Wie erwartet, hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) die Leitzinsen auf dem heutigen Ratstreffen unverändert gelassen. Der Hauptrefinanzierungssatz bleibt bei 0,0 Prozent, der Einlagenzins bei -0,4 Prozent.
Die Anleihekäufe in Höhe von 60 Milliarden Euro pro Monat werden fortgeführt bis Ende 2017 – oder darüber hinaus, sollte der Zentralbankrat das für erforderlich halten.
Inflation bei 1,3 Prozent
Die Auf- und Abwärtsrisiken des Wachstums im Euroraum stuft die EZB als „ausgewogen“ ein, die (offizielle) Inflation ist ihr hingegen nach wie vor zu niedrig. Sie lag im Juni bei 1,3 Prozent. Die niedrige Inflation ist es auch, die die EZB davon abhält, ihren aktuellen Kurs zu ändern, also die Anleihekäufe einzuschränken und die Leizinsen anzuheben.
Insgesamt hat sich EZB-Präsident Mario Draghi auf der Pressekonferenz recht bedeckt gehalten, wie es denn weitergehen wird mit der EZB-Geldpolitik.
Was soll der Anleger davon halten?
Eines steht fest: Es ist allerhöchste Zeit für die EZB, die Null- und Negativzinspolitik und die Anleihekäufe, das Geldmengenvermehren, zu beenden. Für eine Politik des Null- oder gar Negativzinses gibt es nämlich keine akzeptable Begründung, weder aus dem realen noch aus dem monetären Bereich.
Positiv ist, dass die EZB nun unter Zugzwang steht, sich aus der extremen Niedrigzinspolitik herauszubewegen.
Allerdings scheint die Bank gleichzeitig sehr bemüht zu sein, den geldpolitischen Kurswechsel in die Länge zu ziehen. Dazu passt die Äußerung von Präsident Draghi, er wolle vermeiden, dass die Finanzierungskonditionen im Euroraum sich frühzeitig verschärfen und die Konjunkturdynamik bremsen.
Als Reaktion auf die EZB-Pressekonferenz hat der EUR/USD leicht angezogen und bei 1,1561 (+0,4 Prozent gegenüber dem Vortrag) notiert. Der Goldpreis blieb nahezu unverändert bei 1.240 USD/oz.
Auf dem nächsten Ratstreffen im September 2017 wird die EZB vermutlich eine Fortführung des Kaufprogramms ins Auge fassen, das also über Dezember 2017 hinausläuft, vermutlich aber mit einem geringeren monatlichen Kaufvolumen.
Die Leitzinsen werden bis auf Weiteres unverändert bleiben – und je länger sich das Rückführen der Anleihekäufe in die Länge zieht, desto größer wird auch das Risiko, dass die Zinserhöhungen im aktuellen Zyklus gering ausfallen (oder vielleicht gar nicht stattfinden).
Gold als Versicherung
Anleger sollten stets vor Augen haben: Die EZB führt ihre Geldpolitik, mit der die Ersparnisse entwertet werden, ungehindert fort. Denn die Inflation liegt höher als die meisten Zinsen, die Kunden auf ihre Ersparnisse erhalten.
Zudem ist es sehr fraglich, ob die EZB die Zinsen überhaupt wieder auf eine Höhe zurückbringen wird, bei der die Sparer eine positive reale Verzinsung erhalten.
Was ist zu tun? Mit traditionellen, in Euro denominierten Sparformen wie Bankeinlagen und Schuldpapiere werden sich keine Ersparnisse (mehr) aufbauen lassen.
Mit Blick auf die liquiden Mittel ist und bleibt Gold eine attraktiv Alternative für Euro-Bankeinlagen und kurzlaufende Euro–Schuldpapiere. Die Kaufkraft der „Währung Gold“ kann durch die EZB-Politik nicht entwertet werden, und zudem ist Gold auch eine Versicherung gegen Zahlungsausfälle.
Zum aktuellen Preis stufen wir Gold als eine effektive Versicherung mit Wertsteigerungspotential ein.
Autor: Thorsten Polleit
Quelle: DAS INVESTMENT.