SJB | Korschenbroich, 24.06.2022.
Ob mit Gold hinterlegte Anlageprodukte, Münzen oder Barren: Das Edelmetall wurde seinem Ruf als Krisenanker im ersten Quartal dieses Jahres wieder einmal gerecht. Anlass dazu gibt es angesichts der sprunghaft gestiegenen Inflation und des Ukraine-Kriegs leider genug. So kauften Anleger nach Angaben des World Gold Council (WGC) über börsengehandelte Produkte im ersten Quartal 2022 knapp 270 Tonnen Gold im Gegenwert von rund 17 Milliarden US-Dollar – so viel wie zuletzt im dritten Quartal des Corona-Jahres 2020.
Zudem wurden in den USA mit 518.000 Feinunzen im Gegenwert von mehr als einer Milliarde US-Dollar so viele Goldmünzen in einem Quartal verkauft wie seit 1999 nicht mehr. Angesichts dieser Zahlen stellen sich viele Anleger die Frage, wohin die Reise beim Goldpreis geht – weiter aufwärts und damit über den bisherigen Höchststand von 2.067 US-Dollar je Feinunze hinaus.
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Behalten die Fondsmanager recht, die im jüngsten Crashtest für Goldminenaktien vorn liegen, erscheinen neue Allzeithochs nicht unrealistisch: „Zwar ist die Höhe schwer zu prognostizieren, da es sehr viele Einflussfaktoren gibt“, sagt etwa Tobias Tretter. Gleichwohl fallen dem Berater des die Rangliste anführenden Commodity Capital Global Mining eine Menge Gründe für einen weiteren Anstieg ein.
Allem voran die Inflation: „Die ist nicht vorübergehend, wie von den Notenbanken anfangs prognostiziert.“ Zwar würden die Zinsen angehoben, jedoch bei weitem nicht so stark wie sie angesichts der Inflation steigen müssten. Auch in den folgenden Jahren sei der Realzins daher negativ – „und das ist gut für Gold“. Generell seien in der Vergangenheit die ersten zwölf Monate nach einer Zinswende und der ersten Zinsanhebung für Gold meist positiv gewesen.
Diesem Szenario räumt er allerdings eine Wahrscheinlichkeit von null Prozent ein. Gefahren drohten den Minengesellschaften weniger vom Goldpreis als vielmehr von steigenden Kosten für Öl, Chemikalien und die Löhne. „Dies könnte dazu führen, dass sich die Unternehmen auf teure, langfristig nicht gewinnbringende Übernahmen einlassen“, fürchtet der Fondsberater.
Ähnlich fällt die Einschätzung von Georges Lequime aus. „Bei den Bergbautiteln besteht das größte Risiko in der Inflation der Betriebskosten sowie der Inflation der Investitionsausgaben“, sagt der Manager des drittplatzierten Earth Gold Fund UI. Beim Goldpreis, dem er noch vor Jahresende einen Anstieg auf mehr als 2.100 US-Dollar pro Feinunze zutraut, sieht er als Worst-Case-Szenario einen Anstieg des Realzinses auf über 2 Prozent mit der Erwartung eines weiteren Anstiegs. Für sehr wahrscheinlich hält er dieses Szenario allerdings nicht.
Die 2.100-Dollar-Marke nennt auch Scott Ikuss, Fondsmanager des zweitplatzierten DWS Invest Gold and Precious Metals. Vorausgesetzt, die geopolitische Lage bleibe angespannt. „Sollte es hingegen zu einer Entspannung der Situation in der Ukraine kommen, könnte der Goldpreis gemäß der bisherigen Erfahrung mit geopolitischen Risikoprämien auch um mehrere hundert Dollar niedriger liegen“, analysiert er.
Doch selbst dann blieben die Aussichten für Goldminenaktien positiv, ist der DWS-Manager überzeugt. „Wir gehen davon aus, dass Goldminenbetreiber weiterhin freien Cashflow generieren und Barmittel an die Aktionäre ausschütten werden. Das ist im Gegensatz zu früheren Zyklen einzigartig“, erläutert er und begründet dies unter anderem damit, dass die Goldminenunternehmen hart daran gearbeitet hätten, die Betriebskosten zu senken.
So ähnlich die Einschätzungen zur weiteren Entwicklung des Goldpreises und der Minenwerte auch sind – in puncto Strategie unterscheiden sich die drei Fonds deutlich voneinander. So kauft Tretter vor allem Aktien von Junior-Titeln – eine Aufgabe, die ein großes Maß an Expertise erfordert, denn: „Major-Minen, also etablierte Minenbetreiber, werden von den Banken gut analysiert. Kleinere, unbekannte hingegen nicht.“ Majors verbrauchten jeden Tag ihre Ressourcen und müssten diese durch Übernahmen teuer wieder ersetzen.
„Dabei explorieren sie selbst meist nur mit sehr eingeschränktem Budget und fokussieren sich auf die Produktion. Da es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nur wenige Explorations-Erfolge gab, werden die Übernahmen nicht nur immer teurer, sondern die Majors müssen auch immer früher diese Übernahmen tätigen, um zum Zug zu kommen“, erläutert Tretter seinen Investmentschwerpunkt. Dass er sein Handwerk versteht, unterstreichen die guten Ergebnisse im aktuellen Crashtest, die der Fonds unter anderem der Bestnote im Bereich Aktives Management verdankt (siehe Tabelle).
Auch beim Earth Gold Fund UI stehen eher kleinere und mittelgroße Minenunternehmen im Mittelpunkt: „Fast alle großen Unternehmen haben rückläufige Produktionsprofile, eine sinkende Qualität des abgebauten Gesteins und Schwierigkeiten, ihre Reserven- und Ressourcen-Basis um Unzen zu erweitern. Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen hingegen findet man gute, dynamische Managementteams und eine starke Ausrichtung auf Wachstum“, begründet Lequime den Anlagenschwerpunkt des Fonds.
Dass sich gleichwohl auch mit bekannten Schwergewichten wie Newmont oder Franco-Nevada eine gute Performance erzielen lässt, beweist lkuss, der diese Titel zu den Top-Positionen zählt und solche Unternehmen bevorzugt, die ganz aktuell oder in jüngster Zeit Phasen hoher Kapitalinvestitionen hinter sich gelassen haben. Sein Fonds weist daher auch die größten Überschneidungen zum viertplatzierten Van Eck Gold Miners auf, der den NYSE Arca Gold Miners Index mit den größten börsennotierten Minenbetreibern der Welt nachbildet.
von Claudia Lindenberg