In Deutschland beginnt am 11. November die Karnevals- und Fastnachtssaison, zumindest in coronafreien Jahren. Aber auch in China wird gefeiert: Im Reich der Mitte fällt auf diesen Tag der jährliche Singles Day.
Früher noch eine Art Valentinstag für Alleinstehende – wegen der vielen Einsen im Datum –, ist er heute ein wahres Konsumfest. Satte Rabatte veranlassen die Chinesen ähnlich wie der Black Friday die US-Amerikaner, ihre meist digitalen Einkaufswägen bis zum Rand zu füllen.
Seit der chinesische Technologiekonzern Alibaba 1993 den Konsumwert des Festes erkannt hat, sind die an diesem Tag erzielten Umsätze des Konzerns regelrecht explodiert. Damals konnte der Online-Shopping-Gigant umgerechnet 7,8 Milliarden US-Dollar umsetzen. 2018 waren es bereits 30,8 Milliarden US-Dollar und im Folgejahr 38,4 Milliarden US-Dollar. Trotz Corona stellte Alibaba 2020 einen neuen Rekord auf: Mehr als 74 Milliarden US-Dollar registrierten die Kassen – auch wenn dieses Jahr noch zwei Rabattaktionen Anfang November in die Rechnung einflossen.
Mehr Konsum gewünscht
Chinas Konsum brummt also. Die Politik dürfte das freuen – schließlich gehört sein Ausbau zu ihren erklärten Zielen. Das wurde auf der sogenannten Fünften Plenumssitzung der chinesischen Staatsführung, bei der die Fünf-Jahres-Pläne entworfen werden, erneut deutlich: Wieder wurde der Fokus auf einer wachsenden Binnennachfrage, geringerer Abhängigkeit von Importen und technologischer Eigenständigkeit bekräftigt. Ebenso strebt die Politik die geplante Transformation hin zu einer grünen Wirtschaft und die Bewältigung des Klimawandels in den kommenden Jahren an.
Mittelfristig möchte China den internen Wirtschaftskreislauf fördern, sprich: Die Binnennachfrage erhöhen. Gleichzeitig soll aber auch der externe Kreislauf durch die zunehmende Öffnung des Landes, die Belt & Road-Initiative und die Internationalisierung des Renminbi gestärkt werden. Allein auf die Außenwirtschaft möchte sich das Land aber nicht mehr verlassen.
Durch die Fertigung hochwertiger Produkte und der Entwicklung innovativer Technologien im Inland soll ein großer Anteil der bislang im Ausland getätigten Konsumausgaben der Chinesen in die Heimat zurückgeholt werden. Diese Strategie dürfte sich positiv auf Einzel- und Onlinehändler im Reich der Mitte auswirken. Darunter leiden könnten hingegen jene Firmen und Länder, deren Geschäfte von chinesischen Touristen abhängen.
Wie sich Anleger auf die Pläne einstellen können
Je mehr China seine Bemühungen um größere Unabhängigkeit vom Ausland und geringere Importe vorantreibt, desto stärker werden wohl innovative Unternehmen aus den Branchen Technologie und Finanzen zu den langfristigen Treibern des chinesischen Aktienmarkts gehören – ebenso wie eine Konsolidierung der Industrie und steigender Konsum.
Aus Anlegersicht spricht das für den Abbau von Positionen in Unternehmen mit einem hohen Auslandsengagement, zum Beispiel aus der Unterhaltungselektronik. Im Gegenzug scheint es sinnvoll, verstärkt in Unternehmen aus Schwerpunktbereichen der politischen Agenda zu investieren – zumal diese von staatlichen Investitionen profitieren können.
Nach dem Willen der Politik sollen die Konsolidierung und Modernisierung der Industrie sowie die Innovationskraft und technologische Unabhängigkeit gestärkt werden, um darauf einen strategischen Pfeiler für die künftige Entwicklung zu gründen. So werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren auch die Forschungsausgaben der Regierung weiter steigen. Besonders im Fokus stehen dürften Technologien wie ein digitaler Renminbi, künstliche Intelligenz, Cloud-Computing, der neue Mobilfunkstandard 5G sowie Big Data, also die Verarbeitung großer Datenmengen.
China will grüner werden
Das Fünfte Plenum forderte darüber hinaus einen verstärkten Kampf gegen Kohlenstoffemissionen bis 2035 und höhere Umweltschutz-Standards. Dazu gehören ein größerer Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch und dessen Verringerung sowie eine Reduzierung der CO2– und Schwefeloxid-Emissionen. Dies dürfte sich nicht zuletzt positiv auf Investitionen in damit verbundene Technik und Dienstleistungen auswirken.
Unlängst hatten Anleger bereits ihre Freude an chinesischen Aktien – nicht zuletzt, weil das Land Covid-19 vergleichsweise schnell zurückdrängen konnte: Seit März ist der Aktienindex CSI 300, der die Kursentwicklung an den beiden großen Festlandbörsen abbildet, deutlich gestiegen. Darüber hinaus könnte China als einzige bedeutende Volkswirtschaft weltweit 2020 ein positives Wirtschaftswachstum aufweisen. Ein Wachstumsziel für die kommenden fünf Jahre wurde im Kommuniqué des Plenums indes nicht festgelegt. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte Peking eine Spanne von 5,5 Prozent bis 6,5 Prozent für das mittelfristig anvisierte Konjunkturplus vorgeben.
Quelle: Das Investment