Mezzanine-Kapital hat sich aufgrund der vergleichsweise hohen Renditen inzwischen zu einer eigenen Anlageklasse für Family Offices und institutionelle Investoren entwickelt. Auf der Suche nach Marge steigen auch immer mehr Banken in die Mezzanine-Finanzierung ein. Jüngstes Beispiel ist die Haspa, deren Projektentwicklungs- und Beteiligungsgesellschaft im Mai an den Start ging. „Wir wollen nicht in Schönheit sterben“, sagt Wilfried Jastrembski, Bereichsleiter Immobilienkunden der Hamburger Sparkasse (Haspa). Die Kernprodukte seines Hauses sind die Immobilienfinanzierung und klassische Kreditvergabe in Hamburg und Berlin. Jastrembski: „Fast jede zweite unterm Kran stehende frei finanzierte Wohnung in Hamburg begleiten wir.“
Bis vor wenigen Jahren war die Welt noch in Ordnung, die Haspa verdiente zufriedenstellend mit der Immobilienfinanzierung. Doch dann kamen auch die anderen deutschen Banken, insbesondere die Landesbanken, auf die Idee, ein Büro in Hamburg zu eröffnen. Die Folge: ein deutlich stärkerer Wettbewerb um Kunden, der zu höheren Ausläufen, also mehr Risikonahme, und gleichzeitig niedrigeren Margen führte.
Eine Lösung musste her, und die heißt Haspa Projektentwicklungs- und Beteiligungsgesellschaft (PEB). Die frisch gegründete Haspa-Tochter startete Anfang Mai mit dem operativen Geschäft. Sie vergibt Mezzanine-Kapital und beteiligt sich mit Eigenkapital an Projekten. Die Eckdaten: Mehrheitsgesellschafter ist die Haspa Finanzholding, beteiligt sind zudem die Haspa AG und die NM Nord-Immo Management, die Immobilienbesitz und Verwaltungsgesellschaft der Haspa. Damit wird zwar eine Vernetzung der Ressourcen angestrebt, die einzelnen Gesellschaften handeln aber eigenständig. Die Kapitalausstattung der Gesellschaft soll den Aufbau eines Beteiligungsportfolios beziehungsweise die Vergabe von Mezzanine-Kapital in einer Höhe von bis zu 100 Millionen Euro ermöglichen. Die PEB plant zunächst mit fünf Mitarbeitern, die ein gut gemischtes Portfolio aufbauen wollen. Die Eintrittsgrenze liegt bei rund einer Million Euro, in Ausnahmefällen auch darunter. Es werden aber auch Beteiligungen von über 10 Millionen Euro pro Projekt möglich sein. „Wir wollen mit der PEB unser Kernprodukt Kredit stützen. Und dafür wollen wir dem Kunden ein Gesamtpaket anbieten“, erklärt Jastrembski. Entwickler bekommen für ihr Projekt künftig Fremd- und Eigen- beziehungsweise Mezzanine-Kapital aus einer Gruppe.
Mezzanine-Kapital hat sich aufgrund der vergleichsweise hohen Renditen inzwischen zu einer eigenen Anlageklasse für Family Offices und institutionelle Investoren entwickelt. Schließlich gibt es für die Finanzierung von Projektentwicklungen im Schnitt noch 14 Prozent Rendite.
Seit Ende 2015, Anfang 2016 hat die Vergabe von Nachrangkapital deutlich zugenommen. Immer mehr klassische Banken akzeptieren zudem, dass sich Anbieter von Mezzanine-Finanzierungen im Rang hinter ihnen positionieren. Im Klartext: Die Senior-Banken verlangen seit einigen Jahren neben dem Erstrangkredit also nicht mehr ausschließlich reines Eigenkapital zur Finanzierung der Gesamtinvestition. Vor allem Fonds, Family Offices, Versicherungen und kleinere Nischenbanken, wie Ellwanger & Geiger Financial Services oder Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, bieten Mezzanine-Kapital an. „Angesichts niedriger Zinsen und der bekannten regulatorischen Änderungen ist das Interesse am Thema Mezzanine größer als je zuvor“, sagt Curth Flatow, Geschäftsführer von Flatow Advisory Partners (FAP). Das Unternehmen hat vor Kurzem die erste bundesweite Plattform für Real-Estate-Debt-Investments institutioneller Anleger gestartet. Allein 2016 wurde laut FAP 51 Prozent mehr Nachrangkapital ausgereicht als im Vorjahr. Tendenz steigend. Denn laut einer aktuellen Umfrage des Hauses rechnen 73 Prozent der Bestandsfinanzierer und 81 Prozent der Projektfinanzierer in den kommenden 12 bis 18 Monaten mit einer positiven Entwicklung oder sogar einer noch stärkeren Nachfrage nach Nachrangkapital. 97 nationale und internationale Anbieter sind derzeit auf dem deutschen Mezzanine-Markt unterwegs, 40 Prozent davon haben an der FAP-Umfrage teilgenommen.
Der Zeitpunkt der Gründung der PEB ist allerdings durchaus sportlich, schließlich ist der Zyklus am Immobilienmarkt schon recht weit fortgeschritten. Steigen die Zinsen weiter, bekommen das zuerst die Mezzanine-Geber zu spüren. Jastrembski: „Es gibt keinen richtigen oder falschen Zeitpunkt, weil die PEB ein langfristiger Bestandteil der Haspa werden soll und nicht nur für die kurzfristige Margensuche gegründet wurde. Aber klar wäre es schöner gewesen, wenn wir schon 2010 gestartet wären.“
Die gleichzeitige Vergabe von Fremd- und Mezzanine-Kapital für ein und dasselbe Projekt könnte außerdem zu einem Zielkonflikt führen, wenn die Zinsen anziehen. Jastrembski sieht da allerdings keine Gefahr: „Was für andere wie eine Art Kopplung der Risiken aussieht, ist, wenn man es handwerklich gut macht, genau das Gegenteil.“ Seine Argumentation: „90 Prozent unserer Kredite machen wir mit Kunden, die wir schon kennen. Bei Neukunden sind wir vorsichtig. Wichtig ist, dass wir an den Entwickler glauben und an das Projekt.“ Dramatische Verluste kenne die Haspa nicht. „Unsere Wertberichtigungsstatistik des vergangenen Jahrzehnts bestätigt dies.”
Was würde im Krisenfall passieren? „Diese Fälle geben wir in unsere Spezialabteilung für Intensivbetreuung, die dann mit der Vertriebsstelle und dem Kunden zusammen eine Lösung sucht“, so Jastrembski. Das geht natürlich nur, wenn der Entwickler nicht komplett am Boden liegt. Eine Zwangsversteigerung mit Verlusten für beide Seiten komme nur ganz selten vor. „Wir haben eine hohe Erfolgsquote bei unseren Not leidenden Intensivkunden.“
Eine Banklizenz hat die Haspa PEB bewusst nicht. Dafür lässt sie sich bei ihren Investments auch in der Regel keine Grundschuld eintragen. „Wir beteiligen uns unternehmerisch. Für den Fall, dass etwas schiefläuft, benötigen wir aber natürlich Regelungen in den Joint-Venture-Vereinbarungen, um gegebenenfalls mitwirkenden Einfluss auf die weitere Entwicklung des Projekts ausüben zu können. Insoweit wird die genaue Struktur derzeit noch entwickelt. Sie hängt aber auch vom Einzelfall ab.”
Was genau Mezzanine-Kapital ist, definiert jeder Anbieter anders. Eine klare rechtliche Abgrenzung gibt es nicht. Die Übergänge sind fließend: Debt oder Equity? Junior Loan oder preferred Equity? Alles ist möglich. Und jede Ausgestaltung liefert eine andere Verzinsung und Absicherung. „Was wir derzeit im Markt sehen, ist eine fröhliche Mischung aus Eigen- und Fremdkapital-Elementen“, sagt Karl-Heinz Denk, Geschäftsführer der Bayerische Landesbank Immobilien-Beteiligungs-Gesellschaft (Bayern Immo). Die 1993 gegründete Tochter der Bayern LB vergibt ebenfalls Mezzanine-Kapital, „genauer gesagt Eigenkapitalbeteiligungen als stille Kommandit- oder GmbH-Einlagen für Projektentwicklungen in Deutschland“, so Denk. Das machen die meisten anderen Bankentöchter auch. Allerdings sind sie etwas weniger auskunftsfreudig. Viele wollen lieber im Hintergrund bleiben. Der Umfang der Einzelbeteiligungen der Bayern Immo liegt zwischen einer Million und 15 Millionen Euro. Die Kapitalausstattung kommt wie bei der PEB von der Mutterbank.
Die gleichzeitige Vergabe von Eigen- und Fremdkapital an ein Projekt, wie es die Haspa macht, schließt die Konkurrenz allerdings aus. Denk: „Wir sehen hier einen potenziellen Interessenkonflikt mit der Gewinnorientierung des Eigenkapitalgebers einerseits und einer Darlehensforderung mit der notwendigen Rückzahlungsorientierung andererseits.“
Was wird derzeit finanziert? „Wir suchen realistische Projekte, fahren eher einen konservativen Ansatz“, sagt Jastrembski. Begleitet werden Objekte aus den Segmenten Wohnen, Büro, Einzelhandel und Hotel in Hamburg und Berlin. Nischen schließt Jastrembski grundsätzlich zwar nicht aus. „Aber studentisches Wohnen beispielsweise würden wir in Hamburg wohl aktuell nicht mehr machen. Der Markt ist einfach heißgelaufen.“ Und im Hotel-Segment setzt Jastrembski vor allem auf Budget-Häuser mit Marken wie Motel One oder 25 hours. „Spannende Konzepte mit Aufenthaltsqualität und gutem Standort.“
Büro, Einzelhandel und Wohnen sind auch die Schwerpunkte der Bayern Immo, allerdings deutschlandweit. Denk: „Wir gehen auch mal in B-Standorte oder Mittelzentren, sind nicht nur in den Top-7-Standorten unterwegs.“ Und es können auch mal Logistik- oder Pflege-Immobilien sein, „weil es bei unserer Mutterbank Spezialisten gibt, die uns dann mit Rat und Tat zur Seite stehen können“.
Was sollten die Projekte mitbringen? Ähnlich wie bei der PEB muss der Partner belastbar sein und entsprechende Erfahrung haben. Denk: „Es sind oft auch Kunden, die mit der Bank bereits Finanzierungserfahrung gesammelt haben.“ Und auch die Bayern Immo wählt im aktuellen Marktumfeld sehr konservativ aus. Bieterverfahren meidet Denk inzwischen, weil die Grundstücke und Projekte dann einfach sehr teuer sind. „2016 haben wir mit unserer zwölfköpfigen Mannschaft rund 50 Projekte geprüft. Gerade einmal drei bis vier davon setzen wir um“, so Denk. In einem sehr engen Rahmen machen beide Häuser auch Joint-Ventures mit einigen wenigen Partnern, Family Offices oder Versicherungen, wenn es um größere Projekte geht.
Und die Rendite? „Beim Eigenkapitaleinsatz wollen wir mindestens eine Verzinsung von 15 Prozent haben“, sagt Jastrembski. Bei einer Mezzanine-Finanzierung sollten es eigentlich schon 12 Prozent sein. „Am Markt bekommen Sie allerdings aktuell für gute Risiken wohl nur etwas weniger“, so Jastrembski. Das ändere sich erst dann, wenn die ersten Mezzanine-Geber wieder von Markt verschwinden. Und das passiert dann, wenn die Zinsen steigen und es vergleichbare andere Investitionsmöglichkeiten gibt mit weniger Risiko. „Da wir in das unternehmerische Risiko gehen, bekommen wir keine laufende Vergütung, sondern sind am Projektgewinn beteiligt“, erklärt Denk den grundsätzlichen Mechanismus. Die Rendite sollte auch bei der Bayern Immo mindestens bei über 10 Prozent liegen.
Grundsätzlich gilt: Konkurrenz belebt das Geschäft. Doch je mehr Mezzanine-Geber auf den Markt kommen, desto schneller werden auch hier die Renditen sinken. So ist die durchschnittliche Verzinsung von Nachrangkapital für den Bestand 2016 bereits um einen Prozentpunkt auf 9,3 Prozent gesunken. Bei Projektentwicklungen indes wurden im Schnitt 14 Prozent erreicht, 1,5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.
Nachrangkapital ist allerdings nicht irgendein beliebiger Portfoliobaustein. „Projektentwicklung ist eines der letzten großen Abenteuer der Menschheit“, so Denk. Nicht alle Schritte in den Projekten liefen immer wie geplant, auch bei den guten gebe es immer wieder Abweichungen. „Da brauchen Sie gute Leute, die sich damit auskennen.“ Denn rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln schadet dem Markt mehr, als es nützt.
Autor: Astrid Lipsky
Quelle: DAS INVESTMENT.