Das Investment: “Richtig desaströs dürfte es für die Strukturvertriebe werden“

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Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin hat konkrete Vorschläge für die Begrenzung der Provisionen in der Lebensversicherung gemacht. Wie reagieren Verbände und Maklerpools auf diese Pläne? DAS INVESTMENT hat mal nachgefragt.

„Bafin versucht, die Einführung eines harten Deckels oder Provisionsverbots zu vermeiden“

Markus Kiener, geschäftsführender Gesellschafter des Fonds Finanz Maklerservice.

DAS INVESTMENT: Die Bafin hat konkrete Vorschläge für die Begrenzung der Provisionen in der Lebensversicherung gemacht: Maximal 2,5 Prozent der Beitragssumme sollen Lebensversicherer künftig als Provisionen an den Vertrieb weitergeben dürfen. Für Vermittler mit geringer Kündigungsquote, wenig Beschwerden und zufriedenen Kunden können da oben drauf noch weitere 1,5 Prozent kommen. Wenn das so kommt: Welche Auswirkungen hätte das auf …

… einzelne Makler und Vermittler?

Markus Kiener: Für Vermittler, die qualitativ gute Arbeit leisten, hätte die von der Bafin vorgeschlagene Modifizierung der Provisionen nur geringe Auswirkungen. Werden die von den Gesellschaften vorgegebenen Qualitätskriterien – die momentan noch undefiniert sind – erfüllt, würde der Vermittler auf die grundlegenden 25 Promille noch bis zu 15 Promille oben draufbekommen und somit ähnliche Größenordnungen wie heute erreichen. Sollte der Vermittler die Qualitätskriterien nicht oder nur eingeschränkt erfüllen können, muss er natürlich mit Einbußen rechnen.

… das Geschäftsmodell von Maklerpools?

Gleiches gilt für Maklerpools: Erbringen diese qualitativ gute Arbeit, hat der Vorschlag der Bafin nur geringe Auswirkungen. Bei Erfüllung der von den Gesellschaften vorzugebenden Qualitätskriterien könnten Pools entsprechend 40 Promille erhalten. Für darüberhinausgehende Zahlungen liefern Pools wie die Fonds Finanz schlagkräftige Argumente, denn sie erbringen für die Gesellschaften höchst effiziente Leistungen, die die Gesellschaften wiederum separat vergüten dürften – sofern sie sich an den Fremdvergleichsgrundsatz halten.

… das Geschäftsmodell von Strukturvertrieben?

Große Strukturvertriebe wären mit denselben Auswirkungen konfrontiert wie Maklerpools.

Wie sollten Makler und Vermittler auf eine solche Begrenzung reagieren?

Es geht um die weitere Ausgestaltung eines bereits vorhandenen Regelwerks, bei dem das Kundeninteresse noch stärker in den Vordergrund rückt. Dabei ist vermutlich auch „nur“ ein Teil des Lebensversicherungsbereichs betroffen, nämlich das Altersvorsorgegeschäft – und zum Beispiel nicht die biometrischen Risiken wie Berufsunfähigkeitsversicherung oder Risikolebensversicherung. In diesem Zusammenhang raten wir unseren Vermittlern immer, sich grundsätzlich breit aufzustellen. Gerade in Zeiten anhaltender Regulierungsbemühungen sind sie damit weniger angreifbar und generelle Risiken, wie etwaige finanzielle Ausfälle, können durch andere Segmente und Sparten gut kompensiert werden.

Würde die Begrenzung zu einer weiteren Marktbereinigung im Vertrieb führen?

Grundsätzlich erhöht jede Regulierung den Druck auf die Marktteilnehmer. Gut aufgestellte und organisierte Makler, insbesondere diejenigen, die mit professionellen Maklerpools zusammenarbeiten, werden potenzielle Einbußen gut kompensieren können. Wir gehen daher auch dieses Mal nicht von nennenswerten Konsolidierungen im Maklermarkt aus.

Wie dürfte sich eine mögliche Begrenzung aus Versicherer-Sicht darstellen: Eher als Erleichterung, weil man (endlich) mit den Kosten runtergehen kann? Oder eher als Bedrohung, da die Produkte möglicherweise nicht mehr so gut verkauft werden?

Die meisten Versicherer stehen Eingriffen des Gesetzgebers in den freien Markt grundsätzlich eher skeptisch gegenüber. Daher ist zu vermuten, dass sie auch eine mögliche Provisionsbegrenzung nicht unbedingt begrüßen würden. Selbstverständlich wollen Versicherer ihre Produkte verkaufen und sind deshalb natürlich sehr daran interessiert, den Vertrieb eben dieser nicht zu schwächen. Dabei muss eine hohe Beratungsqualität gewährleistet werden. Vermittler, die diese erbringen, sollen dafür auch angemessen entlohnt werden. Sie stattdessen durch anhaltende Einnahmeausfälle zu schwächen, sollte daher weder im Interesse der Versicherer, noch des Gesetzgebers sein.

Gäbe es Möglichkeiten für Versicherer, diese Begrenzung zu umgehen?

Aus unserer Erfahrung heraus hat die Versicherungswirtschaft gesetzliche Regelungen immer akzeptiert und nicht versucht, diese zu umgehen.

Glauben Sie, dass der Vorschlag der Bafin eine Vorstufe zum Provisionsverbot ist? Welche Folgen hätte ein solches für den Versicherungsvertrieb in Deutschland?

Nein, das glauben wir eben gerade nicht. Wir glauben, dass der Vorschlag der Bafin genau in die entgegengesetzte Richtung zielt, um die Einführung eines harten Deckels oder gar eines vollkommen kontraproduktiven Provisionsverbots durch den Gesetzgeber zu vermeiden. Ein Provisionsverbot besteht bereits in einigen europäischen Ländern und hat letztlich zu dem widrigen Umstand geführt, dass weniger finanzstarke Kunden keine adäquate Beratung mehr erhalten. Der Vorschlag der Bafin könnte bei richtiger Ausgestaltung zu einem ausgewogenen Verhältnis der Interessen von Verbrauchern, Versicherern, Vermittlern, Pools und Vertrieben führen.

„Abschlusskosten sind bereits marktweit gesunken“

Dirk Bohsem, Leiter Marktmanagement bei MLP

Grundsätzlich halten wir einen pauschalen Provisionsdeckel für ordnungspolitisch falsch; denn mit einem solchen Markteingriff würde ein 08/15-Produktverkauf gefördert und es käme zu einer Wettbewerbsverzerrung zulasten einer hochwertigen Beratung, die schlichtweg nicht mehr hinreichend finanzierbar wäre. Der Gesetzgeber würde also das Gegenteil dessen erreichen, was das Ziel sein sollte: die Qualität im Markt weiter zu erhöhen.

Der Vorschlag der Bafin, der bisher nur bei einer internen Branchenveranstaltung gefallen sei, würde der politischen Diskussion über eine Deckelung vorgreifen – dort ist längst nicht jeder von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dieses Instruments überzeugt, zumal die Abschlusskosten marktweit auch bereits gesunken sind.

„Einkommen des Maklers wird an das Verhalten des Versicherers geknüpft“

Oliver Pradetto, Blau Direkt

Pfefferminzia: Die Bafin hat konkrete Vorschläge für die Begrenzung der Provisionen in der Lebensversicherung gemacht: Maximal 2,5 Prozent der Beitragssumme sollen Lebensversicherer künftig als Provisionen an den Vertrieb weitergeben dürfen. Für Vermittler mit geringer Kündigungsquote, wenig Beschwerden und zufriedenen Kunden können da oben drauf noch weitere 1,5 Prozent kommen. Wenn das so kommt: Welche Auswirkungen hätte das auf …

… einzelne Makler und Vermittler?

Auch wenn da noch etwas hinzukommt, kann ein Vermittler im besten Fall bei 40 Promille auslaufen. Damit sollten Makler aber nicht rechnen. Man muss erst einmal sehen wie das konkret ausgestaltet wird. Die Kundenzufriedenheit hat Versicherer bisher zumindest nicht in der Form interessiert, als dass die Branche Systematiken zur objektiven Messung entwickelt hätte. Was Beschwerden oder Kündigungsquoten angeht, hängt dies nicht allein am Makler ab, sondern wird vom schlechten Image des Produkts ebenso beeinflusst, wie von Überschusskürzungen oder Run-Off-Diskussionen.

Das Einkommen des Maklers wird demnach an das Verhalten des Versicherers geknüpft. Ich halte das für verfassungswidrig, aber am Ende nützt da keine Diskussion, denn bis man diesbezüglich ein Verfahren gewänne, sind die heutigen Maklerstrukturen bereits zerstört. Das Einkommen vieler kleinerer Makler ist schon jetzt zu niedrig. Jeder vierte hat weniger als 25.000 Euro. Nur jeder zweite erreicht mehr als 50.000 Euro. Da sind größere Verluste kaum zu verkraften.

40 Prozent unserer Partner geben an, Abschlussprovisionen seien ein wichtiger oder sehr wichtiger Bestandteil ihrer Einnahmen und dabei muss man sehen, dass unsere Betriebe im Mittel dreimal größer sind als der durchschnittliche Maklerbetrieb.

… das Geschäftsmodell von Maklerpools?

Maklerpools werden vor allem durch den Wegfall vieler Vermittler leiden. Zunächst einmal halbiert sich mit der Provision der Gesamtumsatz im Lebenbereich. Von den Vermittlern die wegfallen, fehlen aber auch die Umsätze in Sach und Krankenversicherung.

Am schlimmsten und kaum berechenbar: Wo Vermittler fallen, bedienen sie ihre Stornos oft nicht mehr. Die Pools haben zwischen 0 und 15 Prozent Courtagedifferenz behalten, haften aber zu 100 Prozent. Wenn die Versicherer einen Dominoeffekt vermeiden wollen, müssen sie ernsthaft überlegen, wie sie die Haftung auf die Vermittler des Pools begrenzen, sonst sterben zuerst kleinere Makler, dann kleinere Pools und die reißen mit teils schlecht gesicherten Beständen dann die nächsten Makler in den Untergang und deren Umsatz fehlt dann wieder weiteren Pools. Da sind am Ende sogar reine Deckungskonzeptanbieter und Sachpools betroffen. Das schaukelt sich mit etwas Pech soweit auf, dass am Ende kein Vertrieb mehr da ist.

… das Geschäftsmodell von Strukturvertrieben?

Richtig desaströs dürfte es für die Strukturvertriebe werden. Schon die Provisionsbegrenzung in der Krankenversicherung (KV) hat nahezu alle großen KV-Vertriebe in den Abgrund gezogen. Das blüht auch den Vertrieben. Aberwitzigerweise dürfte die Entwicklung aber den Pools nutzen, denn die fangen den Exodus der Strukturvertriebler in ihren Reihen auf.

An anderer Stelle wird man das mit den großen Geldbeuteln direkt aus der Versicherungskasse lösen. Vielleicht nimmt man einfach die übergeordneten Strukturen in Anstellungsverhältnisse und belastet so die Verwaltungskosten, statt die begrenzten Abschlussprovisionen. Letztlich ist das ein weiterer Skandal, denn damit deutet sich an, dass der Vorstoß des Bafin eine gigantische Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten von Vertrieben unter Kontrolle von Versicherern produziert.

Wie sollten Makler und Vermittler auf einen solchen Provisionsdeckel reagieren?

Ich glaube der Drops ist gelutscht und die Gegenwehr vergebens. Zunächst einmal sollten Makler sich den Verbänden anschließen, die nicht von alteingesessenen satten Maklern geleitet werden. Deren Chefs sind die Abschlussprovisionen nämlich egal, weil die vor allem jungen Vermittlern helfen. Die profitieren sogar davon, indem sie Bestände aufsaugen, wenn junge Vermittler kollabieren.

Als richtige Strategie würde ich es ansehen, wenn man darauf hinweist, dass eine Kürzung der Abschlussprovisionen nicht zwingend bessere Konditionen für den Kunden bedeuten. Eine stärkere und entschlossenere Begrenzung der Kosten hingegen schon. Im Ergebnis müssen die Versicherer dann zwar auch die Provisionen senken, aber das kommt dann wenigstens der Produktattraktivität für den Kunden zu Gute.

Es war ja nicht die Schuld der Vermittler, dass die Versicherer das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) in großem Stil umgangen haben. Was werden die Versicherer also wohl mit den Geldern tun, die man dem Vermittler nicht mehr geben muss? Auch bei der KV-Provisionsbegrenzung wurde die Selbstbedienungsmentalität der Branche angeprangert. Als Ursache für die ausufernden Beitragssteigerungen hat man damals auch die Vermittlerprovisionen ausgemacht.

Heute zeigt sich in Urteilen, dass die Versicherer ihre Beiträge nach eigenem Gusto festgelegt hatten und dafür den kontrollierenden Treuhänder fürstlich bezahlt, um nicht zu sagen bestochen hatten. Ich sage voraus, dass nicht ein einziger Euro durch die Provisionsbegrenzung beim Kunden ankommt. Stattdessen werden hintenrum die eigenen Vertriebe durch Gehaltsvereinbarungen aufgebläht werden. Die Verbraucherschützer lassen sich zum dritten Mal in Folge an der Nase rumführen. Unsere Verbände wären daher gut beraten, mit den Lobbyisten der Verbraucherschützer eine gemeinsame Initiative zu starten.

Wie dürfte sich eine mögliche Begrenzung aus Versicherer-Sicht darstellen: Eher als Erleichterung, weil man (endlich) mit den Kosten runtergehen kann? Oder eher als Bedrohung, da die Produkte möglicherweise nicht mehr so gut verkauft werden?

Die Versicherer stehen eigentlich hinter der Provisionsbegrenzung. Es ist ein Drama in drei Akten. Zuerst hält die Politik die Zinsen niedrig, um die Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen. Damit bringt sie Sparer – auch in der Lebensversicherung – aber um ihr Vermögen. Das will die Politik aber nicht zugeben, also schiebt sie die Schuld auf die Finanzwirtschaft.

Als nächstes bemerkt man, dass die Politik ein echtes Problem hat, wenn die ersten Lebensversicherer platzen, also schreibt man den Versicherern weitere Sicherungsmaßnahmen vor: die Zinszusatzreserve. Die lässt die Kosten der Versicherer explodieren und bedroht sämtliche Lebensversicherer akut. Das darf aber natürlich auch nicht an der Regierung liegen. Obwohl die Kostenplanung der Lebensversicherer 300 Jahre bestens funktioniert hat, müssen sie schuld sein.

Zuletzt stecken die Versicherer in einem Dilemma. Sie wissen, dass sie die Situation nicht überleben können und brauchen Erleichterung von der Politik. Die wird aber nicht ihren Fehler eingestehen, also muss ein Schuldiger her. Voilà! Der gierige Vermittler ist ein dankbares Opfer. Also machen die Versicherer einen schmutzigen Deal: Gebt uns Erleichterungen bei der Zinszusatzreserve, dafür zahlen wir weniger Provisionen.

Im Grunde haben sich die Versicherer Erleichterungen mit dem Geld anderer erkauft. Das kann einen schon sauer machen. Fairerweise muss man sagen, dass die Lebensversicherer nicht um diese Situation gebeten haben. Auch ist uns allen nicht geholfen, wenn die Lebensversicherung platzt. Dann verdienen Makler, Pools und Vertriebe nämlich noch weniger. Manchmal ist man eben in einer Situation in der man den schwarzen Peter ziehen musst.

Gäbe es Möglichkeiten für Versicherer, diese Begrenzung zu umgehen?

Für Makler: Nein. Sie wird hart sein. Mit mehr als 25 Promille sollten Makler besser nicht rechnen.

Versicherer und Vertriebe, die ihren eigenen Versicherer haben, können Kosten des Vertriebs in die Verwaltung überführen. Das werden sie auch tun. So werden gerade die größeren Versicherer sich Marktanteile sichern und die nicht neutral beratenden Ausschließlichkeitsagenturen stärken.

Aus Verbraucherschutzsicht ist das eine Katastrophe, aber leider haben die Verbraucherschützer das nicht begriffen. Mit unserer ewigen kleinkarierten Kritik an Verbraucherschützern haben sich Makler keinen Gefallen getan. Jetzt kriegen wir alle die Quittung.

Glauben Sie, dass der Vorschlag der Bafin eine Vorstufe zum Provisionsverbot ist? Welche Folgen hätte ein solches für den Versicherungsvertrieb in Deutschland?

Nein. Ich glaube der Bafin wirklich, dass es ihr gerade darum geht, ein Provisionsverbot zu verhindern. Ein Provisionsverbot würde letztlich wie zuvor schon in anderen Ländern dazu führen, das weniger Bürger sich privat versichern. Kurzfristig steht dann mehr Geld für Konsum zur Verfügung. Das fördert die Wirtschaft. Politikern gefällt das.

Langfristig fallen immer mehr Leute in die staatlichen Sozialsysteme. Das ist natürlich dramatisch, aber in diesen staatlichen Sozialsystemen werden reichlich Ämter für verdiente Parteimitglieder bezahlt und weil der Staat relativ ungehemmt auf Sozialversicherungen zugreifen kann, mehrt es auch die Macht der Politik. Eine hohe Staatsquote ist furchtbar für ein Land, aber gut für diejenigen, die das Land steuern. Ich fürchte, dass uns der Hinweis, dass ein Provisionsverbot für weniger Sicherheit der Bevölkerung sorgt, aus eben diesen Gründen wenig helfen wird.

Wir haben in dieser Gemengelage den schwarzen Peter. Das ist nun einmal so. Jetzt werden wir unsere Kreativität aufbieten, um das Beste für alle daraus zu machen. Am Ende muss man das als Herausforderung verstehen, die auch Chancen bietet.

„Keine Vorstufe zum Provisionsverbot“

Norman Wirth, Rechtsanwalt und Vorstand AfW Bundesverband Finanzdienstleistung

Wie sollten Makler und Vermittler auf eine solche Begrenzung reagieren?

Wenn sie denn kommt – ob seitens Bafin oder vielleicht über ein LVRG2 und eigentlich überhaupt: Noch effizientere Strukturen schaffen, Partner im großen wie im kleinen suchen, über alternative Vergütungsmodelle nachdenken und solche gegebenenfalls einführen.

Würde die Begrenzung zu einer weiteren Marktbereinigung im Vertrieb führen?

Ja. Nein. Vielleicht.

Wie dürfte sich eine mögliche Begrenzung aus Versicherer-Sicht darstellen: Eher als Erleichterung, weil man (endlich) mit den Kosten runter gehen kann? Oder eher als Bedrohung, da die Produkte möglicherweise nicht mehr so gut verkauft werden?

Mehrheitlich sicher Ersteres.

Gäbe es Möglichkeiten für Versicherer, diese Begrenzung zu umgehen?

Der Fantasie sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt. Aber Sinn ergibt ein Nachdenken darüber doch erst, wenn eine konkret ausgestaltete Regelung da ist.

Glauben Sie, dass der Vorschlag der Bafin eine Vorstufe zum Provisionsverbot ist?

Nein.

Welche Folgen hätte ein solches für den Versicherungsvertrieb in Deutschland?

Ein solches Verbot würde unweigerlich zulasten derjenigen, die besonders auf Risiko- und Altersvorsorge angewiesen sind, zu massiven Beratungs- und Absicherungslücken führen. Hierüber aktuell nachzudenken, ist müßig.

Der Gesetzgeber hat sich gerade im IDD-Gesetzgebungsverfahren eindeutig dazu bekannt, dass es auch weiterhin den Provisionen als Vergütung im Versicherungsvertrieb geben wird. Aus guten, vielfältigen Gründen.

Und: Das ist doch jetzt nicht neu. Wir haben das bereits letzten November gehört und auch kommuniziert. Gleichermaßen auch im Zusammenhang mit dem Entwurf des neuen Vermittlerrundschreibens der Bafin.

Ganz klar: Ein Provisionsdeckel ist ein erheblicher Eingriff in die grundrechtlich geschützte Gewerbefreiheit. Ein solcher Eingriff in die Gewerbefreiheit kann nur dem Gesetzgeber vorbehalten sein. Es steht der Exekutive – also der Bafin – keinesfalls zu, derartige Eingriffe in die Vergütung durch das Setzen von „Soft Law“ zu implementieren. Auch der Provisionsdeckel in der privaten Krankenversicherung wurde über den deutschen Gesetzgeber geregelt. Wobei dort ein derart konkreter Deckel nur deshalb eingeführt werden konnte, da es sich um eine substitutive Versicherung handelte.

Vermisst wird regelmäßig ein Hinweis der Bafin zu den unterschiedlichen Höhen der Vertriebsvergütung von Vertretern und Maklern. Versicherungsagenturen werden anders finanziert als ein Maklerbüro. Im Gegensatz zum Vertreter müssen sämtliche Kosten des Maklerbüros vom Makler selbst getragen werden. Daher ist es wettbewerbsrechtlich und verfassungsrechtlich geboten, eventuelle Verzerrungen durch unterschiedliche Vergütungshöhen zwischen freiem Vertrieb einerseits und Agenturen andererseits auszugleichen.

Es bleibt noch der Hinweis, dass eine solche Wettbewerbsbeschränkung gegen den Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb aus Artikel 119 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstößt. Eine solche marktbeschränkende Regelung wäre innerhalb der EU einzigartig und würde zudem nur für diejenigen gelten, die dem Geltungsbereich der Gewerbeordnung und des Versicherungsaufsichtsgesetze (VAG) unterfallen. Versicherer und Versicherungsvermittler aus anderen Staaten der Europäischen Union unterliegen der Vorgabe der Bafin nicht.

„Einige Vertriebe werden das nicht überleben“

Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführender Vorstand Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler

Pfefferminzia: Die Bafin hat konkrete Vorschläge für die Begrenzung der Provisionen in der Lebensversicherung gemacht: Maximal 2,5 Prozent der Beitragssumme sollen Lebensversicherer künftig als Provisionen an den Vertrieb weitergeben dürfen. Für Vermittler mit geringer Kündigungsquote, wenig Beschwerden und zufriedenen Kunden können da oben drauf noch weitere 1,5 Prozent kommen. Was halten Sie davon?

Hans-Georg Jenssen: Wir wären natürlich froh, wenn wir ohne irgendeinen Eingriff in die Provisionen auskämen. Aber das wird wohl nicht passieren. Das liegt auch daran, dass die Politik nach dem LVRG 1 enttäuscht war, dass die Courtagen nicht so gesunken sind, wie man sich das vorgestellt hat. Das führt dazu, dass die Politik nun bereit ist, einzugreifen. Und sie wird eine Gelegenheit haben, wenn die Revision des LVRG ansteht, was bald der Fall ist. Die Versicherungswirtschaft möchte gerne die Zinszusatzreserve geändert haben, weil sie einige Versicherer zu erdrosseln droht. Das ist die Ausgangslage.

Vor diesem Hintergrund sind die Leitlinien, die die Bafin vorschlägt aus unserer Sicht noch das mildeste Mittel. Danach kommt der echt harte Deckel – maximal neun Monatsbeiträge könnte man sich hier vorstellen. Und danach käme das Provisionsverbot. Vor diesem Hintergrund halten wir den Vorschlag für ganz vernünftig. Es sind Provisionen zwischen 2,5 und 4,0 Prozent möglich. Und ab 4 Prozent sind sogar noch Dienstleistungsverträge möglich. Das ist ein atmendes System, mit dem man sicherlich leben kann.

Welche Auswirkungen hätte die Begrenzung?

Wenn ich mich richtig an die Umfrage von Professor Beenken zu Provisionen und Courtagen erinnere, liegen Makler im Moment bei 3,9 Prozent. Das ist nicht so weit entfernt von dem, was jetzt vorgeschlagen wurde. Für unsere Mitglieder wäre es spürbar, aber es wirft uns nicht aus der Kurve.

Das Geschäftsmodell von Maklerpools und Strukturvertrieben wird deutlich mehr angefasst. Für die besteht die Möglichkeit, zum Teil auf Dienstleistungsvergütungen umzuschwenken. Aber die Politik hat bisher den Eindruck bekommen, dass vor allem die Versicherten die Zeche zahlen mussten. Man will, dass auch die Vermittler sie zahlen.

Und wenn die Versicherungswirtschaft immer noch 6,8 Milliarden Euro an Provision auszahlt, wie Herbert Fromme das in einem Bericht schrieb, könnte das in den Augen mancher Politiker zu viel sein. Insofern glaube ich, dass für einen sehr teuren Vertrieb keine Glanzzeiten angebrochen sind.

Wie wird Ihr Verband reagieren?

Wir werden uns nicht dagegen stemmen. Weil wir das unter den gegebenen Umständen für die vernünftigste Lösung halten, zumal wir durch die IDD aufgefordert sind, sowieso etwas an dieser Stelle zu tun.

Wird es zu einer Marktbereinigung kommen?

Sicherlich, ja. Einige Vertriebe werden das nicht überleben. Traurig wäre es, wenn die Provisionsbegrenzung dazu führte, dass die Betroffenen auf die Versicherungsberatung umsteigen würden und dann eine erfolgsabhängige Vergütung vom Kunden nähmen, die an keinerlei Begrenzung mehr geknüpft wäre. Wir hatten bei den Beratungen zur IDD vorgeschlagen, dass es für die Vergütung von Versicherungsberatern – ähnlich wie etwa bei Anwälten – Maximalgrenzen gibt. Dem ist man aber nicht gefolgt. Da sehen wir eine gewisse Gefahr.

Wie dürfte sich eine mögliche Begrenzung aus Versicherer-Sicht darstellen?

Nach dem LVRG 1 wurden die Versicherer, die ihre Courtagen gesenkt haben, abgestraft. Eine einheitliche Regelung würde zu Wettbewerbsgleichheit führen.

Gäbe es Möglichkeiten für Versicherer, diese Begrenzung zu umgehen, etwa über die Dienstleistungsverträge?

Bei den Dienstleistungsverträgen hat Frank Grund ganz deutlich gemacht, dass der sogenannte Arms-length-Test gilt – sie dürfen also nicht an den einzelnen Abschluss geknüpft sein. Es muss eine Dienstleistung sein, die objektiv bestimmbar ist, die auch ein Dritter ausführen könnte und der Preis muss ein Marktpreis sein.

Glauben Sie, dass der Vorschlag der Bafin eine Vorstufe zum Provisionsverbot ist?

Ich glaube, es ist eine Lösung, um eben ein solches zu verhindern.

Von: Karen Schmidt

Quelle: Das Investment

Siehe auch

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