Pressemitteilung Allianz Global Investors: „Anzeichen einer Bodenbildung?“

teaser_pm-allianz_300_200Allianz | Frankfurt, 19.02.2016.

Zu Wochenbeginn war für die von breit angelegter Risikoaversion betroffenen Finanzmärkte zunächst eine Verschnaufpause angesagt. Ein wichtiger Auslöser hierfür dürfte die Aufwertung des Renminbi (RMB) gegenüber dem US-Dollar (USD) gewesen sein, die auf entsprechende Maßnahmen der chinesischen Notenbank (PBoC) folgte. Dass sich die PBoC gegen den Abwertungsdruck auf die heimische Währung stemmt, spiegelt sich nicht zuletzt in den im Januar um weitere 100 Mrd. US-Dollar (USD) geschrumpften Währungsreserven wider. Sollte sich dieses Tempo fortsetzen, werden Chinas Devisenreserven bis zum Jahresende 2016 um ca. zehn Prozentpunkte auf etwa ein Fünftel der Wirtschaftsleistung bzw. 2,8 Bio. USD gefallen sein.

Handelsgewichtet liegt der Greenback noch immer um ca. 20% höher als im Durchschnitt des zweiten Quartals 2014 – also vor Beginn seiner großen Rallye. Die längerfristige Bewertung gegenüber vielen Währungen ist ambitioniert. China, den Schwellenländern insgesamt, aber auch der US-Wirtschaft dürfte daher zugutekommen, dass der USD trotz der international divergierenden Geldpolitik zuletzt leicht an Stärke eingebüßt hat. Der aggregierte Wert der USD-Long-Positionen fiel auf den niedrigsten Überhang seit Juli 2014. Die wachsenden Zweifel an dem im Dezember 2015 eingeleiteten Zinserhöhungszyklus der Federal Reserve (Fed) sind ein treibender Faktor. Gründe für eine behutsamere Leitzinsnormalisierung bestehen dem Fed-Protokoll von Mittwoch zufolge zwar durchaus. Dass an den Börsen mittlerweile über eine Rezession und die Einführung von Negativzinsen in den USA spekuliert wird, sorgt allerdings in Anbetracht der aktuellen und zu erwartenden Verfassung der US-Konjunktur für Stirnrunzeln. Deutungsschwierigkeiten bereitet darüber hinaus der überwiegend angebotsseitig ausgelöste Rohölpreisverfall, der an den Finanzmärkten bezeichnenderweise nicht als realeinkommenssteigernde Stütze des privaten Verbrauchs, sondern als generell negativer Indikator für die globale Konjunktur wahrgenommen wird. In Summe stehen die Kapitalmärkte derzeit nach wie vor im Zeichen von Geldpolitik, Geopolitik und konjunktureller Verunsicherung.

Welche Impulse sind in der kommenden Börsenwoche zu erwarten? Der aktuellen Logik des Marktes folgend könnten insbesondere zwei Treiber für eine nachlassende Nervosität sorgen: eine nachhaltige Erholung des Rohölpreises und ein Ende der Dollar-Stärke. Im Investoreninteresse wird daher am Montag der Mittelfristbericht der Internationalen Energieagentur zum Ölmarkt stehen. Aufgrund des strukturellen Überangebots auf dem Weltmarkt bleiben die Rohölpreise unter Druck und ein zeitweiliges Testen der Untergrenze der Produktionskosten ist nicht ausgeschlossen. Hoffnungen auf ein iranisches Einlenken bei der Begrenzung der Fördermenge und die sich in einem steilen Contango befindende Terminkurve des Ölpreises deuten dagegen auf ein Durchschreiten der Talsohle hin. Je später der Liefer-termin, desto teurer ist derzeit der Öl-Future. Je größer der Contango, desto einträglicher ist es also, Öl physisch zum aktuellen Kurs zu kaufen und auf Termin zu verkaufen – infolge könnte der Spotpreis fester tendieren.

Hinweise auf die Konjunkturperspektiven im ersten Jahresviertel geben eine Reihe von Stimmungsbarometern für die großen Industrieregio-nen, darunter die Einkaufsmanagerindizes (PMIs) für den Euroraum und die USA (Mo, Di). Das Enttäuschungspotenzial dürfte sich angesichts des vorherrschenden Pessimismus in Grenzen halten. In den USA hat die wirtschaftliche Aufwärtsbewegung zwar an Schwung eingebüßt. Der private Verbrauch und der Wohnimmobiliensektor dürften die Konjunktur jedoch fortgesetzt stützen, wie das Verbrauchervertrauen (Di) und die persönlichen Ausgaben und Ein-kommen (Fr) einerseits sowie der Verkauf bestehender Häuser (Di) und die Neubauverkäufe (Mi) andererseits untermauern sollten. Gleich drei Reden von US-Notenbankern (Mi, Do) dürften die Hinweise verdichten, dass die Fed am 15./16. März nicht an der Zinsschraube drehen wird. Dies lässt ceteris paribus einen moderat schwächeren USD erwarten.

Im Euroraum dürften neben den PMIs die Wirtschaftsstimmung (Fr) und die Geschäftsklimaindizes für Deutschland und Frankreich (Di) auf eine anhaltende Konjunkturerholung hindeuten. Während die Exporte in Drittländer an Tempo verlieren könnten, profitiert die Binnennachfrage von günstigen Finanzierungsbedingungen, dem Beschäftigungswachstum und den steigenden verfügbaren Einkommen. Dagegen sollten die ersten Inflationsschätzungen für Februar (Fr) zeigen, dass die niedrigen Ölpreise vorerst die dominierende Einflussgröße für die Verbraucherpreisentwicklung im Euroraum bleiben. Zeitweilig erneut negative Gesamtinflationsraten sind nicht auszuschließen. Das M3-Geldmengenwachstum (Do) wiederum sollte keine Anhaltspunkte für steigenden geldpolitischen Handlungsbedarf bieten.

Während sich der Beginn der quantitativen Lockerung (QE) der Europäischen Zentralbank (EZB) bald jährt, dürften die Währungshüter angesichts der – trotz fortgesetzter Konjunkturerholung – gestiegenen Abwärtsrisiken für die Inflation am 10. März eine noch expansivere Gangart einlegen. Im Gespräch ist neben einer Einlagensatzsenkung auch eine Ausweitung von QE. Letztere kann die EZB nur dann umsetzen, wenn sie den Einlagensatz senkt und/oder die Ankaufkriterien anpasst. Schon werden angesichts des sinkenden geldpolitischen Spielraums die Rufe nach finanzpolitischen Stimuli lauter.

Zum Wochenabschluss dürfte das Treffen der G20-Finanzminister und -Notenbankgouverneure (Fr-Sa) in Shanghai die Sorge um einen Währungskrieg erneut in den Blickpunkt rücken. Die Parlamentswahlen in Irland (Fr) wiederum sollten die Aufmerksamkeit auf die politischen Risiken im Euroraum lenken. Obwohl die Kurse kurzfristig nochmals unter Druck geraten könnten – charttechnische Indikatoren mahnen zur Vorsicht – spricht die gegenwärtige und zu erwartende fundamentale Entwicklung für einen bevorstehenden Bodenbildungsprozess an den Börsen. Auch die nahende Dividendensaison könnte stabilisierend wirken – die Dividendenrendite europäischer Unternehmen (MSCI) liegt aktuell bei 3,6%.

Verlieren Sie nicht die Bodenhaftung, meint Ihre
Ann-Katrin Petersen

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