Die USA sind im Zentrum des Weltwirtschaftswachstums und bestimmen die weltweite Wirtschaftsagenda. Abgesehen von seinem Ziel das Binnenwachstum zu steigern, kann es sich der chinesische Präsident nicht erlauben, eine globale Führungsrolle an die USA abzutreten. Daher wird das bereits von Xi Jinping initiierte Konjunkturprogramm wohl ausgebaut werden. Die asiatische Quelle für das Weltwirtschaftswachstum würde die negativen Auswirkungen der anhaltenden Ungewissheit eindämmen. Auslöser dieser Ungewissheit sind die Bedingungen für den Austritt von Grossbritannien aus der Europäischen Gemeinschaft, das Risiko eines Anstiegs zusätzlicher, von den europafeindlichen Parteien gewonnenen Sitzen bei der Europawahl am 26. Mai 2019, die Spannungen zwischen Italien, Deutschland und Frankreich sowie der Beginn neuer Handelsgespräche zwischen den USA einerseits, sowie der Europäischen Gemeinschaft und Grossbritannien andererseits.
Wenn China, wovon wir ausgehen, sein Konjunkturprogramm ausbauen wird, könnte sich sein Wachstum im ersten Halbjahr 2019 leicht auf 6,7 Prozent beschleunigen. Das amerikanische Wachstum, durch das Ende der Auswirkungen des Konjunkturprogramms geschwächt, würde dank der Dynamik des Privatverbrauchs 2,7 Prozent erreichen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone würde 2019 um 1,5 Prozent und 2020 um 1,4 Prozent zunehmen.
USA im Zentrum des Weltwirtschaftswachstums
Die Steuerreform könnte nicht nur strukturelle, sondern auch konjunkturelle Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivitäten in den USA haben. Zu dieser Überzeugung haben unsere Analyseergebnisse geführt. Erste Zahlen belegen, dass dies im ersten Halbjahr 2019 zutrifft, da die Produktionskapazitäten zugenommen haben. Außerdem sind neue Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt gekommen, was den Lohnanstieg eingedämmt hat.
Das Wachstum könnte daher 2019, unterstützt durch den Privatverbrauch und die anhaltenden Auswirkungen der Steuerreform auf die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Unternehmen, noch sehr dynamisch sein. Daher sehen wir, nach 2,9 Prozent in 2018, für 2019 ein Wachstum von 2,7 Prozent und keine Rezession für 2020.
Eurozone: destabilisierende institutionelle Vakanzen
Nach einem Aufholphänomen fehlt es der Eurozone an Wachstumspotenzialen. Ausserdem wird 2019 ein Jahr der institutionellen Veränderungen sein, was die Unsicherheit noch steigern wird. Insbesondere die Aussicht auf eine Zunahme von Vertretern antieuropäischer Parteien in den europäischen Instanzen und einem Vorsitzenden der Zentralbank, der weniger forsch bei der Durchführung unkonventioneller Maßnahmen vorgeht, wird die Prämie für das politische Risiko in der Eurozone anheben und die Volatilität der Aktienmärkte zunehmen. Unsere Ergebnisse bei er Analyse der Handelsströme und den Spezifitäten der europäischen Handelspolitik belegen zudem, dass die Staaten der Eurozone im Handelskrieg zwischen den USA und China die großen Verlierer sein könnten.
Ziel der Amerikaner ist es, Marktanteile ihrer Handelspartner zu übernehmen. Nach der Anhebung der Zölle haben die USA bilaterale Verhandlungen mit der Europäischen Gemeinschaft begonnen. Sie möchten die Europäer durch die Drohung, die Zölle für Automobilimporte in die USA anzuheben, dazu bringen, die landwirtschaftlichen Importe zu stärken. Gleichzeitig ist China auf der Suche nach neuen Märkten, um die negativen Auswirkungen der Zollanhebung auf die Ausfuhrvolumen einzugrenzen.
Das BIP der Eurozone würde 2019 nur um 1,5 Prozent und 2020 nur um 1,4 Prozent zunehmen. Die Wertminderung des Euro wäre jedoch aufgrund der ausgehenden Kapitalflüsse und der verstärkten Kontrolle der mit Euro handelnden Clearinghäuser durch die Europäische Zentralbank limitiert.
Chinesischer Konjunkturplan entscheidend für Stabilisierung des Weltwirtschaftswachstums
Die Entschleunigung des Wachstums im dritten Quartal 2018 auf 6,5 Prozent ist auf den starken Rückgang der Investitionen in Infrastrukturen und nicht auf den Handelskrieg zurückzuführen. Die Regierung hat, um die Wachstumsrate in der Nähe des angestrebten Ziels von 6,5 Prozent halten zu können, mit einer monetären Lockerung begonnen und Steuersenkungen für die Haushalte und Unternehmen angekündigt. Der chinesische Konjunkturplan ist für das Weltwirtschaftswachstum maßgebend.
So haben die Investitionen in chinesische Infrastrukturen in der Tat direkte Auswirkungen auf den Preis der Rohstoffe, auf die Aktivitäten der rohstoffexportierenden Länder sowie auf den Welthandel und die industrielle Produktion der Industrieländer. Dies ist ein positiver Prozess, der 2016 nach dem starken Rückgang des chinesischen Wachstums ausgelöst wurde.
Über sein Ziel des Binnenwachstums hinaus kann es sich der chinesische Präsident nicht erlauben, die Führungsrolle an die USA abzugeben. Daher erwarten wir eine leichte Beschleunigung des chinesischen Wachstums auf 6,7 Prozent im ersten Halbjahr 2019.
Wenn sich diese Prognose bezüglich einer auch nur geringen Beschleunigung des chinesischen Wirtschaftswachstums, bestätigen sollte, könnten die Schwellenländer eine Pause bei der Anhebung ihrer Leitzinsen einlegen. Denn die Zentralbanken Indonesiens, der Philippinen und von Indien sahen sich gezwungen, die Leitzinsen anzuheben, um einen inflationären Wertverfall ihrer Währung zu vermeiden. Das wiederum hatte negative Auswirkungen auf die Kredite. Des Weiteren könnte sich die Wirtschaft bestimmter Länder, z. B. Brasilien oder Türkei, die ganz besonders stark unter politischen Ungewissheiten gelitten haben, im ersten Halbjahr 2019 erholen. Das Wachstum der Schwellenländer wird sich nach unserer Prognose in 2019 bei 4,8 Prozent stabilisieren.
Fazit: Wird die Eurozone Opfer des Konjunkturplans?
Die Wachstumsbeschleunigung in den USA hat die von uns erwartete Desynchronisierung des Weltwirtschaftswachstums bestätigt, was die Schwellenländer aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Gleichzeitig hatten die Befürchtungen eines Rückgangs des Welthandels negative Auswirkungen auf ihre Wirtschaftsperspektiven. Die Zentralbanken der meisten Schwellenländer waren gezwungen, ihre Leitzinsen anzuheben, um eine zu starke Abwertung ihrer Währung zu vermeiden, was das Wachstum noch zusätzlich gedämpft hat. Die chinesischen Behörden haben ihrerseits ihre Geldpolitik gelockert, um eine neue Entschleunigung des Wachstums aufgrund der abnehmenden Investitionen in die Infrastruktur vorwegzunehmen. Die Glaubwürdigkeit des chinesischen Konjunkturprogramms ist für die Stabilisierung des Weltwirtschaftswachstums Anfang 2019 entscheidend.
Die Europäische Gemeinschaft sieht sich in Zeiten eines geringen Wachstums einer Erneuerung ihrer Instanzen gegenüber. Dabei besteht das Risiko, dass die Präsenz europafeindlicher Parteien zunimmt. Ausserdem wird die Eurozone im chinesisch-amerikanischen Handelskrieg wahrscheinlich die höchsten Verluste erfahren.
Selbst wenn das Weltwirtschaftswachstum sich dank einer Ausweitung des chinesischen Konjunkturprogramms erst im zweiten Halbjahr 2019 verlangsamt, werden die europäischen institutionellen Vakanzen sowie der Handelskrieg eine hohe Volatilität der Aktienmärkte aufrechterhalten. Die zunehmende amerikanische und chinesische Verschuldung hat ebenso ihren Anteil daran.
Wird die Eurozone ohne Wachstumspotenziale in Zeiten, in denen die politischen Spannungen kritisch sind und die Europäische Zentralbank garantiert, dass sie ihren Leitzins nicht vor 2020 anheben wird, ebenfalls der Konjunkturplan-Mode erliegen? Derartige Initiativen würden zwar kurzfristig die Wachstumsaussichten stabilisieren, aber gleichzeitig mittelfristig im Voraus belasten. Es bleibt festzuhalten, dass das Wachstumspotenzial nach wie vor von der Produktivität abhängig ist.
Hinweis: Diese News ist eine Mitteilung des Unternehmens und wurde redaktionell nur leicht bearbeitet.
Von: Edmond de Rothschild Asset Management
Quelle: Das Investment