Das Investment: Grenzmärkte, Schwellenmärkte und Industrieländer: Die Grenzen verschwimmen

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 30.10.2014. Grenzmärkte, also Länder, die bislang schwächer entwickelt sind als Schwellenländer, ziehen verstärkt das Interesse von Mark Mobius, Chef der Templeton Emerging Markets Group, auf sich. Er beobachtet verschwimmende Grenzen zwischen Aktien aus Schwellenmärkten, Grenzmärkten und Industrieländern und spannende Investmentmöglichkeiten, die sich daraus ergeben.

Bei der Einstufung von Unternehmen in Schwellenmärkte, Grenzmärkte und Industrieländer sowie bezüglich ihrer Eignung für Anlageportfolios gibt es gewisse Konvergenzen. Bei vielen Aktien aus Grenzmärkten – also der kleineren, geringer entwickelten Untergruppe der Schwellenmärkte – haben wir in letzter Zeit zunehmende Liquidität und Transparenz festgestellt.

Nach unserem Eindruck sind immer mehr an Börsen von Industrieländern notierte Unternehmen überwiegend auf Grenz- oder Schwellenmärkten tätig oder erwirtschaften dort ihre Umsätze oder Gewinne. Gleichzeitig kaufen immer mehr Schwellenländerunternehmen Firmen in Industrieländern auf und entwickeln sich zu echten multinationalen Konzernen. Unserer Ansicht nach können geeignete Aktien aus Grenzmärkten und auch aus Industrieländern das Wertpotenzial von Portfolios steigern, die Anleger traditionell als Schwellenmarktportfolios bewerten könnten.

Marktkonvergenz

Die Grenzmärkte haben in den letzten Jahren unser besonderes Interesse erregt, denn wir nehmen auf diesen Märkten solides Wirtschaftswachstumspotenzial wahr. Die Reformbestrebungen von Regierungen ermöglichen ebenfalls Ertragssteigerungen und Neubewertungen von Grenzmarktunternehmen.

Manche sprechen sich wegen ihrer begrenzten Größe und geringeren Liquidität gegen Anlagen auf Grenzmärkten aus. Diese Sorgen sind unseres Erachtens nicht in jedem Fall gerechtfertigt. Eine Marktkapitalisierung der Grenzmärkte in der Größenordnung von insgesamt 1,8 Billionen US-Dollar bei einem Tagesumsatz von 3,6 Milliarden US-Dollar eröffnet unserer Ansicht nach mehr als ausreichende Möglichkeiten. Grenzmärkte bieten eine erhebliche Zahl von Einzeltiteln, die mit ihrer Kapitalisierung und ihrem Handelsvolumen locker mithalten können mit manchen Vergleichswerten aus Schwellenländern.

Dazu fallen mir Banken aus Pakistan und Nigeria, ein Telekommunikationsunternehmen aus Argentinien und eine Öl- und Gasgesellschaft aus Zentralasien ein. Außerdem gilt, dass auch innerhalb der Schwellenmärkte verbesserte Liquidität an Börsen in Ländern wie Indien bedeutet, dass Aktien, die wir zuvor womöglich nur für spezialisierte Small-Cap-Portfolios in Betracht gezogen hätten, mittlerweile so rege gehandelt werden, dass sie auch für herkömmliche globale Schwellenländerfonds infrage kommen.

Viele Grenzmärkte vor Hochstufung

Die jüngsten Aktivitäten des Indexanbieters für Schwellen- und Grenzmärkte Morgan Stanley Capital International (MSCI) unterstreichen unser Konvergenzargument. Im Mai 2014 stufte MSCI Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate von Grenz- zu Schwellenmärkten hoch und würdigte damit Verbesserungen bei Liquidität und Rechten ausländischer Aktionäre auf diesen Märkten. Auf diese Länder entfiel bei der Umstufung ein erheblicher Anteil der Gesamtkapitalisierung des MSCI Frontier Markets Index.

Weitere acht Grenzmärkte werden ebenfalls für die eventuelle Aufnahme in breitere MSCI-Indexfamilien in Betracht gezogen. Die meisten dieser acht Länder sind zurzeit noch eher klein, doch mit Saudi-Arabien verfügt eines davon über einen großen Markt mit einer Kapitalisierung von rund 600 Milliarden US-Dollar – auf dem Niveau von Mexiko und Südafrika. Die zuletzt angekündigten Pläne Saudi-Arabiens, ausländischen Investoren direkten Zugang zum saudischen Markt zu gewähren, haben die Wahrscheinlichkeit einer Aufnahme des Landes in die MSCI-Indizes in den nächsten Jahren unseres Erachtens stark erhöht.

Die Grenzen des investierbaren Schwellenländeruniversums sprengen

Für uns reicht das Schwellen- und Grenzmarktuniversum allerdings weit über die Grenzen traditioneller Referenzindizes hinaus. Wir suchen in fast jedem Entwicklungsland, in dem wir Potenzial erkennen, nach reizvoll bewerteten Aktien. Die Grenzen sind dabei nicht immer klar – je nach den zur Klassifizierung verwendeten Kennzahlen. So wird Südkorea beispielsweise derzeit von einem Indexanbieter als Schwellenland eingestuft, von einem anderen als Industrieland.

2013 fiel Griechenland bei MSCI vom Industrieland auf Schwellenmarktstatus zurück, obwohl das Bruttonationaleinkommen pro Kopf in Griechenland deutlich über der Schwelle der Weltbank für so genannte Länder „mit hohem Einkommen“ liegt und viele dortige Unternehmen ihren geschäftlichen Schwerpunkt in Industrieländern haben. Vielleicht liegt Griechenland mit seiner (ehemaligen) Vergleichsgruppe der Industrieländer in vieler Hinsicht nicht gleichauf. Doch man könnte dagegen halten, dass es auch nicht viele der typischen Merkmale anderer Schwellenmärkte aufweist – zum Beispiel ein attraktives Wachstumspotenzial, eine junge Bevölkerung und moderate Verschuldungsquoten.

Während wir die Gelegenheit zur Investition in Griechenland als Schwellenmarkt begrüßen und dort potenzielle Chancen ausloten, ist die Einstufung unseres Erachtens schwierig und fällt in eine Grauzone.

Erschließung des Schwellenländerpotenzials

Manches Land bietet vielleicht keine Wertpapierbörse, keine ausreichende Liquidität oder auch keinen angemessenen Anlegerschutz für Direktinvestitionen. Doch das Engagement in sein Wachstumspotenzial und seine Verbraucherbasis ist über Unternehmen möglich, die an Börsen von Industrieländern notieren und in solchen Schwellen- und Grenzmärkten tätig sind. Solche Anlagen können Zugang zu dem von Ländern wie Georgien, Mosambik oder Turkmenistan gebotenen Wachstum eröffnen, um nur ein paar zu nennen.

Wir könnten beispielsweise in ein Konsumgüterunternehmen investieren, das in den USA oder Großbritannien ansässig und notiert ist, dessen Gewinne aber zum Großteil von ausländischen Verbrauchern stammen – aus Ländern wie den gerade genannten.

Außerdem haben in unseren Augen diverse, teils namhafte Unternehmen aus Industrieländern ihren geografischen Schwerpunkt so verschoben, dass ihre Aktien letztlich in jeder Hinsicht Schwellenländertitel sind. Als von Indexeinschränkungen unbelastete Investoren meinen wir, dass solche Aktien für Schwellenländerportfolios in Betracht gezogen werden sollten.

Wir sind nach wie vor überzeugt, dass die Grenzen zwischen Schwellen-, Grenz- und Industrieländeraktien weiter verwischen und diese Anlegern in den nächsten Jahren beträchtliche potenzielle Chancen für ihre Portfolios bieten, ungeachtet ihrer Bezeichnung.

Von: Mark Mobius

Quelle: DAS INVESTMENT.

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