Kann man am Wohnungsmarkt noch guten Gewissens investieren und wenn ja, wo? Ein Gespräch mit Dominik Barton, geschäftsführender Gesellschafter der Barton Group. Das Bonner Unternehmen ist auf Wohnen im mittleren Segment spezialisiert und managt Objekte für institutionelle Investoren, Family Offices und Bestandshalter.
DIE IMMOBILIE: Der Boom am deutschen Immobilienmarkt dauert nun schon rund sieben Jahre. Viele sagen, es gibt trotzdem noch Luft nach oben, wenn man die Preise am Markt mit jenen in Paris oder London vergleicht.
Dominik Barton: Dieser Vergleich hinkt. Deutschland ist dezentral, viel breitgefächerter. Wir haben die Top-7-Städte, aber wir haben auch gut positionierte Mittel- und Oberzentren. Das gibt es in Frankreich und England in dieser Art nicht. Dort konzentriert sich maßgeblich alles auf Paris und London. Dementsprechend sind die Objekte dort viel knapper und die Preise dementsprechend höher.
DIE IMMOBILIE: Also ist nicht mehr viel Luft in den Top-Städten?
Barton: Die Rallye in den 1A-Lagen ist früher oder später vorbei, sofern sie nicht Projektentwicklungen oder Revitalisierungen kaufen. Hier sehe ich noch Aufwärtspotenzial. Wer aber zum 35-Fachen Core Objekte kauft und dann über die kommenden zehn Jahre seine Ruhe will, bekommt Probleme mit dem Cashflow. Das kann nur noch als eine Wette auf einen möglichen Wertzuwachs zu verstehen sein.
Objekte zum 15-,16- oder 17-Fachen
DIE IMMOBILIE: Wo kann man am Wohnungsmarkt noch guten Gewissens investieren?
Barton: In den B- und C-Lagen. Dort kann man immer noch Objekte zum 15-,16- oder 17-Fachen erwerben.
DIE IMMOBILIE: Sie sind unter anderem auf die Region Nordrhein-Westfalen spezialisiert. Wo finde ich dort attraktive Randlagen?
Barton: Abseits der großen Städte Köln, Bonn und Düsseldorf beispielsweise in Leverkusen oder Dormagen. Die früheren Industriestädte erleben eine Renaissance, weil die Großstädte vor allem für Familien schlichtweg zu teuer werden. In den Randlagen sind die Mieten deutlich niedriger. Hier zahlt man beispielsweise noch 7,50 Euro pro Quadratmeter anstatt 10 bis 12 Euro pro Quadratmeter wie in Köln.
DIE IMMOBILIE: Dafür ist man aber auch weit ab vom Schuss.
Barton: Voraussetzung ist natürlich eine gute Verkehrsanbindung. Auch in den vorgenannten Städten gibt es alles, was Sie benötigen: Gute Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung, Kindergärten und Schulen. Die gesamten B- und C-Lagen in Nordrhein-Westfalen erleben einen enormen Aufschwung. Und sie bekommen noch Objekte, große Wohnanlagen, in einen Preissegment, das sich rechnet. Wie gesagt, sie zahlen das 15-, 16- oder 17-Fache der Jahresmiete und nicht das 25- bis 30-Fache wie etwa in Köln. Kaufpreis und Rendite korrelieren in einer ökonomisch akzeptablen Schnittmenge.
Investmentstrategien auf sieben bis neun Jahre ausgelegen
DIE IMMOBILIE: Worauf muss ich mich abseits der breiten Pfade einstellen?
Barton: Man muss tiefer in den Markt einsteigen, um gute Objekte zu erwerben. Eine kurze stichpunktartige Due Dilligence reicht in B- und C-Lagen nicht. Und man benötigt mehr Geduld und Zeit. Aber das rentiert sich nach hinten raus. Die Investmentstrategien sollten grundsätzlich auf sieben bis neun Jahre ausgelegt werden. Die Ramp-up-Phase von rund ein bis drei Jahren sollte genutzt werden, um beispielsweise technische Aufrüstungen vorzunehmen, sowie die einzelnen Wohnungen wieder marktgerecht zu gestalten. Nach Beendigung der Maßnahmen erzielen Sie aber einen langfristigen, gesicherten und stabilen Cashflow.
DIE IMMOBILIE: Sind die Flüchtlinge Chance oder Risiko in diesem Segment?
Barton: Ich sehe das als Chance. Objekte, die aufgrund demografischer Entwicklungen leer stehen, können wieder vermietet werden. Wir betreuen beispielsweise in der Nähe von Leverkusen auch Objekte, die von Asylbewerbern genutzt werden und haben bis dato keine schlechten Erfahrungen gemacht.
DIE IMMOBILIE: Aber wenn da sonst niemand hin will, kann das schnell zu einer Ghettoisierung führen.
Barton: Man muss aufpassen, dass das Objekt nicht als Wohnheim deklariert wird, sondern einer langfristigen Nutzung zugeführt wird. Wenn man einen Pauschalmietvertrag abschließt und der Stadt beispielsweise die völlige Vermietungsfreiheit gibt, dann kann dies in der Tat zu einer inhomogenen Mieterstruktur führen, was kurzfristig zu Problemen führen kann. Dies kann nicht die Intention sein.
DIE IMMOBILIE: Wie wollen Sie das verhindern?
Barton: Wir bestimmen mit, wer einzieht und schauen uns die Mietinteressenten an, wie jeden anderen Mieter auch. Dann kann man das Objekt auch wieder nachhaltig und langfristig am Markt platzieren. Die Familien, die hier eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen, bleiben ja auch langfristig, wenn sie sich wohlfühlen.
Cash-on-Cash-Rendite zwischen 4,5 und 6,5 Prozent pro Jahr
DIE IMMOBILIE: Rechnet sich das?
Barton: Das Mietpreis-Niveau ist vergleichbar einem Bezieher von Hartz IV. Diese liegen bei rund 3,50 bis 5,00 Euro pro Quadratmeter. Das ist durchaus ein annehmbarer Mietzins für ein Objekt, das leergezogen und nur mit Schwierigkeiten am Markt zu platzieren ist.
DIE IMMOBILIE: Wollen Flüchtlinge nicht aber auch lieber in den Top-Städten wohnen, in denen sie schneller Anschluss finden können?
Barton: Das kann durchaus möglich sein, aber da gibt es einfach nichts. Schon die B-Lagen werden schon sehr stark von den Familien frequentiert, die aus den Großstädten flüchten, um bezahlbaren Wohnraum zu erhalten. Aber die C- und D-Lagen erfahren gerade durch die Flüchtlinge eine neue Renaissance.
DIE IMMOBILIE: Welche Renditeerwartungen sind in den Randlagen realistisch?
Barton: Die Cash-on-Cash-Rendite eines gemischten Core und Manage to Core-Portfolios liegt zwischen 4,5 und 6,5 Prozent pro Jahr. Das geht nicht ohne Aufwand, sichert aber langfristig stabile Mieten. Dabei nutzt man die Core-Objekte in B-Lagen, die vermietet und revitalisiert sind, um den Cashflow zu erzielen und die Manage to Core-Objekte liefern ein Plus an Wertzuwachs. Aus meiner Sicht ist es nur eine Frage der Zeit, wann wir in eine erneute Finanzkrise rutschen. Betrachten Sie nur einmal die Aktienmärkte, oder die Krisenherde in der Welt. Wann die Krise kommt und wie heftig sie wird, ist aus heutiger Sicht kaum absehbar. Aber perspektivisch sollte man sich mit stabilen Investments positionieren, um den Volatilitäten der Märkte begegnen zu können. Mein Credo: Wohnen wird uns durch die Krise führen.
Quelle: Die Immobilie