SJB | Korschenbroich, 15.04.2013. Vergessen Sie die Rentenmärkte. Dividendenpapiere sind die besseren Anleihen. DAS INVESTMENT.com zeigt, mit welchen Fonds Investoren auch in Zeiten niedriger Zinsen und magerer Kursgewinne Geld verdienen können.
Ein geschickter Schachzug von Joe Kaeser (55). Für satte 2,9 Milliarden Euro hat der Finanzvorstand von Siemens Aktien des Elektronikkonzerns zurückgekauft. Der Clou: Finanziert wurde das Ganze auf Pump.
Das Unternehmen hat dafür Anleihen ausgegeben und so laut Kaeser „teures Eigenkapital durch historisch preiswertes Fremdkapital ersetzt“. Für Anleihen mit einer Laufzeit von siebeneinhalb Jahren beispielsweise muss Siemens nur 1,5 Prozent Zinsen zahlen. Bei einer Laufzeit von zwei Jahren sind es sogar nur 0,375 Prozent.
Die Dividendenrendite hingegen, also die Ausschüttung pro Aktie geteilt durch den Aktienkurs, liegt bei knapp 4 Prozent. Die spart Siemens nun für die rund 33 Millionen zurückgekauften Aktien. Das Beispiel illustriert eindrucksvoll die aktuelle Situation an den Märkten und die Attraktivität von Dividendenpapieren.
Rund um den Globus verdienen Investoren mit Ausschüttungen meist deutlich mehr als mit dem Kupon von Anleihen (siehe Grafik). 40 bis 50 Prozent der Aktienerträge kommen auf lange Sicht aus Dividenden. Und anders als Anleihen bieten Aktien als Sachwerte, Anteile an Unternehmen, einen gewissen Schutz vor Inflation.
Haben die Unternehmen auch noch Preismacht, steigen bei Inflation die Gewinne und damit in einem gewissen Maße auch die Dividenden. Im besten Fall steigt die Dividende von Jahr zu Jahr.
Zinsen sind in der Regel fest. Um derzeit überhaupt noch attraktive Kupons zu ergattern, müssen Investoren immer höhere Risiken eingehen. Von der Hochzinsanleihe zur Aktie ist der Schritt nicht mehr groß. Anleihe-Investoren bekommen am Ende der Laufzeit zwar ihr eingezahltes Geld zurück, aber so lange müssen sie ihr Geld eben auch binden.
Und: Geht der Emittent pleite, gehen sie leer aus. Vorteil der Dividendenpapiere: Wie ein Fallschirm bremsen Ausschüttungen Verluste ab. Denn gezahlt wird auch, wenn der Kurs der Aktie fällt oder eine Nullrunde dreht.
Das gilt zumindest langfristig. „Eine hohe und nachhaltige Dividendenrendite bietet Anlegern nicht nur einen gewissen Schutz vor Inflation und Deflation, sondern hat sich in der Vergangenheit auch immer wieder als Stabilitätsanker in schwierigem Marktumfeld bewiesen“, so Klaus Telöken von Allianz Global Investors zu den Ergebnissen der Studie „Dividendenstrategien im Umfeld von Inflation und Deflation“. Zusammen mit seinem Kollegen Kai Hirschen hat Telöken das Auf und Ab der Kapitalmärkte in den vergangenen 60 Jahren analysiert.
Was macht einen guten Fonds aus?
Kurz- und mittelfristig entfaltet sich der Schirm indes nicht immer, setzen die Analysten der Berliner Rating-Agentur Scope dagegen. In den Kategorien „Aktien Eurozone“, „Aktien Global Value“ und „Aktien Europa“ haben sie im vergangenen Jahr Dividendenfonds mit herkömmlichen Fonds verglichen.
Das Ergebnis: Über drei und fünf Jahre haben Dividendenfonds weder eine deutlich höhere Performance noch weniger Risiko als herkömmliche Fonds. „Vor allem ist es ihnen nicht gelungen, bei fallenden Märkten weniger Verluste zu erzielen als Fonds ohne Dividendenstrategie“, so Scope-Analyst Sasa Perovic.
Was einen guten Fonds ausmacht? „Die langfristigen Ergebnisse zeigen, dass bei Dividendenfonds zwei Erfolgsfaktoren auszumachen sind: eine möglichst breite Streuung über verschiedene Regionen sowie aktives Management“, sagt Ali Masarwah von der Rating-Agentur Morningstar. „Die besten aktiven Fonds konnten bei nahenden Krisen rechtzeitig umsteuern. Sie sind von Finanztiteln im Jahr 2008 ferngeblieben. Prominentes Beispiel ist der DWS Top Dividende, der sich in den vergangenen Jahren durch eine sehr gute Performance sowie durch relativ niedrige Volatilitäten und Drawdowns auszeichnet hat.“
Dagegen hätten börsennotierte Indexfonds, kurz ETFs, die schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Im Jahr 2008 seien sie wegen der hohen Gewichtung von Banken ungebremst in die Tiefe gerauscht. Als viele Banken aufgrund des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds ihre Dividenden strichen, seien die Aktien aus den Dividenden-Indizes entfernt worden.
Masarwah: „Dadurch konnten Dividenden- ETFs die Kurserholung der Bankaktien 2009 nicht mitnehmen.“ Da Dividendenfonds grundsätzlich eine Beimischung im Portfolio sein sollten, „dürften die meisten Anleger mit breit gestreuten, global anlegenden Produkten am besten fahren“, so Masarwah.
Mehr Firmen aus den USA
Thomas Schüßler, Manager des DWS Top Dividende, kauft bevorzugt internationale Top-Zahler oder Firmen, deren Ausschüttungen zwar über dem Branchenschnitt liegen, aber trotzdem nachhaltig wachsen. Die Dividendenrendite in seinem Portfolio liegt im Schnitt zwischen 4 und 4,5 Prozent (aktuell: 4,1 Prozent). Die meisten Firmen findet er derzeit in den USA (37,4 Prozent des Portfolios). „Deutlich mehr als noch vor ein oder zwei Jahren“, so Schüßler.
Wachstum gibt es aber vor allem in den Schwellenländern. Warum ist er dort nicht stärker investiert? Derzeit sind es 6 Prozent. Schüßler: „Das ist nicht wenig. In unserem Vergleichsindex, dem MSCI World High Dividend Yield, sind überhaupt keine Schwellenländer vertreten.“
Die Chinesen etwa würden vor allem auf Umsatzwachstum setzen und weniger auf Profite. Schüßler: „In den vergangenen zwei, drei Jahren hat das als Investor nicht viel Spaß gemacht.“ Er würde den Schwellenländer-Anteil im Portfolio erst erhöhen, wenn die Weltwirtschaft mit höheren Raten wachse oder die Firmen noch billiger seien.
Die Mehrzahl der Manager globaler Dividendenfonds spielen die Emerging Markets lieber über Bande und kaufen Aktien amerikanischer oder europäischer Unternehmen, die einen Großteil ihres Umsatzes dort erwirtschaften. Größte Titelposition in Schüßlers Portfolio ist derzeit die US-Firma Johnson & Johnson (2,3 Prozent).
Langfristige Dividenden-Storys
Für die britische Fondsgesellschaft M&G war Johnson & Johnson Auslöser, um überhaupt einen Dividendenfonds auf den Markt zu bringen. „Aus einem Gespräch mit dem Management des Gesundheits-Giganten ist die Idee zum M&G Global Dividend entstanden“, erzählt M&G-Manager Stuart Rhodes. Es habe ihn beeindruckt, dass „jedes Jahr die Dividendenerhöhung an allererster Stelle steht“.
Diese Kapitaldisziplin führe dazu, dass nach Abzug der Dividende noch verfügbare Gelder nur in die Projekte investiert werden, die die besten Erfolgsaussichten haben. Rhodes sucht deutlich stärker als andere Fondsmanager nach diesen langfristigen Dividenden-Storys.
Nicht die Höhe der Dividendenrendite ist für ihn ausschlaggebend, sondern das kontinuierliche Dividendenwachstum. Die meisten Firmen in seinem Portfolio haben eine Dividendenrendite zwischen 3 und 4 Prozent. Johnson & Johnson ist seit Auflegung des Fonds im Juli 2008 mit dabei und zählt derzeit zu den fünf größten Positionen.
„US-Firmen sind einfach die stabilsten Dividendenzahler der Welt“, sagt Rhodes. Nirgendwo sonst gebe es so viele langjährige Ausschütter. „91 US-Firmen haben in den vergangenen 25 Jahren jedes Jahr ihre Dividende erhöht.“ Darunter finden sich Klassiker wie Coca-Cola, Wal-Mart oder McDonald’s, aber auch der Technologie-Konzern 3M oder der Versicherer Chubb.
„Was überrascht, ist ihre Kursentwicklung“, so Rhodes. Während der S&P 500 in den vergangenen zehn Jahren um magere 24 Prozent zugelegt habe, inklusive Dividenden, hätten die Dividenden-Aristokraten eine reine Kursentwicklung von 158 Prozent hingelegt. Inklusive Dividenden stehe am Ende ein Plus von 267 Prozent. 38 Prozent stellen US-Titel im Portfolio, ebenfalls die größte Länderposition.
Trotz Pferdefleisch: Nestlé bleibt
Es muss aber nicht immer Amerika sein. „Die Schweizer Nestlé beispielsweise hat einen beträchtlichen Teil zur Fonds-Performance beigetragen“, so Rhodes. Mit einem Plus von 44,2 Prozent über drei Jahre liegt der M&G Global Dividend auf Platz 1 der globalen Dividendenfonds.
Der größte Lebensmittelkonzern der Welt ist ebenfalls seit Auflegung im Portfolio. Rhodes: „Nestlé zahlt seit 1959 Dividende, seit 1996 wurde sie jedes Jahr erhöht. Die Ausschüttungen haben sich seitdem mehr als versiebenfacht.“ Wer Ende 1996 eingestiegen sei, hätte bis Ende Januar 2013 ein Plus von 500 Prozent erzielt, inklusive Dividende.
Dass man im Februar dieses Jahres auch Spuren von Pferdefleisch in einigen Tiefkühlprodukten von Nestlé gefunden hat, ficht Rhodes nicht an. Die Produkte wurden sofort vom Markt genommen, und Rhodes hat seine Gewichtung beibehalten. Auch bei Tom Mermuys, Manager des zweitplatzierten KBC EF High Dividend (plus 41,9 Prozent über drei Jahre), ist die Nachhaltigkeit der Dividendenzahlungen von „besonders hoher Bedeutung“.
Zunächst bewertet Mermuys jedoch jede der 24 MSCI-World-Industriegruppen pro Region einzeln und filtert jene Firmen heraus, deren Dividendenrendite über dem Sektordurchschnitt liegt. „In konjunkturell schwierigen Zeiten zeigen sich Dividendenrenditen weniger volatil als das Gewinnwachstum und sind ein stabiler Bewertungsmaßstab“, sagt der Fondsmanager.
In die engere Auswahl kommen dann Firmen, deren Cashflow stabil ist und die nachhaltig ausschütten. Größte Titelposition ist derzeit der US-Pharma-Konzern Eli Lilly & Company. „Die Firma hat Insulin zur Behandlung von Diabetes eingeführt, die Massenproduktion von Penicillin und einen Impfstoff gegen Kinderlähmung produziert“, so Mermuys.
8 Prozent Rendite in diesem Jahr
Pharma-Werte stehen auch bei Sonja Laud hoch im Kurs. Seit Auflegung im Juli 2007 managt sie den Schroder ISF Global Dividend Maximiser. Von 2003 bis 2005 betreute Laud, geborene Schemmann, den DWS Top Dividende.
Zweitgrößte Position in ihrem Portfolio ist der französische Pharma-Konzern Sanofi. „Die Firma hat ihre Dividende jedes Jahr erhöht, seitdem sie 1999 an die Börse gegangen ist“, so Laud. Sanofi ist einer der Marktführer im Segment der Impfstoffe und eines der führenden Pharma-Unternehmen in den Emerging Markets.
Laud: „Rund 30 Prozent des Umsatzes werden in den Schwellenländern erwirtschaftet.“ Das größte Risiko für Dividendentitel derzeit? „Wenn wir einen deutlichen Abschwung bekommen, ist das immer schlecht für die Unternehmensgewinne und Aktien“, so Laud. Derzeit sei die Lage aber einigermaßen stabil. Sie rechnet in diesem Jahr mit einer Rendite von 8 Prozent, 4 Punkte davon kommen von der Dividendenseite. Über drei Jahre liegt der Schroder-Fonds mit einem Plus von 35,6 Prozent auf Platz 3 der besten Dividendenfonds.
Warum Dividendenstrategien auch auf längere Sicht noch attraktiv bleiben, erklärt KBC-Manager Mermuys: „Nach der Asset-Meltdown-Hypothese wird ein starker Rückgang der Aktienkurse erwartet, weil die in Ruhestand gehende Babyboomer- Generation immer mehr ihr Kapital abzieht. Die Zahl der Verkäufer wird die Zahl der Käufer übersteigen und der Preis von Aktien, Wertpapieren und Immobilien fallen.“ Rein aus demografischen Gründen würden Anleger darum schon nach Wertpapieren suchen, die einen regelmäßigen Einkommensstrom versprechen.
Von: Astrid Lipsky
Quelle: DAS INVESTMENT.