Spaniens Immobilienmarkt ist wieder ein beliebtes Reiseziel für Investoren. Wo man sich noch schnell eine Liege reservieren sollte.
Barcelona: 21 Grad, sonnig. Madrid: 25 Grad, sonnig. Mallorca: 26 Grad, sonnig. Ibiza: 23 Grad, sonnig. Hamburg: 13 Grad, Regen. Eine Momentaufnahme aus dem Monat Mai. Kein Wunder, dass Spanien eines der beliebtesten Reiseziele deutscher Touristen ist. Aber auch Immobilien-Investoren haben das Land seit rund zwei Jahren wieder auf dem Radar. Denn seit Mitte 2014 zeigt die spanische Wirtschaft deutliche Zeichen einer Erholung. Die Arbeitslosenquote sinkt, die Exporte steigen, der Inlandskonsum ist stabil. Der internationale Währungsfonds rechnet 2 016 mit einem Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent, 2017 mit 2,3 Prozent. Die Euro-Zone wächst im Schnitt nur mit jeweils 1,7 Prozent.
Das größte Risiko? „Ja, Spanien hat Sonne und Wärme, dafür aber keine funktionierende Regierung“, sagt Thomas Beyerle, Geschäftsführer von Catella Property Valuation. Nach der Wahl im Dezember vergangenen Jahres hatte keine der großen Parteien eine eigene Mehrheit im Parlament. Nach einigem Hin und Her hat Spaniens König Felipe das Parlament schließlich im Mai dieses Jahres aufgelöst und Neuwahlen angesetzt. Am 26. Juni stimmen die Spanier erneut ab. Leider erst nach Redaktionsschluss.
Spaniens Notenbank hat jüngst Alarm geschlagen und vor einer Lähmung der Regierung gewarnt. Die politische Unsicherheit könne sich negativ auf die Konjunktur auswirken, hieß es in ihrem Finanzstabilitätsbericht. Als weitere Wachstumsbremsen nannte sie die Abkühlung der Weltwirtschaft und Schwierigkeiten der heimischen Banken, die mit den niedrigen Zinsen und vielen faulen Krediten zu kämpfen haben. Außerdem hagelte es Kritik von der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank. Die Neuverschuldung des Landes gehöre zu den höchsten in der Euro-Zone, hieß es in der gemeinsamen Stellungnahme. Der notwendige Fortschritt bei der Haushaltskonsolidierung stocke. Das Land habe den Rückwärtsgang eingelegt. Ministerpräsident Mariano Rajoy will 2016 statt der geplanten 2,8 Prozent eine öffentliche Verschuldung von 3,6 Prozent der Wirtschaftsleistung zulassen. 2017 soll das Minus in der Staatskasse mit 2,9 Prozent knapp unter der in den EU-Verträgen erlaubten Höchstgrenze von 3 Prozent liegen. Über den künftigen Kurs der Wirtschaftspolitik kann derzeit allerdings nur spekuliert werden. „Man tut Spanien aber unrecht, wenn man das Land als extrem risikobehaftet bezeichnet. Spanien ist mit Abstand das stabilste Land im Mittelmeerraum“, sagt Beyerle.
Die Wohnungsblase wird zumindest langsam abgebaut. Rund 700.000 Häuser und Wohnungen wurden vor der Krise Jahr für Jahr gebaut – so viele wie in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen. 2008 fand der Bauboom ein jähes Ende. Seitdem ist kaum noch Neues entstanden. Das macht sich nun bemerkbar. Ähnlich wie hierzulande in Berlin, Hamburg oder München ist es auch in Madrid und Barcelona nicht einfach, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Madrid ist mit 6,5 Millionen Einwohnern die drittgrößte Metropolregion Europas. Barcelona zählt mit 3,5 Millionen Menschen ebenfalls zu den Top Ten. Hier ist sogar noch weniger gebaut worden als in Madrid. Aber auch die Katalanen haben in den vergangenen Jahren Geld gespart und möchten gern eine Wohnung kaufen. Beyerle: „Wohnungen in Barcelona und Madrid im mittleren Preissegment sind in den kommenden zehn Jahren definitiv eine Gelddruckmaschine.“ 28 Mitarbeiter arbeiten für Catella in Madrid. Spanien hat dem Unternehmen im vergangenen Jahr – hinter den nordischen Ländern – die höchsten Umsatzzahlen geliefert.
Eines der größten Wohnungsbauprojekte in Spaniens Hauptstadt Madrid setzt derzeit Aquila Capital um: Das Villaverde. „1.200 Wohnungen im Stadtgebiet von Madrid. Das gibt es nicht noch mal“, sagt Rolf Zarnekow, Leiter des Immobilienbereichs von Aquila Capital. Seit über zwei Jahren sind die Hamburger in Spanien investiert. In Madrid sitzen drei Leute, die sich vor Ort um die Projekte kümmern. Seinen Kollegen Sven Schoel kennt Zarnekow noch aus Zeiten bei Union Investment. „Er hat 14 Jahre in Spanien gelebt und währenddessen über 40 Projekte für US-Venture-Capital entwickelt.“ Erst vor eineinhalb Jahren hat Zarnekow ihn zurück nach Hamburg geholt. „Nun sitzt er mir im Büro gegenüber, wenn wir nicht gerade jede zweite Woche in Spanien sind.“
Das Wohnungsprojekt in Madrid zählt zum Portfolio des Aquila Real Estate Opportunities Spain. Der Spezial-AIF ist aktuell noch in der Platzierung. „Wer jetzt einsteigt, beteiligt sich noch zu Projektpreisen, die wir vor eineinhalb Jahren gezahlt haben. Das ist über entsprechende Optionen möglich“, erklärt Zarnekow.
Ein durchaus attraktives Angebot, denn wer jetzt noch einsteigt, zählt nicht mehr zu den Frontrunnern. Spanische Family Offices haben sich schon drei, vier Jahre nach dem Kollaps 2008 wieder in den Immobilienmarkt gewagt. Es folgten opportunistische Investoren aus Europa und Übersee, darunter Castlelake, Lone Star, Soros oder auch Blackstone. Nun ist das Risiko so weit gesunken, dass sich auch defensive Investoren auf den Markt trauen. Darum schließt sich das Fenster für den günstigen Einkauf langsam. Zarnekow: „In den kommenden 12 bis 18 Monaten sehen wir aber noch attraktive Opportunitäten am spanischen Markt.“ Im Umkehrschluss heiße das aber nicht, dass sich das Zeitfenster für Spanien dann komplett schließe, „aber insbesondere bei Wohnungsbauentwicklungen dürfte das Preisniveau dann deutlich höher sein als heute“. Investoren müssen für den Fonds mindestens 5 Millionen Euro auf den Tisch legen. Wem das zu viel ist, der kann über die an der Börse München notierte REO Spanien Projektentwicklungs-Anleihe (WKN: A13 SH2) einsteigen, die in dieselben Projekte investiert wie der Fonds. Kupon: 2,5 Prozent pro Jahr, Laufzeit: bis November 2019, Stückelung: 10.000 Euro.
Vor allem im Bereich Wohnen und Einzelhandel sieht auch Wolfgang Speckhahn, Leiter des Bereichs Strategie und Geschäftsentwicklung von Patrizia Immobilien, Potenzial. Die Augsburger haben Anfang 2015 eine eigene Tochtergesellschaft in Madrid gegründet. Speckhahn: „Spanien ist ein sehr lokaler Markt. Um Zugang zu Investmentopportunitäten, insbesondere im Off-Market-Bereich zu erhalten, ist lokale Expertise unbedingt notwendig.“ Das Erste, was Patrizia Activos Immobiliarios España gekauft hat, sind die Einzelhandelsflächen des Wohn- und Geschäftshauses „Plaza de Félix Sáenz“ in Málaga. Die 1.824 Quadratmeter im denkmalgeschützten Eckgebäude aus dem Jahr 1912 sind langfristig an H&M vermietet und landeten in einem von Patrizia aufgelegten Fonds für ein berufsständisches Versorgungswerk in Deutschland. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Für ein Value-add-Mandat ergatterte Patrizia Anfang dieses Jahres zudem ein Wohngebäude in Salamanca, einem der besten Wohnviertel Madrids, für knapp 22 Millionen Euro. Das neunstöckige Gebäude aus dem Jahr 1963 hat eine Nutzfläche von rund 5.000 Quadratmetern, 14 hochwertige Wohnungen und 25 Stellplätze. Das derzeit leer stehende Gebäude soll saniert und die einzelnen Wohnungen anschließend verkauft werden.
Und Büroobjekte? Die hält Zarnekow beispielsweise nur „ganz selektiv für interessant“. Schon seit einigen Jahren gebe es keine Risiko-Rendite-Prämie mehr. „Da muss man sich fragen, warum man zu 5 Prozent in ein Büro in Madrid investieren soll und nicht lieber für 4,5 Prozent in Deutschland.“ In diesem Segment gebe es einfach zu viel Wettbewerb mit den großen institutionellen Investoren.
Spannend findet er hingegen Hotels, vor allem in Madrid. „Der Markt wurde von der Wirtschaftskrise sehr stark getroffen, weil die spanische Hauptstadt, anders als das sehr touristische Barcelona, deutlich mehr von Geschäftsreisen lebt“, so Zarnekow. Das ändere sich derzeit aber gerade. „2015 hatte Madrid so viele Touristen wie noch nie.“ Vor zwei Jahren hat Aquila Capital das erste Hotel-Investment in Madrid umgesetzt. „Wir haben 2014 ein notleidendes Objekt am Nordbahnhof gekauft, einen neuen Betreiber installiert und alle 380 Zimmer komplett renoviert“, erzählt Zarnekow. In der Altstadt von Madrid hat Aquila Capital zudem ein leer stehendes Wohngebäude erworben und umgebaut. Zarnekow: „Im Oktober dieses Jahres eröffnet da ein Boutique-Hotel mit 85 Zimmern und tollem Gastronomiekonzept. Wir haben einen langfristigen Mietvertrag mit Room Mate, einem sehr exklusiven Betreiber für trendige Boutique-Hotels, den in Spanien jeder kennt.“
Wer im Urlaub lieber im eigenen Bett statt im Hotel schlafen will, kann sich auch eine Ferienimmobilie kaufen. Ibiza und Mallorca sind dabei mit Abstand am beliebtesten. „Auf dem Festland sind die Preise noch moderat. Auf den Balearen sind sie schon fast wieder auf dem Stand von vor der Finanzkrise“, sagt Philipp Niemann, verantwortlich für den Wirtschaftsraum Europa, Naher Osten und Afrika (Emea) bei Engel & Völkers: „Die Preisrally geht weiter, aber wer rein renditeorientiert investiert, muss schon sehr stark suchen. Und das nicht mehr in der Top-Lage, sondern eher da, wo sich neue Hotspots entwickeln und die Nachfrage anzieht.“ Den einen Hotspot gebe es nicht. „Links und rechts der beliebten Lagen entwickelt sich derzeit aber gerade einiges.“ Auf Ibiza beispielsweise zähle der Norden dazu.
Auf Mallorca gibt es Niemann zufolge zudem einen relativ neuen Trend: „Viele der Käufer verlegen ihren Erstwohnsitz auf die Insel, vor allem viele Familien.“ Gute Infrastruktur, Einkaufsmöglichkeiten, hohe Qualitätsstandards, internationale Schulen und Ärzte machen die Insel attraktiv. „Außerdem geht fünf-, sechs- mal am Tag ein Flieger aus den deutschen Großstädten“, so Niemann. Die Insel ist günstig und schnell zu erreichen. Auf Ibiza hingegen gebe es diesen Trend nicht. „Das ist eher die Lifestyle-Insel. Da sind deutlich mehr Singles unterwegs.“ Und der internationale Jetset: Alle dreißig Minuten landet ein Privatjet auf Ibiza. In der Hochsaison ist es manchmal so voll, dass die Flieger ihre Kunden nur absetzen und dann aufs Festland fliegen müssen, um zu parken.
Das teuerste Haus, das Engel & Völkers derzeit in Spanien im Angebot hat, steht allerdings nicht auf Ibiza, sondern liegt an der „Goldenen Meile“ Marbellas. Die Villa an der Costa del Sol hat 3.400 Quadratmeter Wohnfläche, 12 Schlafzimmer, 10 Badezimmer, 8 Garagen und 10 Stellplätze. Sie kostet 85 Millionen Euro.
Lohnt sich eine Finca überhaupt als Kapitalanlage? „Nein, eine Ferienimmobilie ist ein Luxusgut. Da macht man in der Regel keine klassische Kalkulation. Die will man einfach haben“, so Beyerle von Catella. „98 Prozent der Käufer finanzieren nicht.“ Seiner Meinung nach heißt es Finger weg, wenn man finanzieren muss. „Denn auch wenn man die Finca nicht nutzt, kostet sie Geld. Ein Hausmeister kostet jeden Monat um die 450 Euro. Das ist ein Kleinwagen im Jahr.“ Wer 500.000 Euro übrig habe, solle sich lieber eine Wohnung in einer deutschen Großstadt kaufen. Beyerle: „Da ist die Rendite definitiv auskömmlicher.“ Der klassische Käufer auf den Balearen oder dem spanischen Festland kauft Niemann zufolge, weil er die Immobilie für sich nutzen will. „Die Renditeerwartung steht weniger im Vordergrund.“
Mit welchen Renditen Investoren ansonsten in Spanien rechnen können? „Im Bereich Büro liegen die Renditen derzeit bei 4 bis 5 Prozent, im Bereich Wohnen unterhalb von 4 Prozent. Im Segment Einzelhandel gibt es im Nachbarschaftsbereich noch 6 bis 7 Prozent, in High-Street-Lagen dagegen deutlich unter 4“, so Speckhahn von Patrizia Immobilien. Bei Projektentwicklungen mit anschließender Privatisierung im Bereich Wohnen können aber auch noch Renditen von 7 bis 10 Prozent realisiert werden. Wer ein noch höheres Risiko eingehe, bekomme auch noch bis zu 15 Prozent. „Für unser Wohnungsbauentwicklungsprogramm bekommen Investoren über die kommenden vier Jahre zwischen 13 und 17 Prozent pro Jahr nach lokalen Steuern und Kosten“, sagt Zarnekow. Für die Hotels, die Aquila Capital für deutsche Pensionskassen, Versorgungswerke und Versicherungen projektiert hat, gab es eine laufende Verzinsung, insgesamt rund 20 Prozent. Damit kann man sich auch einen Platz an der Sonne finanzieren.
Quelle: DIE IMMOBILIE.