Allianz | Frankfurt, 28.08.2015.
Es war eine hohe Erwartungshaltung spürbar, mit denen sich Investoren in das vorherige Wochenende verabschiedeten. Zunehmend ging man von weiteren geldpolitischen Stimuli aus dem Reich der Mitte aus. Die Erwartungen wurden allerdings jäh enttäuscht und entluden sich unter hoher Volatilität zu Beginn der abgelaufenen Woche. Erst in China, dann rund um den Globus mit Aktienmärkten, die teils ihre Jahresgewinne wieder abgeben mussten. Der DAX sackte auf fast unter9.600 Punkte ab, um sich dann von dort wieder auf über 10.000 Punkte zu erholen.
„Mit der Zinssenkung und gleichzeitig der Aussicht auf weitere geldpolitische Maßnahmen könnte weiterer Druck auf die chinesische Währung zustande kommen.“
Doch die hohen Erwartungen in die Geldpolitik wurden am darauffolgenden Tag erfüllt, denn die chinesische Notenbank (PBoC) senkte zum fünften Mal ihren Leitzins um 25 Basispunkte (Bp) auf 4,6% und schraubte zum dritten Mal jeweils seit November 2014 den Mindestreservesatz für Chinas Banken um 50 Bp auf 18% zurück. Eine starke Erholung an den Aktienmärkten insbesondere in Europa und Asien war die Folge. Berechnungen zufolge dürften durch diese Maßnahmen über 100 Mrd. USD an frischem Kapital in die chinesischen Finanzmärkte gespült worden sein, um das nachlassende Wirtschaftswachstum zu stützen. Die Kehrseite: Mit der Zinssenkung bzw. der Aussicht auf weitere geldpolitische Maßnahmen könnte nach den bereits deutlichen Kapitalabflüssen weiterer Druck auf die chinesische Währung zustande kommen. Allerdings: Während sich fundamental die Lage in China kaum verändert hat und die Sorge eines zu starken Wirtschaftsabschwungs in China anfänglich wieder die Oberhand gewann, scheint sich jedoch das (globale) Sentiment durch den Zinsschritt stabilisiert zu haben, erkennbar an den zum Teil deutlich positiven Aktienmarktreaktionen.
In den USA scheint sich die US-Notenbank (Fed) die Entwicklungen rund um den Globus genau anzuschauen. Die letzten Fed-Protokolle deuten nach wie vor auf eine gewisse Uneinigkeit der einzelnen stimmberechtigten Fed-Gouverneure hin. „Datenabhängig“ will man sein, wie es so schön heißt. Die Erwartungshaltung der Marktteilnehmer hinsichtlich eines Zinsschrittes der Fed im September – gemessen an den bereits in unserer letzten FridayMail angesprochenen Fed Funds Futures – sank zuletzt auf nur noch 26% und für Dezember auf 38% gegenüber 34% bzw. 45% Ende vergangener Woche (siehe Grafik der Woche). Dennoch: Das vom Conference Board gemessene Verbraucher-vertrauen stieg auf den höchsten Stand seit 2008, getrieben insbeson-dere von starken Arbeitsmarktindikatoren. Für sich genommen ein starkes Zeichen an die Fed, dass die US-Wirtschaft einen ersten Zinsschritt gut verkraften könnte.
In Europa zeichnen die vorläufigen August-Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone ein insgesamt konstruktives Bild, das Verbraucher-vertrauen verfestigt sich und der ifo-Index konnte sich in Deutschland ebenfalls verbessern. Zudem wurde das deutsche BIP-Wachstum in der finalen Schätzung mit 0,4% im Quartalsvergleich bestätigt, getrieben primär vom Außenhandel, wenngleich sich der private Konsum weiter als robust erweist. Die gesunkenen Rohstoffpreise spielen hier sicher eine Rolle, zumal die reale Kaufkraft dadurch gestärkt wird. Für die Europäische Zentralbank (EZB) heißt das im Umkehrschluss: Fallende Rohstoffpreise, und damit verbunden fallende Inflationserwartungen, sprechen für eine fortgesetzt nur gedämpfte Inflationsentwicklung – auch, wenn dies mit „Deflation“ sicher nicht zu verwechseln ist. Erste Stimmen für eine Verlängerung des Anleiheaufkaufprogramms der EZB kamen aus der Reihe der Zentralbank selbst bereits auf – die EZB tagt am kommenden Donnerstag, samt Zinsentscheid und Pressekonferenz (siehe politische Ereignisse). Es wird spannend.
Und da wären wir beim Ausblick auf die kommende Kalenderwoche, in der folgende Makrodaten von Interesse sein dürften: In den USA stehen einige Frühindikatoren wie der Chicagoer Einkaufsmanagerindex (Mo) oder der ISM-Einkaufsmanagerindex (Di) an. Insbesondere letzterer dürfte die fortgesetzte Aufwärtsbewegung der US-Konjunktur widerspiegeln. Zusätzlich dürfte ein Hauptaugenmerk der Marktteil-nehmer, aber auch der Fed, in der kommenden Woche auf den Arbeitsmarktzahlen (Mi-Fr) liegen. Die Daten könnten unsere Erwartung einer baldigen Leitzinserhöhung untermauern.
Während im Euroraum neben den vorläufigen Verbraucherpreisdaten (Mo) die Arbeitslosenquote (Di), Einzelhandelsumsätze (Do) und das Q2 BIP-Wachstum (2.Schätzung) veröffentlicht werden, steht in Deutschland der Auftragseingang der Industrie (Fr) im Fokus. In UK dürfte primär der Markit-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitendes Gewerbe (Di) von Interesse sein.
In Asien dürften vor allem die Einkaufsmanagerindizes für China, Indien (beide Di) und Japan (Do) Beachtung finden. Insbesondere jener aus China dürfte mit Argusaugen beobachtet werden. Sollte sich das zuletzt doch angeschlagene Sentiment auch in den Chefetagen der Unter-nehmen widerspiegeln, könnte der Zinsschritt der PBoC wieder schnell verpufft sein und die Sorge einer zu starken Abkühlung der Konjunktur in China wieder aufkommen lassen.
Im Summe scheinen die Anleger – trotz eines besseren Sentiments – in Erwartung höherer Volatilität skeptisch zu bleiben: Der Anteil der „unentschlossenen“ im Markt ist gestiegen. So wurden Put-Optionen zuletzt nicht übermäßig abgebaut, wenngleich wir uns technisch betrachtet – gemäß den Relative-Stärke-Indizes – in einem deutlich überverkauftem Terrain befinden.
Mögen die Erwartungen auf bessere Konjunkturdaten in der kommenden Woche erfüllt werden, meint Ihr
Stefan Scheurer,Vice President, Global Capital Markets & Thematic Research