Von Edelmetallen abgesehen, schwächeln die Rohstoffpreise. Ob Anleger bei Kupfer & Co jetzt einsteigen sollten, welche Rohstoffpreise von Megatrends profitieren und warum Anleger Silber auf dem Kaufzettel haben sollten, erläutern die Amundi-Rohstoffexperten Peter Königbauer und Joachim Rädler im Gespräch.
Herr Königbauer, was sollten Anleger jetzt über den Rohstoffmarkt wissen?
Peter Königbauer: Wir haben derzeit eine schwierige Marktlage. Das ist bemerkenswert, denn eigentlich sind wir in einer spätzyklischen Phase, in der die Rohstoffmärkte als Verbrauchsmärkte in der Rückschau über die vergangenen Jahrzehnte die Tendenz gezeigt haben, stärker zu profitieren. Eigentlich kippen erst mit dem Beginn einer Rezession die Preise am Rohstoffmarkt. Dass die Preise für Rohstoffe schon jetzt nachgegeben haben, hängt vorrangig mit Donald Trump und seinen Tweets zusammen. Ein Tweet reicht aus, um den Markt nach oben oder unten zu drehen. Die Preise von Rohstoffen und -aktien sind unter Druck gekommen – die Preise bilden die wegen des US-chinesischen Handelskonflikts schwächelnde konjunkturelle Entwicklung ab.
Viele Anleger, die sich für Engagements am Rohstoffmarkt interessieren, könnten angesichts der stark gefallenen Preisniveaus versucht sein, jetzt einzusteigen. Wie sehen Sie die Lage?
Königbauer: Ob wir jetzt schon Einstiegskurse sehen, ist die Frage. Wir sind ein wenig zurückhaltend, weil zunächst die Handelsgespräche weitergehen sollten. China hat mit der Währungskarte einen Trumpf in der Hand. Sollte die aktuelle Phase der großen Unsicherheit weitergehen, und sollten die Chinesen versuchen, Trumps erhoffte Wiederwahl zu torpedieren und den Handelsstreit bis zur Wahl im November 2020 hinzuziehen, und damit eine Rezession in den USA verursachen, würde sich das Bild für Rohstoffe nochmals eintrüben.
Viele Vermögensverwalter gehen jedoch davon aus, dass Trump alles dafür tun wird, um vor der US-Präsidentschaftswahl zu einer Einigung zu kommen.
Königbauer: Auch wir sehen das so. Dennoch wird es nicht kurzfristig zu einer Einigung kommen. Trump versteht den Konflikt mit China zunehmend als Kräftemessen um die globale wirtschaftliche und in gewisser Weise auch kulturelle Vorherrschaft. Die Chinesen könnten sich herausgefordert fühlen, auch einmal länger Härte als eigentlich nötig zu zeigen. Das wird im Markt bereits diskutiert. Es gibt größere Asset Manager, die der Wahrscheinlichkeit, dass die Chinesen bis zur Wahl mauern, mehr als 50 Prozent zumessen. Rohstoffanleger stehen daher inmitten eines möglicherweise länger anhaltenden Kampfes der Kulturen.
Die längerfristige Zukunft für Rohstoffe dürfte jedoch angesichts der wachsenden Weltbevölkerung, etwa in den aufstrebenden Schwellenländern, vielversprechend aussehen. Welche Rohstoffe werden vor dem Hintergrund von sich allmählich herausbildenden Megatrends interessanter?
Joachim Rädler: Rohstoffen kommt in Megatrends eine bedeutende Rolle zu. Eines der wichtigsten Zukunftsthemen ist die E-Mobilität. In diesen Bereich spielen auch Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt hinein, denn Lithium-Ionen-Batterien sind weiterhin wichtigster Energiespeicher.
Dennoch sind die Aktien von Lithium-Minengesellschaften nach dem Tesla-Hype von vor einigen Jahren stark gefallen. Womit hängt das zusammen?
Rädler: Wir sind von einem extrem überteuerten Niveau auf ein angemessenes Preisniveau zurückgekommen. Zugleich hat der steigende Lithiumpreis aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach dem Metall zu einem Anziehen der Förderung geführt – was die Lithium-Preise deckelt. Aber auch hier fordert der Handelskonflikt seinen Tribut.
Interessant bleibt offenbar auch Wasserstoff, obwohl diese Antriebsform schon oft totgesagt wurde…
Rädler: …die Brennstoffzelle wird als Energielieferant der Zukunft eine große Rolle spielen. Viele Automobilbauer forschen hier intensiv. Die Brennstoffzelle löst zumindest theoretisch alle mit der Elektromobilität verbundenen Probleme: Das Auto fährt elektrisch und damit lokal emissionsfrei, das Tanken des nötigen Wasserstoffs dauert nur wenige Minuten. Insbesondere für den Einsatz innerhalb der Lkw-Sparten von Automobilherstellern oder in der Schifffahrt hat die Brennstoffzelle großen Charme, weil riesige Lithium-Ionen-Batterien in Lkws Reichweite kosten, und daher E-Mobilität nicht die erste Wahl sein dürfte.
Welche weiteren Beispiele könnten Sie für den Einsatz von Rohstoffen im Bereich der Megatrends nennen?
Rädler: Sehr interessant ist das Thema Smart Cities. Kupfer ist nicht nur einer der Profiteure im Bereich E-Mobilität, sondern auch im Bereich der Erneuerbaren Energien und der damit zusammenhängenden Stromspeicherung. Dem Thema Smart Grids, also der dezentralen Stromversorgung in Smart Cities, wird in den kommenden Jahren eine ganz wesentliche Bedeutung zukommen. In diesem Zusammenhang steht nicht zuletzt auch der Einsatz von Silber vor einer Renaissance. Silber ist ein hervorragender elektrischer Leiter und wird in vielen Schaltkreisen für elektronische Bauteile verwendet. Die weltweite Nachfrage nach Silber aus der Industrie aber auch aus der Medizin – denken Sie hier an den Megatrend Überalterung – nimmt zu.
Ein weiteres Beispiel ist der Online-Handel, den man vielleicht nicht unbedingt im Zusammenhang mit Rohstoffen auf dem Schirm hat. Der Online-Handel ist in den vergangenen Jahren sehr stark gewachsen: Von diesem Trend profitiert die Verpackungsindustrie, die nun unter dem Druck der Gesellschaft auf die Suche nach Alternativen zum Plastik geht; salopp gesagt, weg vom Styropor und hin zu Stroh. Hier liegt riesiges Potenzial für steigende Umsätze, das sich ebenfalls über Rohstoffe abdecken lässt.
Wenn zukünftig immer weniger Plastik und Benzin gebraucht wird: Wie könnten sich die Ölpreise entwickeln?
Königbauer: Natürlich beeinflussen die Megatrends die Ölpreise: Sobald sich die E-Mobilität ausbreitet und der Plastikverbrauch zurückgeht, wird Öl weniger nachgefragt. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie schnell die neuen Großtrends in einen Bereich kommen, dass sie am Markt zu spüren sind. Wir erinnern uns: Die Bundeskanzlerin wollte bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen bringen. Bislang haben wir davon noch nicht viel gemerkt. Aber das ist wohl normal: Erst erleben wir eine grandiose Euphorie, die sich dann zunächst abschwächt, weil der jeweilige Megatrend Zeit braucht, um sich zu entwickeln. Mittelfristig wird sich durch die E-Mobilität ein Einfluss auf die Ölnachfrage zeigen und dementsprechend den Preis beeinflussen.
Also haben Anleger noch ausreichend Zeit, um Megatrends einen Platz im Portfolio einzuräumen?
Rädler: Man sollte nicht vergessen: Viele Unternehmen haben grundsolide Geschäftsmodelle und hervorragende Zukunftsaussichten, aber deren Aktien laufen noch nicht. Es dauert oft einige Zeit, bis auch die Aktie die Unternehmensentwicklung spiegelt. Noch wenig Beachtung findet mit Blick auf Megatrends und Rohstoffe übrigens das Thema Recycling. Die meisten Rohstoffe sind endliche Güter. Erze etwa werden in unseren Tagen mit immer mehr Aufwand aus dem Boden geholt und anschließend verbraucht. Seit einigen Jahren beginnt sich mit der Recycling-Industrie allerdings ein Wirtschaftssektor herauszubilden, der in den kommenden Jahren immer wichtiger wird. Die Wertschöpfungskette von Rohstoffen verlängert sich.
Könnten Sie dafür ein Beispiel nennen?
Rädler: Ein gutes Beispiel wäre hier Gold, das in vielen technischen Produkten verbaut ist. Viele Jahrzehnte lang wurden diese Verbrauchsgüter auf Mülldeponien entsorgt. Wegen der Konzentration von Gold auf engstem Raum würde es sich mitunter lohnen, mittels Urban Mining, so der Schlagwortbegriff dazu, das Edelmetall zu extrahieren und wiederzuverwenden. Hintergrund ist, dass die Grammzahlen pro Tonne, die heute in Goldminen geschürft werden, seit Jahren zurückgehen. Wie es in Zukunft generell weitergeht, hängt am Preis und inwieweit es gelingt, das Angebot zu erweitern. Bislang unwirtschaftliche Erzvorkommen und nur mit geringen Margen operierende Minen könnten eine Zukunft haben. Und wenn die entsprechenden Technologien entwickelt werden, etwa spezielle Sensortechnik, die den Müll vorsortiert, stehen Rohstoffe noch stärker als bislang wieder am Anfang eines neuen Gebrauchszyklus.
Wie unterstützt beim Thema Recycling die Politik mit Initiativen?
Rädler: Die Industrie ist hier unserer Beobachtung nach schneller als die Politik. Die beschlossenen Maßnahmen in der europäischen Politik fallen eher dürftig aus. Hier ist noch einiges an Arbeit zu leisten. In der Industrie beobachten wir hingegen ein Umdenken: Aus dem Innenleben eines Autos wird nicht länger nur ein PVC-Teppich hergestellt, sondern es entstehen höherwertige Produkte. Dafür sorgt die Preisbildung am Markt.
Wie können Anleger von Entwicklungen, hinter denen sich neue Megatrends verbergen, profitieren?
Königbauer: Im Hinblick auf Megatrends sollten sich Anleger mit aktiven Fonds auseinandersetzen. Indizes können diese beginnende Entwicklung nur unzureichend nachbilden. Außerdem bilden sich am Anfang der Entstehung von Megatrends ganz unterschiedliche Untertrends heraus. CPR Invest, eine Tochterfirma von Amundi AM mit einer ganzen Reihe von zukunftsträchtigen Themenfonds, hat einen entsprechenden weltweit investierenden Fonds „CPR Invest – Megatrends“ (ISIN: LU1746648549) aufgelegt. Der Fonds hat das Ziel, die Performance der globalen Aktienmärkte über einen langfristigen Zeitraum von mindestens fünf Jahren durch die Anlage des Fondsvermögens in Aktienfonds oder Aktien, die von weltweiten thematischen Trends profitieren, zu übertreffen.
Bei Minengesellschaften hingegen sind sowohl aktive als auch passive Ansätze legitim. Amundi AM bietet hier den Fonds „Amundi Aktien Rohstoffe“ (ISIN: DE0009779884): Es werden überwiegend Aktien von Unternehmen erworben, deren Hauptgeschäftsfeld die Erzeugung, die Gewinnung, der Handel oder die Weiterverarbeitung von Rohstoffen, Energieträgern oder landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist. Jeweils ungefähr ein Drittel des Fondsvermögens ist einerseits in Rohstoffe und andererseits in Erdöl und Erdgas investiert. Es folgen mit knapp 20 Prozent Nahrungsmittel und Getränke sowie der Chemiesektor mit etwa 4 Prozent. Eine dritte Möglichkeit wäre, ausschließlich in Rohstoffe zu investieren. Hier bietet sich der Amundi S. F. EUR Commodities (ISIN: LU0271695388) an, der passiv einen entsprechenden Bloomberg-Index abbildet.
Manche Anleger interessieren sich möglicherweise auch speziell für Silber. Welche Möglichkeit des Investments gibt es hier?
Königbauer: Anleger können sich in diesem Fall mit dem Amundi Gold Stock (ISIN: AT0000857040) beschäftigen. Durch gezielte Steuerung über etablierte Regionen der Gold- und Silberförderung wie Nordamerika, Australien und Südafrika, aber auch über aufstrebende Regionen wie einzelne Länder Lateinamerikas und Afrika hinweg, versucht das Fondsmanagement eine Optimierung der Wertentwicklung zu erreichen. Mit gutem Erfolg: Im laufenden Jahr hat der Fonds um mehr als 62 Prozent zugelegt.
Von: Helge Rehbein
Quelle: Das Investment