Das Investment: Auf der Suche nach Wert in ungewissen Zeiten

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB|Korschenbroich, 08.10.2012. Norman J. Boersma, Manager des Aktienfonds-Klassikers Templeton Growth (WKN: 941034), schreibt, wie man in einem Klima mit niedrigem Wachstum und hohem Risiko noch vernünftige Anlagechancen findet. Gar nicht so leicht.

Krise = potenzielle Anlagemöglichkeit

Bei Templeton sind wir der Auffassung, dass Erfolg versprechende Valuation-Möglichkeiten und allmähliche politische Fortschritte interessante, langfristige Anlagechancen für disziplinierte Value-Investoren gestalten. Wir geben offen zu, dass das jüngste Marktklima für fundamental und langfristig orientierte Value-Investoren eine Herausforderung war.

Unserer Meinung nach standen die weltweiten Aktienkurse kaum unter einem geringeren Einfluss der zugrunde liegenden geschäftlichen Fundamentaldaten als in jüngster Zeit, da zum Ende des zweiten Quartals Aktienkorrelationen und Beta (systematisches Risiko) der weltweiten Märkte hoch waren. Den Datenreihen zufolge verliert ein Portfolio allerdings ungefähr zwei Drittel des potenziellen Alpha (auf die zurechenbare Performance des aktiven Managements) bei stark erhöhten Korrelationen.

Wie Sir John Templeton in einer Anmerkungen für einen Kunden 1950 feststellte, „muss ein Anleger, der Aktien auf der Basis ihres langfristigen inneren Wertes auswählt, mit bestimmten Problemen rechnen“. Er wusste aber auch, dass „kostspielige Fehler bei der Einzeltitelauswahl von Anlegern begangen werden, deren Denkweise durch kurzfristige Tendenzen geleitet wurden“.

Selbstverständlich kann es schwierige Zeitabschnitte geben. Wir setzen aber unsere Fähigkeit ein, um den kurzfristigen Fokus der Börsen zu nutzen und somit langfristigen Wert zu finden. Das ist das Fundament, auf dem wir unseren Erfolg aufgebaut haben.

Politischer Fortschritt in Europa

Aufgrund dieser Tatsache haben wir das gefunden, was wir für attraktive langfristige Möglichkeiten in Europa halten. Ernüchterung und eine fehlende, glaubwürdige fiskalpolitische Strategie manifestierten sich unlängst nicht nur durch das Verhalten der Investoren, sondern auch unter den Wählern.

In Griechenland kam es zu einer populistischen Gegenreaktion. Koalitionsverhandlungen scheiterten zunächst. In Frankreich gewann der sozialistische Kandidat mit wachstumsorientierter Ausrichtung die Präsidentschaftswahl und in den Niederlanden zerbrach die Regierung an einem umstrittenen Sparprogramm. Die Bonität europäischer Banken und Staaten wurde herabgestuft. Die Anleiherenditen in den Krisenländern Spanien und Italien kletterten merklich höher.

Die europäische Politik hat immerhin reagiert und unserer Ansicht nach verzeichnete man unlängst zaghafte Fortschritte. Nach dem europäischen Gipfeltreffen im Juni entstand der Plan für eine „Bankenunion“ und den flexiblen Einsatz des Euro-Rettungsschirms und europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Unserer Überzeugung nach könnte dies hilfreich sein, die verhängnisvolle Verflechtung zwischen Banken und staatlichen Emittenten aufzulösen. EZB-Präsident Mario Draghi verkündete vor Kurzem, die „EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten.“

Wunderwaffe oder vielleicht Silberstreifen?

Diese Schritte sind ermutigend. Wenn sie gut umgesetzt werden, steht dadurch die notwendige Zeit zur Verfügung, um die zugrunde liegende fiskalische Reparatur und die innerhalb der Region erforderlichen Strukturreformen durchzuführen. Dennoch ist es nach unserem Ermessen keine Wunderwaffe, um die Krise der Eurozone zu lösen und das Überleben der Währungsunion zu gewährleisten.
Die Wiederherstellung eines nachhaltigen wirtschaftlichen Gleichgewichts in der Eurozone wird unserer Überzeugung nach letztlich eine Kombination aus Anreizen und Strukturreformen zur Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum erfordern, Ausgabenkürzungen zur Wiedereinführung nachhaltiger Fiskalpolitik und einen glaubwürdigen politischen Kurs hin zu einer Banken- und Fiskalunion. Die Börsen scheinen einem solchen Fortschritt wenig Glauben zu schenken.

Der weitläufige Pessimismus in der Region hat nach unserem Dafürhalten seltene Möglichkeiten geschaffen, weltweit diversifizierte, qualitativ hochwertige Unternehmen zu Tiefstpreisen zu erwerben. Europäische Aktien wurden in absoluter Hinsicht vor Kurzem fast auf demselben Niveau (Kurs-Buchwert- Verhältnis) gehandelt wie im März 2009. Die Kennziffer war noch nie so tief.

Im Verhältnis zu amerikanischen Aktien waren europäische Aktien noch nie so billig. Den fundamental orientierten Investoren hat die Krise in Europa vor bedeutende Herausforderungen gestellt. Dennoch stellen die sich daraus ergebenden Bewertungsmöglichkeiten einen Silberstreifen für die Anleger dar, die mit Disziplin und Kraft in der Region investiert bleiben.

Finanzwesen: Deep Value für unerschrockene Investoren

Sir John Templeton merkte einmal monierend an, „die Leute fragen mich immer, wie die Aussichten seien, aber das ist die falsche Frage.“ Die richtige Frage, sagte er mir Nachdruck, wäre, „sind die Aussichten miserabel?“ In den letzten Monaten hätte man behaupten können, die Banken, vor allem die europäischen Banken, würden die miserabelsten Aussichten bieten.

Sich auf diesem Niveau für das europäische Bankensystem zu engagieren, ist eine Wette, dass die europäische Währungsunion so fehlschlägt, dass sie scheitert – ein Schicksal, das unserer Überzeugung nach abgewendet werden wird, da die Kosten eines Zusammenbruchs die eines Erhalts der Union bei Weitem übersteigen. Außerdem gibt es leistungsfähige politische Werkzeuge, die in der Krise noch nicht eingesetzt wurden. Doch unserer Meinung nach übersehen die gedrückten Bewertungen solch potenziell unterstützende Maßnahmen.

Stark unterbewertete Banken der Region mit angemessener Kapitalposition, starken Marken und solidem Kerngeschäft dürften unserer Erwartung nach folglich nicht nur überleben, sondern erhebliches Aufwärtspotenzial bieten, wenn Europa endlich ein glaubwürdiges, auf wechselseitiger Kontrolle nationaler Fiskalpolitik beruhendes föderales System einführt.

Gesundheitswesen: Wertanerkennung?

In den letzten Jahren stand auch das Gesundheitswesen größtenteils nicht in der Gunst: Auslaufende Patente, aufsichtsrechtliche Einmischung sowie prozyklische Assets in durch Impulsen ausgelösten Risiko- Rallys haben die Investoren kalt gelassen. Wir konnten dennoch bedeutenden Wert in diesem gedrückten Sektor feststellen und fanden unserer Überzeugung nach anspruchslose Bewertungen, beträchtliche Cashflow-Generierung und viel Raum für Selbsthilfe bei den besten Pharmaunternehmen in der Welt.

Die nach wie vor interessanten Bewertungen und kontrazyklischen Gewinnprofile bestimmter Pharmatitel bieten unserer Ansicht nach zudem anderweitige Vorzüge. Unternehmen, die unserer Meinung nach am besten dem starken Druck in einem ungewissen Wachstumsklima standhalten, dürften die Firmen sein, die über den größten Spielraum bei Kostensenkungen und anderweitigen Selbsthilfemaßnahmen verfügen.

Die Kostenstruktur bei Pharmaunternehmen gehört im globalen Branchenvergleich zu den höchsten, was ein erhebliches Potenzial für Einsparmöglichkeiten vermuten lässt. Bemerkenswerte Umstrukturierungsinitiativen großer Pharmaunternehmen laufen bereits, um die Kostenbasis der Branche zu senken. Dies könnte künftig ein solider Ergebnistreiber sein.

Asien: Schnäppchen

Kürzlich fragte man uns nach unserer Einschätzung zu Asien und deshalb werden mit diesem Thema schließen. Kunden wollten insbesondere wissen, ob das Value- Investment in dieser Region funktioniert. Wir meinen, es ist in diesem Zusammenhang wichtig, sich daran zu erinnern, dass wir Bottom-up-Investoren sind. Wir konzentrieren uns stark auf ein einzelnes Unternehmen in der Welt und wir vertreten nicht einen grundlegenden Standpunkt für eine bestimmte Region.

Es ist unserer Ansicht nach wahrscheinlich sicher, zu sagen, dass alle Regionen Value-Möglichkeiten und Value-Fallen haben. Die beste Strategie letzterer zu entgehen, ist eine rigorose Aktienanalyse. Auch Asien unterscheidet sich da nicht. Neben den unterschiedlichen Volkswirtschaften und Märkten, die sich in verschiedenen Entwicklungsstufen befinden, sowie den einzigartigen politischen und aufsichtsrechtlichen Umständen sind Pauschalaussagen über Asien keineswegs angebracht.

Doch in gewisser Weise sieht Asien für den Value- Investor sehr attraktiv aus. Hier zu erwähnen ist beispielsweise die Deep Value Screen von Benjamin Graham und James Rea, das legendäre Werkzeug für die fundamentale Wertpapieranalyse im Value Investing. Eine derartige Analyse ergab im Juni 2012, dass Asien (inklusive Japan) die größte Wahrscheinlichkeit für Deep-Value-Möglichkeiten in irgendeiner globalen Börse bot.

Dabei erfüllten über 20% der asiatischen Titel die von Graham und Rea festgelegten Bewertungskriterien. (Europa hatte viele Aktien mit äußerst niedrigen Bewertungen, aber die Analyse enthält auch strikte Risikokriterien, die viele billige europäische Namen ausschlossen.) Wir haben sehr viele – um nicht zu sagen, zu viele – Value-Möglichkeiten in Asien gefunden. Unser Interesse an Asien hat unlängst zugenommen. Zudem haben wir in China, Südkorea und Singapur unser Ansicht nach erhöhtes Value-Potenzial festgestellt.

Anlage für die Zukunft

Anhaltendes globales Wachstum und Stabilitätsrisiken dürften unserer Einschätzung nach künftig zu kontinuierlicher Volatilität führen, wenn die Märkte zwischen dem durch Krisen bedingten Pessimismus und dem durch Anreize geleiteten Optimismus schwanken. Die damit einhergehende Ungewissheit hat sich auf die Stimmung der Anleger ausgewirkt. Viele von ihnen sind bezüglich US Treasuries anstelle von Aktien optimistisch.

Dies ist zu einem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem Aktienbewertungen historisch billig und die Treasury-Renditen auf dem tiefsten Stand seit 200 Jahren sind. Den Investoren werden zu einem sehr teuren Preis keine realen Ertragsaussichten angeboten. Sollten Anleger weiterhin Unternehmen hinsichtlich ihrer kurzfristigen Widerstandskraft anstelle ihres langfristigen Ertragsund Renditepotenzials bewerten, könnten fundamentale Value-Strategien kurzfristig zusätzlichen Gegenwinden ausgesetzt sein.

Die Bewertungen und Renditen wirken unserer Einschätzung nach immer noch unterstützend und machen Mut. In der Vergangenheit haben Aktien nach so niedrigen Kennzahlen langfristig stark zugelegt. Vor über sechs Jahrzehnten schrieb Sir John Templeton: „Wer viel künftige Ertragskraft billig einkaufen kann, investiert immer gut.“ Wir finden unserer Einschätzung nach weiterhin eine Vielzahl dieser Möglichkeiten in diesem außerordentlichen Markt.

Quelle: DAS INVESTMENT.

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