Degroof Petercam | Brüssel, 17.09.2018.
Mit Anleihen, deren Verzinsung regelmäßig an die Entwicklung der Marktzinsen angepasst wird, können sich Anleger für steigende Zinsen in Europa positionieren. Durch ihre geringe Preissensitivität sowie die niedrige Korrelation mit dem breiten Anleihenmarkt eignen sich variabel verzinste Anleihen zur Diversifikation von Anleihenportfolios.
Höhere Zinsen voraus
Wer im extremen Niedrigzinsumfeld mit Anleihen Geld verdienen will, ist gezwungen ins Risiko zu gehen. Im Gegensatz zu den meisten Staatsanleihen bonitätsstarker Industrieländer lassen sich mit höher bis hoch verzinsten Emissionen von Unternehmen oder Schwellenländern attraktive Renditen erzielen. Jedoch passen die Risikoprofile solcher Anleihen nicht immer zu den Risikopräferenzen der Anleger. Außerdem erfordern Hochzinsportfolios eine gute Marktkenntnis und die Fähigkeit, Staats- und Unternehmensrisiken zu beurteilen sowie Laufzeiten aktiv zu managen – vor allem für viele Privatanleger keine einfache Angelegenheit.
Mit Blick nach vorne ergeben sich mit variabel verzinsten Anleihen – sogenannten Floating Rate Notes (Floatern) – gute Alternativen. Floater zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass ihre Grundverzinsung regelmäßig an das aktuelle Marktniveau, wie zum Beispiel den Euro-Geldmarktsatz EURIBOR, angepasst wird. Je nach Anleiheemission erhalten Anleger zusätzlich einen Aufschlag. Dieser ergibt zusammen mit der Geldmarktverzinsung die Gesamtverzinsung eines Floaters. „Mit variabel verzinsten Anleihen profitieren Anleger ganz automatisch von steigenden Marktzinsen“, sagt Steven Decoster, Senior-Portfoliomanager Fixed Income bei Degroof Petercam AM. „Ein Umfeld steigender Zinsen erhöht die Attraktivität von Floatern im Vergleich zu herkömmlichen Anleihen mit fixem Kupon. Der Spread europäischer Floater gegenüber sicheren Staatsanleihen liegt aktuell durchschnittlich bei ca. 0,7 Prozent“.
Weniger volatil als Anleihen mit fester Verzinsung
Während die Preise von Anleihen mit fixem Kupon mitunter stark schwanken können, wenn sich die Marktzinsen ändern, zeigen sich die Kurse von Floatern mit gleicher Laufzeit deutlich robuster. Zur geringen Volatilität von Floatern tragen die vierteljährliche Anpassung der Grundverzinsung an das kurzfristige Marktniveau – entsprechend einer Duration, die quasi bei Null liegt – sowie die kurzfristigen Laufzeiten der Papiere bei, deren Endfälligkeiten in der Regel zwischen einem und fünf Jahren liegen.
Die geringere Anfälligkeit von Floatern lässt sich anhand eines Extrembeispiels verdeutlichen: Zwischen August und Oktober 2008, also unmittelbar nach Ausbruch der Finanzkrise, büßten festverzinsliche Investment Grade-Unternehmensanleihen acht Prozent an Wert ein, während variabel verzinste Anleihen von Emittenten guter Bonität im gleichen Zeitraum nur vier Prozent verloren.
Geringe Korrelation zum Gesamtmarkt
„Neben der relativ geringen Preissensitivität trägt auch die geringe Korrelation mit dem gesamten Anleihenmarkt zum Diversifikationseffekt bei, den Floater als Bausteine in einem Bondportfolio bieten“, sagt Steven Decoster. Der Rentenexperte verweist in diesem Zusammenhang auf die geringe Korrelation mit dem JPM EMU Govt Index, der den breiten europäischen Anleihenmarkt repräsentiert. Sie lag zwischen 2005 und 2018 bei nur sieben Prozent. Zum Vergleich: Euro-Staatsanleihen mit fünf bis sieben Jahren Laufzeit korrelierten in diesem Zeitraum zu 94 Prozent mit dem Index, während in Euro begebene inflationsindexierte Anleihen eine Korrelation von 68 Prozent sowie Euro-Investment Grade-Unternehmensanleihen von 62 Prozent aufwiesen.
Floater machen Emittenten attraktiv
Der Markt für variabel verzinste Anleihen ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Lag das Volumen an ausstehenden, von Investment Grade-Emittenten begebenen Floatern im Euro-Raum 2013 erst bei etwa 15 Milliarden Euro, so waren es Ende 2017 bereits gut 70 Milliarden Euro. „2017 kamen über 170 Neuemissionen auf den Markt, darunter von bekannten europäischen Unternehmen wie Inbev, Daimler, Vonovia und Philips“, erläutert Steven Decoster. Für Emittenten erscheinen Floater bei steigenden Marktzinsen zunächst unrentabler, da die Zinslast schließlich steigt. Im Werben um die Gunst der Investoren ist dies jedoch ein Vorteil, der die Attraktivität des Emittenten im Anleihenmarkt insgesamt erhöhen kann. Umgekehrt können Floater den Emittenten Vorteile bringen, wenn sich der Wind an den Zinsmärkten wieder dreht und sinkende Zinsen zu einer geringeren Zinslast führen.
Markt entwickelt sich weiter
Während das Volumen sukzessive gestiegen ist, hat sich in den vergangenen Jahren die Struktur des Marktes für variabel verzinste Anleihen in Europa weiterentwickelt. 2012 beschränkte sich das europäische Floater-Universum ausschließlich auf das Geldmarktsegment mit Laufzeiten bis maximal zwei Jahren. Mittlerweile erstreckt sich das Spektrum auf Laufzeiten bis zu sieben Jahren. Der Löwenanteil (etwa 80 Prozent) liegt aber nach wie vor im Bereich kurzer Laufzeiten bis zu vier Jahren.
Strukturell lässt sich darüber hinaus beobachten, dass der Floatermarkt kontinuierlich ausgewogener wurde in Bezug auf die Emittentengruppen. Während vor zehn Jahren noch über 90 Prozent der Floater-Emissionen von Unternehmen der Finanzbranche getätigt wurden, sind es aktuell nur noch gut 57 Prozent. Wichtige Emittentengruppen sind mittlerweile auch die Sektoren zyklische (14 Prozent) und nicht-zyklische Konsumgüter (neun Prozent).
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