SJB | Korschenbroich, 27.02.2015. Die Regulierung der Finanzanlagenvermittler über die Gewerbeordnung steht auf dem Prüfstand. Banken und Verbraucherschützer fordern, die Vermittler unter die Aufsicht der Bafin zu stellen. Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, nimmt Stellung.
DAS INVESTMENT.com: Der Bundesrat empfiehlt, die 34f-Vermittler künftig von der Bafin kontrollieren zu lassen. Im Zuge des anstehenden Kleinanlegerschutzgesetztes fordern dies auch Verbraucherschützer und Bankenvertreter. Warum?
Frank Rottenbacher: Offiziell heißt es, die zunehmende Komplexität des Finanzmarktes und der dort vertriebenen Finanzanlagenprodukte machten es erforderlich, das nicht länger mit zweierlei Maß gemessen wird. Zudem wird meist impliziert, eine Bafin-Kontrolle wäre weitreichender und engmaschiger als eine Aufsicht über die Gewerbeämter. Das ist nicht richtig. Mit der Regulierung über den Paragraf 34f des Gewerbeordnung hat der unabhängige Vermittler bereits heute die gleichen Wohlverhaltens- und Informationspflichten wie der Bankberater.
Warum wurde die Aufsicht über die Gewerbeämter gewählt?
Weil es dort mit der Aufsicht über die rund 240.000 Versicherungsvermittler, die 2007 reguliert wurden, bereits ein sinnvoll strukturiertes und gut laufendes Kontrollsystem bei den IHKn gibt. Die Vorgaben für Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung, Register, Leumund, Mindestqualifikation und Übergangsfristen etc. für Finanzanlagevermittler haben sich an diesem System orientiert. Viele Vermittler sind sowohl im Versicherungsbereich als auch im Finanzanlagenbereich tätig und kannten somit auch schon die Abläufe.
Was würde passieren, wenn die 34f-Vermittler der Bafin unterstellt würden?
Dann müssen sich die 40.000 freien Finanzanlagevermittler entscheiden. Entweder gehen sie unter ein Haftungsdach oder sie gründen ein eigenes Finanzdienstleistungsinstitut. Letzteres kommt wohl für niemanden in Frage, denn allein der administrative Aufwand für die Prüf- und Berichtspflichten eines Instituts entsprächen niedrigen bis mittleren fünfstelligen Summe. Das ist für viele mittelständische unabhängige Vermittler schlicht unwirtschaftlich. Die 40.000 Finanzanlagenvermittler würden sich demnach unter Haftungsdächern sammeln. Da würden sich dann vermutlich drei bis vier große Haftungsdächer durchsetzen.
Was hätte das für Auswirkungen auf den Markt?
Es gibt auch jetzt schon gute Gründe für Vermittler, sich einem Haftungsdach anzuschließen. Zum Beispiel wenn sie Aktien, Renten, Zertifikate vermitteln möchten oder sie den Service nutzen möchten. Die Haftung übernimmt das Unternehmen, der Vermittler kann aber nur vom Haftungsdach ausgewählte und geprüfte Anlageprodukte vermitteln. Das passt aber nicht für jeden Vermittler. Uns ist wichtig, dass sich jeder Vermittler selbst entscheiden kann, ob er unter ein Haftungsdach geht oder nicht. Wenn einen die Regulierung nun aber dazu zwingen sollte, geht dieser unabhängige Vertriebsweg im Markt verloren. Hinzu kommt, dass niemand weiß, wie sich die Haftungsdächer weiter entwickeln, sie könnten unter den Einfluss der Banken geraten, die sich an den Haftungsdächern beteiligen oder diese übernehmen. Damit hätten die Banken ihre lästige Hauptkonkurrenz unter Kontrolle. Der Bundesratsantrag kam übrigens aus Hessen, also aus dem Bundesland mit der Bankenmetropole Frankfurt. Ein Zufall?
Ist Ihrer Ansicht nach die Bafin zu einer wirksamen Kontrolle der Vermittler überhaupt in der Lage?
Die Bafin hüllt sich dazu meist in Schweigen. Bei der Anhörung zur Finanzanlagenvermittlerverordnung im Finanzausschuss des Bundestags hat die Bafin aber indirekt zugegeben, dass sie die Aufsicht über Zehntausende freie Vermittler gar nicht leisten könne. Was würde sich bei der Kontrolle verändern? Die Vermittler würden wohl weiterhin von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern geprüft. Sie würden dann ihre Prüfberichte nicht beim Gewerbeamt sondern bei der Bafin einreichen. Das wäre doch kein Fortschritt. Die Kammern sind regional organisiert und einfach näher dran am Vermittler.
Gibt es denn objektive Gründe zu sagen, das Kammersystem habe bei der Aufsicht versagt?
Eben nicht. Das System ist ja erst zum Jahresbeginn 2013 in Kraft getreten. Die Aufsichtsarbeit der Kammern muss ja erst einmal beginnen können und das von der Politik so gewünschte und umgesetzte Regulierungssystem den Praxistest bestehen lassen. Der 34f ist ein junger Paragraf, die Übergangsfrist mit den Prüfungen zum Sachkundenachweis zum 34f ist erst seit Ende 2014 abgelaufen. Es gibt noch wenig Erfahrung mit der Kontrolle der Anlagenvermittler, aber die Kammern haben bereits seit acht Jahren die Versicherungsvermittler unter Kontrolle. Und dort laufen Prüfungen, Erlaubnisse Register alles reibungslos. Die Zahl der Beschwerden gegen unabhängige Vermittler beim Ombudsmann ist verschwindend gering. Der Gesetzgeber sieht das als Erfolg, sonst hätte man nicht neue Vermittlertypen wie den Honoraranlagenvermittler oder die Immobilienkreditvermittler ebenfalls über die Gewerbeordnung reguliert.
Für wie wahrscheinlich halten Sie eine Neuregulierung der 34f-Berater?
Die Forderung wird ja schon seit Jahren reflexhaft von den Banken erhoben und wir begegnen ihnen stets mit guten Gegenargumenten. Die Allianz der Banken mit den ihnen ansonsten nicht sonderlich gewogenen Verbraucherschützern ist neu. Wir glauben aber nicht, dass in dieser Legislaturperiode in dieser Frage neu entschieden wird. Auch beim anstehenden Kleinanlegerschutzgesetz geht es in erster Linie auch um andere, drängendere Fragen – etwa zu Werbung und zur Finanzierung von Finanzanlagen über Crowdfunding. Falls bei der nächsten Bundestagswahl die Regierung wechselt, ist jedoch alles wieder offen. Dann kommt möglichweise die komplette Regulierung der Finanzmarktakteure auf den Prüfstand.
Von: Oliver Lepold
Quelle: DAS INVESTMENT.