Die meisten Aktien sind derzeit massiv überbewertet. Davon ist Joe Foster, Portfoliomanager und Stratege für die Gold-Fonds von Van Eck überzeugt. Was auf eine baldige Rezession und eine Baisse auf den Aktienmärkten deutet und warum Anleger jetzt Gold und Goldaktien kaufen sollten.
Die Erwartungen rund um die von der Federal Reserve (Fed) angekündigte Zinsanhebung vom 15. März waren die wichtigsten Treiber des Goldmarktes im März. Die Wirtschaftsstatistiken der USA fielen zuletzt recht positiv aus und führten dazu, dass der Markt von der Fed ein aggressiveres Verhalten erwartete und sogar Hinweise auf vier mögliche Zinserhöhungen in 2017 sah (eine mehr, als die Fed im Dezember angekündigt hatte).
Goldpreis-Anstieg im März
Infolgedessen schwächelte Gold vor der Zinssatzentscheidung der Fed und fiel im Laufe von zwei Wochen um rund 50,00 US-Dollar auf ein Niveau von 1.200 Dollar pro Unze. Als die Fed am 15. März wie erwartet ihre erste Zinsanhebung für 2017 durchführte, blieb sie bei ihrer Prognose von nur zwei weiteren Zinserhöhungen in diesem Jahr.
Auch die ökonomischen Vorgaben blieben unverändert. Die Chefin der US-Notenbank Yellen erklärte, die Fed sei bereit, vorübergehend eine Inflation hinzunehmen, die die anvisierte Inflationsrate von zwei Prozent übersteigt. Der Goldpreis von 1.200 Dollar pro Unze hielt sich angesichts der gemäßigten Ankündigung der Fed, wobei Gold etwas anzog und den Monat März mit einer geringen Steigerung auf 1.249,35 Dollar pro Unze schloss.
Vertrauenskrise in den USA
Auch die politischen Aktivitäten in den USA unterstützten den Goldpreis. Wie wir erwartet hatten, lässt die seit den US-Präsidentschaftswahlen vom November herrschende Markteuphorie immer mehr nach. Die Trump-Administration musste zwei Schlappen hinnehmen: Die Gerichte blockierten die Durchsetzung der Reisebeschränkungen, und das Repräsentantenhaus stoppte die Gesundheitsreform.
Unserer Ansicht nach wird es angesichts dieser frühen Niederlagen zusehends unwahrscheinlicher, dass die amerikanische Regierung die erwarteten wachstumsfreundlichen Reformen umsetzen kann, die den Markt nach den Wahlen auf neue Höchststände getrieben hatten. Wir sind der Ansicht, dass auch nur eine weitere Schlappe zu einer Vertrauenskrise führen könnte. Somit wird eine radikale Steuerreform zum nächsten entscheidenden Thema, das der Präsidentschaft von Trump einige positive Impulse verleihen könnte.
Die Kursentwicklung der Goldaktien folgte im März weitgehend der Preisentwicklung bei physischem Gold. Sowohl der NYSE Arca Gold Miners Index1 (GDMNTR) als auch der MVIS Junior Gold Miners Index (MVGDXJTR) verzeichneten ein Minus im Vorfeld der Fed-Ankündigung vom 15. März und holten danach wieder auf. Im Gegensatz zum Metall schlossen beide Goldaktienindizes den Monat jedoch insgesamt mit kleineren Verlusten.
Die Entwicklung des Goldpreises vor und nach Zinserhöhungen
Die Anhebung der Zinsen um 0,25 Prozent durch die Fed im März war die dritte in diesem Straffungszyklus, der im Dezember 2015 begann. In allen drei Fällen führte der zunehmende Pessimismus am Goldmarkt dazu, dass der Goldpreis auf ein technisches bzw. mehrjähriges Tief fiel. Grund für die negative Stimmung war die Vorwegnahme steigender Realzinsen und eines starken US-Dollars sowie das Vertrauen in die von der Fed prognostizierte anziehende Konjunktur. Allerdings war die Wirtschaftslage nicht so stabil wie erhofft, und die steigende Inflationsrate führte zuletzt zu sinkenden Realzinsen.
Die Zinserhöhung der Fed vom Dezember 2015 war ein wichtiger Wendepunkt und besiegelte das Ende des historischen Bärenmarktes für Gold von 2011 bis 2015. Ein Stimmungsumschwung führte außerdem dazu, dass Gold nach den Zinsanhebungen vom Dezember 2016 und vom März 2017 kräftig anzog. Auf den Märkten kam es vor jeder Zinserhöhung zur irrationalen Dynamik, dass der US-Dollar überkauft und Gold unterverkauft war. Tritt ein Phänomen dreimal auf, kann man von einem Verhaltensmuster sprechen. Unsere Erfahrung im Handel hat uns jedoch gelehrt, dass ein Muster unterbrochen wird, sobald es erkannt wird.
Wenn die Fed die Zinsen wieder anhebt, werden wir auf die Marktstimmung, das Verhalten der Fed oder einen anderen Treiber achten, der zur Veränderung des Musters beitragen könnte. Der Markt erwartet, dass die nächste mögliche Zinsanhebung auf der Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) im Juni beschlossen werden könnte.
Bei einem wachsenden Verschuldungsgrad könnte die derzeitige Marktblase platzen
Die gegenwärtige wirtschaftliche Expansion und der Bullenmarkt bei Aktien gehören zu den längsten der Börsengeschichte. Solche Zyklen dauern nicht ewig an. In der Vergangenheit hatten wir bereits darauf hingewiesen, welche Risiken ein konjunktureller Abschwung für das Finanzsystem mit sich bringen würde. Auch wenn die Bewertungen von Aktien und Immobilien sehr hoch sind, hat sich der Spekulationswahn, den wir vor der Technologieblase (2001) oder der Immobilienblase (2008) beobachtet hatten, nicht im gleichen Maße eingestellt.
Obwohl die Beliebtheit börsengehandelter Fonds (Exchange Traded Funds, ETFs) und anderer passiver Anlageinstrumenten durchaus als eine Art Manie angesehen werden könnte, ist es schwierig, in diese Instrumente etwas hineinzulesen, das auf einen Börsencrash hindeuten könnte. Wenn es denn zu einem Abschwung kommt, ist es wahrscheinlich, dass er dieses Mal geordneter als andere der jüngeren Vergangenheit von statten geht.
Schuldenquote steuert auf 150 Prozent zu
Ein sinkender Markt ist zwar nicht zwangsläufig ein Treiber für Gold, doch da sich das Finanzsystem seit der US-Immobilienkrise, der sogenannten ‚Suprime-Krise‘ in den Jahren 2008/2009 in einem derart prekären Zustand befindet, dass sich sogar eine moderate Rezession finanziell verheerend auswirken könnte, käme eine Baisse Gold und den Goldaktien letztlich doch zugute.
Der Unterschied in diesem Zyklus liegt darin, dass die weltweite Staatsverschuldung in Friedenszeiten höher denn je ist und weiter zunimmt. Der Jahresbericht des Congressional Budget Office (CBO) zeigt auf, dass sich die Schuldenquote (Verschuldung/Bruttoinlandsprodukt) seit 2008 auf derzeit 77 Prozent verdoppelt hat und im Jahr 2047 150 Prozent erreichen dürfte.
Das CBO prognostiziert ferner, dass der Schuldendienst von derzeit 7 Prozent auf 21 Prozent im Jahr 2047 steigen wird. Das Haushaltsdefizit kam in der Rede von Präsident Trump vom 28. Februar vor dem Kongress nicht zur Sprache. Wir sind der Meinung, dass kein Politiker die Schuldenblase ernsthaft in Angriff nehmen will, weil jeder von ihnen Angst hat, dass er nach der Durchsetzung von Steuererhöhungen oder Leistungskürzungen abgewählt werden würde.
Reformen nicht möglich
Wie wir in jüngster Vergangenheit gesehen haben, scheint es politisch nicht möglich, die Reformen umzusetzen, die erforderlich wären, um die Zahlungsunfähigkeit oder ein systemisches Versagen des gesetzlichen Krankenversicherungssystems zu verhindern.
Die Sozialversicherung ist ein weiteres System, das allem Anschein nach auf die Zahlungsunfähigkeit zusteuert. Es herrscht Stillstand, sodass eine Schuldenkrise oder eine andere Katastrophe die Regierenden in Washington dazu nötigen würde, endlich konstruktive Maßnahmen zu ergreifen. In einem rezessiven Wirtschaftsumfeld wird eine solche Krise sehr viel wahrscheinlicher.
Zinserhöhungen der Fed
Die drei Zinserhöhungen der Fed in diesem Zyklus beziffern sich auf 75 Basispunkte (0,25 Prozent am 16. Dezember 2015, 0,25 Prozent am 14. Dezember 2016 und 0,25 Prozent am 15. März 2017). Die Zinsen liegen in den USA nach wie vor weit unter den historischen Mittelwerten, und sie sind in anderen hochentwickelten Volkswirtschaften sogar noch niedriger. Die quantitative Lockerung (Quantitative Easing) war nicht so erfolgreich wie erwartet.
Die Fed hält in ihrer Bilanz US-Staatstitel (Treasury) und hypothekenbesicherte Wertpapiere (Mortgage Backed Securities) im Wert von mehreren Billionen Dollar und muss möglicherweise eine radikalere Politik einschlagen, um die Wirtschaft in der nächsten Rezession zu stimulieren. Dies wäre dann jedoch mit weiteren finanziellen Risiken verbunden.
Die Hinweise auf eine spätzyklische Konjunktur nehmen zu
Im Folgenden führen wir eine Reihe von Anzeichen für einen Konjunktur- und Marktzyklus im späten Stadium auf. Viele dieser Hinweise wurden in den jüngsten Newslettern von Gluskin Sheff aufgezeigt:
Der Bullenmarkt des S&P 500® Index5 dauert sein acht Jahren an; es ist der zweitlängste Bullenmarkt seit 1928.
Mit einem Anstieg um 16,9 Prozent pro Jahr ist dies der drittstärkste S&P-Bullenmarkt seit 1928.
Trotz der Gewinne am Aktienmarkt ist das Bruttoinlandsprodukt jährlich nur um 1,8 Prozent gestiegen; während des längsten Bullenmarktes von 1987 bis 2003 waren es 3,4 Prozent.
Zehn der letzten dreizehn Zinserhöhungszyklen der Fed endeten mit einer Rezession.
Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse sind im historischen Vergleich in den obersten Quintilen und die höchsten seit der Dotcom-Blase (1995-2001).
Die Wertpapierkäufe auf Kredit (Margin Debt) sind so hoch wie nie zuvor.
Die Zahl der Fahrzeugverkäufe und der notleidenden Kredite lässt darauf schließen, dass die Automobilkonjunktur ihren Zenit überschritten hat.
Rekordverdächtige 279 Unternehmensinsider haben dieses Jahr bereits Aktien verkauft.
Die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung haben ihre Tiefststände in diesem Zyklus erreicht, was historisch gesehen für die letzten Monate/Jahre einer Expansion typisch ist.
Jeder der siebzehn republikanischen Präsidenten seit Ulysses S. Grant erlebte innerhalb von etwa zwei Jahren nach Amtsantritt eine Rezession.
Stimmung und Konsum: Vorboten einer Rezession?
Morgan Stanley hat vor kurzem einen interessanten Bericht veröffentlicht, in dem das Vertrauen der Verbraucher anhand der historischen Daten, die in den Conference Board Consumer Confidence Index einfließen, sowie der Einfluss dieser Komponente auf die persönlichen Konsumausgaben untersucht werden.
Die Stimmung der Verbraucher und der Unternehmen (weiche Daten, Soft Data) zeigt eine steigende Tendenz, während die Daten, die die tatsächlichen wirtschaftlichen Ergebnisse abbilden (harte Daten, Hard Data), stagnieren.
Gleichwohl wir uns wünschen, dass es Präsident Trump gelingt, Reformen der Steuer-, Rechts- und sonstigen Vorschriften durchzusetzen und damit die US-Wirtschaft anzukurbeln, deuten der politische Gegenwind und die Anzeichen für einen Spätzyklus darauf hin, dass die Investoren beginnen sollten, sich vor den finanziellen Einbußen abzusichern, die die nächste Rezession mit sich bringen könnte.
Quelle: DAS INVESTMENT.