Misch- und Multi-Asset-Fonds sind gefragt wie nie. Und obwohl so mancher Publikumsliebling im vergangenen Sommer schwächelte, gibt es für eher konservative Anleger auch 2016 wenig Alternativen. Speziell für diese Klientel rüstet die Branche mit neuen Modellen auf.
Peter Harrison weiß zu überraschen. Dass Fondsstrategen plakative Vergleiche aus der Welt des Sports bemühen, um ihr Produkt ins rechte Licht zu rücken, ist nichts Ungewöhnliches. Aber ausgerechnet Automobile?
Und so blickt das Publikum auf, als der Investmentchef des britischen Vermögensverwalters Schroders vor Medienvertretern in London Fondsmanager und ihre Produkte als Piloten mehr oder weniger heißer Öfen darstellt.„Die Konstruktion des Automobils gibt die Anlagemöglichkeiten vor. Die Fahrer haben die Aufgabe, damit das bestmögliche Ergebnis zu erzielen“, erläutert Harrison, der mit dem Vergleich auch eine Lanze für aktives Management und eine breite Produktpalette brechen will.
Im Scheinwerferlicht der Showrooms stehen momentan aber auch bei Schroders keine flotten Sportwagen mit Aktien-Antrieb. Schwere Renten-Straßenkreuzer – wie noch vor einigen Jahren – sucht man dort ebenfalls vergebens. Die Branche setzt stattdessen ganz auf Modelle, die mehrere Anlageklassen zugleich nutzen. So wie der Schroder ISF Global Multi Asset Income (WKN: A1J VA9), der sich als wahrer Verkaufsschlager entpuppt: Obwohl erst vor dreieinhalb Jahren aufgelegt, ist er bereits 5,2 Milliarden Euro schwer.
Die Multi-Asset-Idee überzeugt insbesondere risikoscheue Investoren: Sie vertrauen darauf, dass sich die Wertentwicklung der unterschiedlichen Anlageklassen im Portfolio mehr oder weniger angleicht und ihr Fonds dadurch auch in turbulenten Börsenphasen ruhig auf der Straße beziehungsweise im Depot liegt. Was in der Praxis nicht immer funktioniert, wie der Sommer 2015 gezeigt hat: Damals verzeichneten Aktien, Renten und auch alternative Anlagen wie Gold oder Rohstoffe gleichermaßen Verluste und ließen so manchen Favoriten ins Schleudern geraten.
So auch den FvS Multiple Opportunities (A0M430) des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch. Fondsmanager Bert Flossbach kann zwar auf Sicht von fünf Jahren eine Wertsteigerung von 64 Prozent vorweisen. In der Spitze verlor sein Fonds jedoch 2015 mehr als 12 Prozent an Wert, allein im August ging es um knapp 5 Prozent nach unten. Immerhin, mittlerweile hat sich der Anteilswert wieder gut erholt.
„Nun zahlt sich aus, dass wir die Chancen durch die Kursrückgänge im August und September genutzt haben“, erklärt Flossbach. So hat er seine Aktienquote im Tief auf bis zu 80 Prozent erhöht. Wer am FvS Multiple Opportunities das ganze Jahr über konsequent festgehalten hat, kommt bis Mitte Dezember 2015 trotz der zwischenzeitlichen Schwankungen auf ein Plus von 6,3 Prozent. Davon ist das Branchen-Schwergewicht Carmignac Patrimoine (A0D PW0) mit minus 0,2 Prozent noch ein gutes Stück entfernt.
Sein langfristiges Ergebnis jedoch – knapp 6 Prozent Rendite pro Jahr im zurückliegenden Jahrzehnt – übertrifft viele Konkurrenten. Verglichen mit Anfang Juni 2015 hat der Fonds bis Anfang Dezember allerdings zirka 7,2 Prozent verloren. Jean Médecin aus dem Strategieteam der Pariser Investmentboutique führt das sommerliche Gewitter an den Kapitalmärkten vor allem auf die überraschende Abwertung der chinesischen Währung zurück: „Unser Portfolio war nicht so positioniert, dass es diese Entwicklung hätte wegstecken können.“
Quasi als Generalprobe hat deshalb die Rating-Agentur Morningstar die größten Misch- und Multi-Asset-Fonds auf den Prüfstand gestellt. Ergebnis für die Monate März bis August: Die Leistung der Bestseller unterscheidet sich erheblich, was insbesondere am großen Spektrum der Risikoprofile liegt. So fallen die maximalen Aktienquoten weit auseinander. Unter dem Strich hat kein einziges Portfolio in diesen sechs Monaten sein Kapital komplett erhalten können, die Verluste lagen im Schnitt bei circa 4,5 Prozent. „Der Wunsch vieler Anleger nach einer absolut positiven Wertentwicklung, unabhängig vom herrschenden Marktumfeld, hat sich somit nicht erfüllt“, sagt Morningstar-Analystin Barbara Claus.
Alternative Strategien im Vorteil
Trotzdem hat es eine ganze Reihe der Mischfonds- und Multi-Asset-Flaggschiffe geschafft, die Verluste weitgehend abzumildern. So büßte der Ethna-Aktiv (764 930) zwischen dem 1. März und dem 3. September lediglich 2,8 Prozent ein. Der Vorzeigefonds der luxemburgischen Boutique Ethenea verwaltet knapp 12 Milliarden Euro. Unternehmensgründer Luca Pesarini hatte in Reaktion auf die Krise seine Aktienquote im September bis auf einen Tiefststand von 4 Prozent reduziert. „Angesichts der lockeren Geldpolitik und der sich verbessernden Anlegerstimmung haben wir diesen Anteil im Oktober aber wieder deutlich auf knapp 27 Prozent erhöht“, erläutert er. Der Schweizer Vermögensverwalter kann den Aktienanteil auf bis zu 49 Prozent steigern.
Am besten sind der DWS Concept Kaldemorgen (DWS K00) und der Standard Life Global Absolute Return Strategies (A1H 5Z0) mit den sommerlichen Kapriolen klargekommen, beide Fonds haben von Anfang März bis Anfang September jeweils weniger als 1,6 Prozent verloren. Dazu kann Klaus Kaldemorgen in dem nach ihm benannten Fonds mit großer Freiheit Aktien, Anleihen, Währungen sowie Gold kombinieren und außerdem noch auf sinkende Kurse setzen.
Die meisten Bestseller benötigten nicht lange, um die Minuszeichen vor ihrer Rendite zu tilgen. Fondsmanager Aymeric Forest etwa hat den Anteilspreis des Schroder ISF Global Multi Asset Income von Januar bis Mitte Dezember 2015 um 3,4 Prozent gesteigert. Dass der erst im April 2012 aufgelegte Schroders-Fonds seiner Jugend zum Trotz schon zur Schwergewichtsklasse gehört, hat er nicht zuletzt seinem Konzept zu verdanken, das regelmäßige Auszahlungen an seine Anteilseigner vorsieht. Die britische Fondsgesellschaft stellt konkret eine Ausschüttung, neudeutsch Income, von jährlich 5 Prozent in Aussicht. Auch ohne förmliche Garantie ein verlockendes Angebot angesichts der mageren Renditen, die etwa viele festverzinsliche Investments momentan erwarten lassen.
Björn Drescher, Gründer und Geschäftsführer von Drescher & Cie., sieht Multi-Asset-Income-Strategien als Chance: „Sie erscheinen mir insofern interessant und praktisch, als sie die Anleger indirekt an die Aktienanlage heranführen und auch den Wunsch nach pflegeleichten Basisinvestments bedienen.“ Die Fondsgesellschaften betonen, dass dies für private Anleger gelte, da die angestrebte regelmäßige Auszahlung der Zielgruppe Sicherheit vermitteln kann. Schroders-Manager Forest investiert weltweit und unabhängig von einer Benchmark in ein Universum aus Aktien, Anleihen und Währungen, maximal 10 Prozent des Vermögens können auf alternative Strategien wie Katastrophenanleihen entfallen.
„Die avisierte Rate in Höhe von 5 Prozent ist durch Kupons und Dividenden nachhaltig“, versichert Forest. Bislang liegen die Ergebnisse über den Erwartungen: Seit der Auflegung legte der Schroder ISF Global Multi Asset Income 33,6 Prozent zu, das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 8,6 Prozent. Für Kunden, die einen kontinuierlichen Vermögensaufbau dem regelmäßigen Einkommen vorziehen, bieten viele Gesellschaften thesaurierende Anteilsklassen ihrer Income-Fonds an. Mit seiner Performance glänzt Forest im Wettbewerbsfeld, Anleger müssen allerdings auch eine vergleichsweise hohe Volatilität von 9 Prozent akzeptieren.
Grundsätzlich gilt auch für Mischfonds, dass mit einer größeren Aktienquote auch die Schwankungen im Fonds zunehmen können. Ein hoher Rentenanteil im Portfolio ist jedoch auch kein Allheilmittel, wie Fondsanalyst Drescher weiß. Seiner Meinung nach werden es rentenlastige Portfolios künftig schwer haben, attraktive Renditen zu erwirtschaften: „Das Niedrigzinsumfeld inklusive negativer Kassenverzinsung wird deutliche Spuren in den Erträgen hinterlassen. Zudem drohen Kursverluste für den Fall nachhaltig steigender Zinsen.“
Weitere Turbulenzen voraus
Auch die Volatilität entsprechender Mischfonds-Lösungen droht anzusteigen, da sich die Korrelation der Anlageklassen Aktien und Renten zueinander verändert. In der Folge werden es Fondsmanager schwerer haben, Erschütterungen an den Aktienmärkten mit Anleihen zu kompensieren. „Die Ergebnisse der Vergangenheit sollten vor diesem Hintergrund weder in ihrer Höhe noch in ihrer Schwankungsbreite in die Zukunft projiziert werden“, warnt Drescher. Nach jüngsten Zahlen des deutschen Fondsverbands BVI haben Misch- und Multi-Asset-Fonds mit 29,4 Milliarden Euro in den ersten drei Quartalen 2015 in Deutschland mehr als die Hälfte aller Nettozuflüsse verbucht. Europaweit ergibt sich das gleiche Bild. Morgan Stanley Investment Management zufolge werden Offerten, die regelmäßige Auszahlungen anstreben, ihr Volumen bis 2018 jährlich um 30 Prozent steigern.
Income-Strategien wirken so unwiderstehlich, weil sie theoretisch alles bieten, was das Anlegerherz begehrt. Die Werbebotschaften stellen regelmäßige feste Zahlungen, Schutz vor Verlusten sowie stabile Wertzuwächse in den Vordergrund.
Was die Auswahl einzelner Multi-Asset-Bausteine angeht, sollten Berater und Anleger Fondsanalyst Drescher zufolge vor allem zwei Dinge beachten: „Zum einen eine realistische Erwartungshaltung an Strategien und Produkte. Es gibt keine in allen Marktphasen selig machenden Ansätze, die mich an Gewinnen teilhaben und Verluste begrenzen lassen. Weder im Zuge von passiven Lösungen noch von aktiven.“
Die zweite Voraussetzung ist Drescher zufolge das Verständnis der unterschiedlichen Anlagestrategien, um das Kapital hinreichend zu diversifizieren: „Wer seine Gelder als Investor oder Berater über mehrere Fonds hinweg streuen möchte, sollte die zugrunde liegenden Strategien verstanden haben und insbesondere auf unterschiedliche Handlungsimpulse setzen.“ Als Beispiele nennt er Strategien, die auf einem Trendfolgemodell, dem Bauchgefühl des Fondsmanagers oder einem regelmäßigen Rebalancing des Portfolios basieren. Letzteres dient dazu, das Gewicht der einzelnen Anlageklassen konstant zu halten.
Auf die Frage nach der von ihnen favorisierten Fondskategorie nennen bereits heute vier von fünf Finanzberatern Multi-Asset-Strategien. Und mehr und mehr spezialisierte Ansätze – wie eben regelmäßige Einkommen oder größere Flexibilität – machen es Kunden leichter, individuell passende Multi-Asset-Angebote zu finden. Darüber hinaus können sie einen Beitrag leisten, die hierzulande darniederliegende Aktionärskultur zu beleben.
Von: Marc Radke
Quelle: DAS INVESTMENT.