Allianz | Frankfurt, 24.10.2014.
Nach wie vor reagieren die Börsianer verschnupft auf die geopolitische und gesamtwirtschaftliche Gemengelage. Nach den Geschehnissen der Vorwoche zeigten sich die Aktienmärkte zu Wochenbeginn weiterhin volatil. Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis spiegelte sich auch in Kursabschlägen bei europäischen Peripherieanleihen und -zuwächsen bei Bundesanleihen wider. Unterdessen lösten die zuletzt taubenhafteren Töne der angelsächsischen Zentralbanken einen Schluckauf bei der Aufwärtsbewegung des US-Dollar bzw. britischen Pfund aus. Umso stärker rückten die Unternehmensgewinne in den Vordergrund. Die Berichtssaison zum dritten Quartal ist mit positivem Unterton angelaufen. Über 70% der veröffentlichen US-Quartalszahlen des S&P 500 waren bis dato besser als erwartet.
Derweil gingen von den chinesischen BIP-Daten für das dritte Quartal keine klaren Impulse aus – sie fielen zwar besser aus als erwartet, aber schwächer als im Vorquartal. In Kombination mit der sich erholenden Industrieproduktion im September scheint das Wachstumsziel von 7,5% wieder in greifbare Nähe gerückt zu sein – und sollte sich die Wahrscheinlichkeit zusätzlicher fiskalischer Konjunkturanreize aus Peking reduziert haben.
Die Konjunkturerholung im Euroraum steht dagegen weiterhin auf wackeligen Beinen. Gegen einen anhaltenden Schwächeanfall sprechen aber die höhere Zuversicht der Einkaufsmanager zum Auftakt des vierten Quartals und die Meldung der Banco de España, dass die spanische Wirtschaft im dritten Quartal um 0,5% (q/q) zugelegt haben dürfte. Während bereits Hoffnungen auf neue geldpolitische Medizin durch Käufe von Unternehmensanleihen aufkeimen, hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag zunächst damit begonnen, Pfandbriefe anzukaufen, um die Kreditvergabe im Euroraum anzukurbeln. Am Sonntagmittag, kurz vor der Übernahme der gemeinsamen Bankenaufsicht am 4. November, gibt die EZB die mit Spannung erwarteten Ergebnisse der umfassenden Bilanzprüfung bekannt. Mit der Bilanzsanierung sollte ein angebotsseitiger Bremsfaktor für die darniederliegende Kreditvergabe abflauen. Sie könnte womöglich gar zu einem Impulsgeber für eine erhöhte M&A-Aktivität in der europäischen Bankenbranche werden.
In der kommenden Woche dürfte ein Cocktail aus Konjunkturdaten, Zinsentscheiden und Unternehmenszahlen das Finanzmarktgeschehen prägen. Auch in Europa nimmt die Berichtssaison Fahrt auf. Insgesamt werden ca. 140 US- und 90 europäische Firmen aus dem S&P 500 bzw. STOXX 600 ihre Bücher öffnen. Am Mittwoch richtet sich die Aufmerksamkeit der Anleger auf die Sit-zung des Offenmarktausschusses. Denn der Markt scheint wieder zunehmend in Frage zu stellen, dass die US-Notenbank Fed im kommenden Jahr beginnen wird, ihre Zinspolitik zu normalisieren. Dabei dürften sich die Aussichten für die Geldpolitik nicht spürbar verändert haben und die Fed wie geplant das Ende ihrer milliardenschweren Anleihekäufe beschließen.
Eine Reihe von Temperaturmessern wie der Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüter, das Verbrauchervertrauen (beide Di), die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (Do), die Ausgaben und Einkommen der US-Verbraucher sowie der Chicago-Einkaufsmanagerindex (Fr) dürften unsere Einschätzung untermauern, dass die US-Wirtschaft auf Kurs bleibt. Insbesondere bei einem stabilen Arbeitsmarkt blieben die Konjunkturängste in den USA ohne Basis (siehe auch Grafik der Woche). Spanien und Österreich geben am Donnerstag die (offiziellen) vorläufi-gen BIP-Schätzungen für das dritte Quartal bekannt, während der ifo-Geschäftsklimaindex (Mo) und das Economic Sentiment (Do) frische Hinweise auf die Wachstumsperspektiven Deutschlands und des Euroraums im Schlussquartal geben. Daneben stehen zentrale EZB-Indikatoren wie die Geldmenge M3 (Mo), der vierteljährliche Bank Lending Survey (Mi) und die Inflationsschnellschätzung für Oktober (Fr) oben auf dem Datenkalender.
Das Phänomen „Lowflation“ dürfte uns weiterhin begleiten – und die Inflationserwartungen dementsprechend unter Druck bleiben. Gerade weil die rückläufigen Energiepreise preisdämpfend zu Buche schlagen, sollte aber der Kerninflationsrate eine größere Beachtung geschenkt werden als der Gesamtinflationsrate. Sollten die realwirtschaftlichen und monetären Indikatoren im Euroraum enttäuschen, dürften die Spekulationen um ein breit angelegtes Staatsanleihekaufprogramm der EZB (Quantitative Easing) zunehmen. Aufschlussreich sollte in diesem Kontext auch die am Mittwoch anstehende Stellungnahme der EU-Kommission zur Haushaltsplanung der Euro-Mitgliedländer für 2015 sein.
Denn eine sinkende Konsolidierungs- und Reformbereitschaft könnte sich als Hinderungsgrund für Quantitative Easing entpuppen, um etwaige Fehlanreize (Moral Hazard) zu vermeiden. Auch in Japan tagt der geldpolitische Rat (Fr). Im Vorfeld der Notenbanksitzung dürften die Industrieproduktion im September (Mi) und der halbjährliche Wirtschaftsbericht der Bank of Japan (Fr) unser Bild einer schleppenden Konjunkturerholung Nippons untermauern. Selbst wenn in den USA die Bullen wieder auf dem Vormarsch sind, könnte den Börsen nach dem Rückschlag im Oktober eine holprige Bodenbildung bevorstehen. Für eine Genesung sprechen neben der ultra-lockeren Geldpolitik die nach wie vor moderat optimistischen Wachstumsperspektiven. Gerade weil sich die Zeiten starker Markttrends dem Ende zuzuneigen scheinen, kommt der Erzielung aktiver Renditen innerhalb der Assetklassen eine wachsende Bedeutung zu.