmen hingegen gar nichts abführen. Lediglich der Anleger zahlt Abgeltungsteuer und Soli. Ein nicht ganz neues Rechenbeispiel. Aber es zeigt, dass noch viel zu tun bleibt.

Eine beeindruckende Seite seiner Präsentation zeigt, welche Risiken eine Fondsgesellschaft welcher Behörde wie oft melden muss. Es sind fünf Behörden, die Seitenzahl der abzugebenden Meldung schwankt zwischen einer und 23, und der Zeitraum zwischen monatlich, jährlich und je Transaktion. „So etwas muss vereinheitlicht werden“, fordert Richter.

Weitere Punkte, die der Geschäftsführer moniert, sind Alleingänge einzelner Länder und Regulierungen, die sich gegenseitig widersprechen. „Seit der Finanzkrise haben wir 98 Regulierungsvorhaben auf dem Tisch gehabt“, berichtet er. „Man läuft Gefahr, sich zu verstricken.“

In der Fragerunde geht es schließlich noch darum, wo die Grenzen von Produktvergleichen liegen. „Wenn sich Produkte stark unterscheiden“, antwortet Richter. Zum Beispiel sei es schwierig, die Kosten von Fonds und Versicherungen in vergleichbare Kennzahlen zu fassen.

Irgendwo hat offenbar auch die schönste Harmonisierung ihre Grenzen.

Von: Andreas Harms

Quelle: DAS INVESTMENT.

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