Das Investment: Bert Flossbach über die Negativzinsen

sjb_werbung_das_investment_300_200Das schwache Wirtschaftswachstum und die hohe Verschuldung der Industriestaaten seien keine hinreichende Erklärung für Negativzinsen, meint Bert Flossbach, Chef und Mitgründer der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch. Für ihn widersprechen die Strafzinsen dem gesunden Menschenverstand.

„Negative Zinsen sind ein Ausdruck von Verrücktheit“, schreibt Bert Flossbach, Chef und Mitgründer der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch in seinem Quartalsbericht. Denn die Strafzinsen würden eines der wichtigsten ökonomischen Postulate, nämlich den Wunsch der Menschen, ihr Geld lieber heute als morgen auszugeben, auf den Kopf stellen. Für Flossbach widerspricht das dem gesunden Menschenverstand.

„Wer spart, verliert“

„Der Staat und inzwischen auch bonitätsstarke Großkonzerne verdienen mit der Aufnahme von Schulden Geld, das Investoren ihnen leihen, um einen Teil davon zu verlieren“, schreibt der Vermögensverwalter. Anleihen im Wert von rund 15.600 Milliarden Euro rentieren derzeit unter null. Damit würden institutionelle Investoren und Privatsparer ihrer Erträge beraubt: „Wer spart, verliert“.

Doch das ist noch nicht alles. Noch verrückter als die Strafzinsen per se findet Flossbach die Tatsache, dass diese mittlerweile fast schon als normal empfunden werden. Der Vermögensverwalter verweist auf einen Medienbeitrag, in dem die negative Verzinsung fast schon als die natürliche Folge des schwachen Wirtschaftswachstums dargestellt wurde.

Seit rund 5.000 Jahren gab es keinen negativen Zins

„Tatsächlich sind negative Zinsen aber ein Novum in der Menschheitsgeschichte“, beteuert Flossbach. Seit es schriftliche Überlieferungen gibt – also seit rund 5.000 Jahren – sei der Zins niemals negativ gewesen. „Selbst in den ersten 1.800 Jahren unserer Zeitrechnung, in der das Wirtschaftswachstum nach Berechnungen des britischen Wirtschaftshistorikers Angus Maddison nur rund 0,1 Prozent pro Jahr betragen hat, lag der Zins immer deutlich über der Nullprozentmarke“.

Auch im 19. Jahrhundert gab es laut Flossbach zwar längere Phasen wirtschaftlicher Stagnation, aber keine negativen Zinsen. Das schwache Wirtschaftswachstum tauge also nicht als Rechtfertigung der Strafzinsen, fasst der Vermögensverwalter zusammen.

„Auch das oft angeführte Argument, dass die hohe Verschuldung in den entwickelten Ländern eine schwere Bürde für das Wachstumspotenzial darstellt, vermag zwar ein niedriges Zinsniveau zu erklären, aber kein negatives“, so Flossbach weiter. Vielmehr müsste die wachsende Verschuldung die Zinsen eigentlich eher in die Höhe treiben, weil die Bonität darunter leidet. Dass dies nicht der Fall ist, liege an der Geldpolitik der Notenbanken – der wahren Schuldigen des aktuellen Dilemmas.

„Pawlowscher Reflex einer möglichst lockeren Geldpolitik“

„Die Macht der Notenbanker überstrahlt die der meisten Regierungschefs“, erklärt Flossbach. Neben ihrer traditionellen Aufgabe – der Aufrechterhaltung der Geldwertstabilität – würden Fed, EZB & Co. nun auch wirtschaftspolitische Ziele verfolgen und sich in eine zunehmende Abhängigkeit von den Finanzmärkten begeben.

Diese starke Abhängigkeit führt laut Flossbach dazu, dass die Zentralbanken gezwungen sind, Markterwartungen zu erfüllen. „Dass die Notenbanken mit dem immer gleichen pawlowschen Reflex einer möglichst lockeren Geldpolitik auf Unsicherheit reagieren, ist dabei fester Bestandteil der Markterwartungen“.

Quelle: Das Investment

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