Zu Jahresbeginn 2017 prognostizierten die Banken im Durchschnitt einen Dax-Stand von 11.629 Punkten zum Jahresende. Sind diese Prognosen verlässlich? Sollten Privatanleger sich an diesen Prognosen orientieren, denn die Profis müssten es doch eigentlich wissen, oder?Die ersten sieben Monate des Börsenjahres 2017 sind schon wieder vorüber. In den eher ruhigen Sommermonaten können Analysten, Portfoliomanager und Privatanleger eine erste Zwischenbilanz ziehen. Es ist auch immer wieder interessant zu sehen, wie sich die Experten der Banken geschlagen haben. Hier eine Übersicht der Bank-Prognosen für den Dax (siehe unten).
Eines fällt vor allem auf. Die Tatsache, dass die Vorhersagen nach den starken ersten fünf Monaten von einigen Banken schon stark angehoben wurden. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sammelt diese Vorhersagen im vierteljährlichen Rhythmus von den Research-Abteilungen der Kreditinstitute ein und veröffentlicht diese. Abgefragt werden unter anderem die Einschätzungen zu den kurz- und langfristigen Zinsen, DJ Stoxx 50, DAX, Euro/US-Dollar und dem Ölpreis in US-Dollar der Sorte Brent. Die Bankexperten nennen dazu ihre Kursziele zum Ende eines Quartals über einen 3- und 6-Monats-Zeitraum.
Somit sind diese Einschätzungen regelmäßig stark von der Realität beeinflusst. Durch diese Vorgehensweise besteht nämlich immer die Möglichkeit, die ehemalige Halbjahresprognose nach drei Monaten aufgrund der realen Entwicklung der Finanzmärkte auf die dann anstehende 3-Monats-Einschätzung anzupassen. Ein weiteres Kuriosum fällt zudem auf: Es kann durchaus vorkommen, dass sich die Prognosen und die Empfehlungen widersprechen. So prognostiziert mindestens eine deutsche Großbank einen weiteren Kursanstieg an den Börsen und empfiehlt ihren Kunden aber eine Reduktion der Aktienquote.
200-Tage-Linie verlässlich
Lassen Sie uns es vorwegnehmen. Es kann niemand verlässlich vorhersagen, wo die Kurse in einem Jahr stehen. Wir schauen uns die Bankprognosen interessiert an, nutzen diese aber eher als Kontraindikator. Zahlreiche Studien belegen zudem, dass die Banken tendenziell hohe Aktienquoten empfehlen, wenn die Börsenkurse schon deutlich gestiegen sind, und tiefe Quoten, wenn die Kurse gefallen sind. Dieses Vorgehen dürfte größtenteils mit dem Herdentriebeffekt zusammenhängen. Oft sind die Quoten in den Depots dann am höchsten, wenn die Börse kurz vor dem Absturz steht.
Jetzt bleibt allerdings die spannende Frage, wie sich Anleger positionieren sollten. Die Charttechnik kann hier eine nützliche Hilfe bieten. Die 200-Tage-Linie kann ein verlässliches Hilfsmittel sein. Die 200-Tage-Linie gehört wohl zu den einfachsten und bekanntesten Hilfsmitteln der Charttechnik. Anhand dieses Indikators werden die großen Trends besser sichtbar. Die 200-Tage-Linie wird ermittelt, indem für jeden Tag das arithmetische Mittel der Schlusskurse der vergangenen 200 Handelstage berechnet wird und anschließend die einzelnen Durchschnittskurse miteinander verbunden werden. Diese Linie beschreibt also den gleitenden Durchschnitt der vergangenen 200 Börsentage. Damit läuft sie den Kursen quasi hinterher und gehört daher zur Gruppe der Trendfolger.
„The trend is your friend“
Somit können Anleger der Börsenregel „The trend is your friend“ ganz simpel folgen und bei konsequenter Regeleinhaltung die langfristigen Trends der Aktienmärte „reiten“. Die Faustregel lautet: Steigt der beobachtete Index oder die ausgewählte Aktie über den gleitenden Durchschnitt, der in diesem Fall als Widerstandslinie fungiert, dann heißt es kaufen. Anleger können in der Regel davon ausgehen, dass der Kurs weiter steigt. Durchbricht hingegen der Kurs die 200-Tage-Linie, die in diesem Fall eine Unterstützungslinie darstellt, von oben nach unten, dann heißt es verkaufen.
Es stellt sich allerdings die Frage, warum man ausgerechnet den gleitenden Durchschnitt der vergangenen 200 Tage beobachtet – und nicht etwa die 100 oder 500-Tage-Linie. Ganz einfach: Im Backtesting hat sich die 200-Tage-Linie im Laufe der Jahre als besonders valider Indikator erwiesen. Es gibt aber auch hier einen Nachteil. In einer volatilen Seitwärtsbewegung ist hingegen die Gefahr von Fehlsignalen und erhöhten Transaktionskosten gegeben.
Geeignete Aktienquote
Eine weiter recht simple Strategie für Privatanleger besteht darin, für sich eine geeignete Aktienquote zu identifizieren und regelmäßig ein Rebalancing durchzuführen. Heißt konkret, dass die Aktienquote nach starken Kursanstiegen wieder reduziert wird. Fällt die Aktienquote aufgrund von Kursverlusten kauft der Anleger zu tieferen Kursen wieder nach.
Schlussfolgernd bleibt festzuhalten, dass von Banken abgegebene Börsenprognosen eher Unterhaltungscharakter haben. Zum einem beinhalten diese Interessenskonflikte, zum anderen wird eine Bank nur schwer aus der Herde ausbrechen und eine gewagte Prognose abgeben. Darüber hinaus sind wir uns sicher, dass niemand die Zukunft vorhersagen kann. Frei nach dem Zitat von Marc Twain: „Prognosen sind eine schwierige Sache. Vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“.
Wir halten uns eher an Perikles: „Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorauszusagen, sondern darauf, auf die Zukunft vorbereitet zu sein“. Aus diesem Grund kann eine regelbasierte Investmentstrategie, welche auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbaut auch Privatanlegern einen signifikanten Mehrwert bieten.
Von: Manuel Peiffer
Quelle: Das Investment