Das bestätigt auch die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Antje Tillmann, auf Anfrage von DAS INVESTMENT: „Die wenig überzeugende Einlassung der Bafin in der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss hat mich und meine Fraktion überrascht.“ Die Bafin-Vertreterin Elisabeth Roegele hatte im Rahmen der Anhörung deutlich gemacht: Bei der Bafin gehe man davon aus, dass sich jeder zweite der rund 37.000 betroffenen Vermittler zukünftig einer Vertriebsgesellschaft anschließen werde – statt eine eigene Lizenz zu beantragen. Damit würden sich in den Augen Tillmanns und der CDU/CSU-Fraktion allerdings auch die Kosten verschieben, die die verbleibenden Lizenzinhaber zu tragen hätten. Tillmann kritisiert: „Auf der anderen Seite hat die Bafin für die künftige Umlagefinanzierung aber keinen Anlass gesehen, dass sich künftig an dem derzeitigen Bestand von ca. 37.000 Vermittlern etwas ändert.“ Und weiter: „Das ist für uns nicht schlüssig und bedeutet, dass bei den künftig auf den einzelnen Vermittler zukommenden Kosten derzeit noch ein erheblicher Unsicherheitsfaktor besteht.“
Die CDU-Finanzexpertin hebt einen weiteren Punkt hervor, der aus ihrer Sicht bislang widersprüchlich geregelt ist: Die Bafin wolle die neu zu beaufsichtigenden Vermittler auf ihre Eignung prüfen, dabei mit den großen Betrieben anfangen und sich schrittweise zu den kleineren vorarbeiten. „Die vollständigen Überprüfungsarbeiten aller Vermittler würden sich über einige Jahre hinziehen“, schätzt Tillmann. „In dieser Übergangsfrist wird es daher bei den kleineren Vermittlern eher weniger als mehr Aufsicht geben. Das kann nicht im Sinne des Verbraucherschutzes sein.“
Die finanzpolitische Sprecherin hegt allerdings offenbar auch generelle Bedenken gegenüber dem Aufsichtsübertragungsgesetz in seiner jetzigen Form: In ihrem Koalitionsvertrag, erinnert Tillmann, hätten CDU/CSU und SPD die Neuordnung der Aufsicht für Finanzvermittler nur in organisatorischer Hinsicht festgelegt. „Aus Unionssicht ist damit klar, dass dieses Gesetzgebungsverfahren nicht genutzt werden kann, um Änderungen beim Umfang der Aufsichtspflichten zu bewirken.“
Bereits im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens war deutlich geworden: Die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD sind sich über die Aufsichtsübertragung in Teilen uneinig. Wer wird sich vor der geplanten Bundestagsabstimmung nun um einen Kompromiss kümmern? Zwischen den Parteien würden noch Gespräche geführt, verrät Tillmann. „Auf Wunsch unseres Koalitionspartners werden die Gespräche nach der Anhörung auf Ebene der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden fortgesetzt.“ Allerdings werde ein erstes Gespräch erst in der kommenden Sitzungswoche des Bundestags, also ab dem 15. Juni, zustandekommen, vermutet Tillmann. Viel Zeit zum Verhandeln bliebe dann nicht mehr. Immerhin sollen bereits an dem Freitag jener Woche die Abgeordneten final über das Gesetz abstimmen – so steht es im Zeitplan des Bundesfinanzministeriums.
Das steht im Aufsichtsübertragungsgesetz
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, alle Finanzvermittler mit Lizenz nach den Paragrafen 34f und 34h Gewerbeordnung ab 2021 der Bafin zu unterstellen. Der für sie geltende Rechtsrahmen soll aus der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FInVermV) ins Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) übergehen, dabei sollen die Regeln weitgehend unverändert bleiben. Auf diese Weise, so die Idee des Gesetzes, soll die Finanzaufsicht in Deutschland einheitlicher gestaltet werden: Während Banken und Vermögensverwalter der Bafin Rechenschaft ablegen, tun das 34f- und 34h-Vermittler bislang gegenüber den Industrie- und Handelskammern (IHK) oder Gewerbeämtern.
Kritiker bemängeln hingegen, dass erst die Bafin-Aufsicht für ein inhomogenes Aufsichtsregime sorgen würde. Denn viele Finanzvermittler seien gleichzeitig auch als Versicherungsvermittler tätig. In dieser Funktion seien sie auch weiterhin den IHKs verpflichtet. Eine weitere Kernkritik von Vermittlervertretern entzündet sich an der umlagebasierten Finanzierung der neuen Aufsicht: Es könnten unverhältnismäßig hohe Kosten pro Vermittler anfallen. Zudem sei unklar, wie viel ganz genau jeder Einzelne zu zahlen hätte. Gerade in diesem Punkt wird auch unter den Koalitionsparteien in der kommenden Woche noch Klärungsbedarf herrschen.