NN | Frankfurt, 03.04.2017.
Standard&Poor‘s hat das Rating für Südafrika nach Präsident Zumas überraschender Kabinettsumbildung herabgestuft – Moody‘s und Fitch dürften folgen
· Der Kurs von Präsident Zuma bleibt unberechenbar, jedoch sollte es aufgrund der soliden Checks and Balances der politischen Institutionen in Südafrika nicht zu einem wirtschaftlichen Einbruch oder übermäßigen Kursrückgängen kommen
· Da Zumas Partei ANC vor den Parlamentswahlen im Jahr 2019 an Wählergunst eingebüßt hat, kann man darauf hoffen, dass ein reformorientierterer Kandidat gewählt wird
Mit dem Timing seiner Kabinettsumbildung in der vergangenen Woche hat Präsident Zuma sowohl Anleger als auch Ratingagenturen überrascht. Finanzminister Pravin Gordhan und sein Stellvertreter Mcebisi Jonas wurden durch Vertraute des Präsidenten ersetzt, die über wenig Erfahrung im Finanzministerium oder an den Finanzmärkten verfügen. Dadurch hat Südafrika an Glaubwürdigkeit verloren. S&P hat daher sofort das Rating auf ein spekulatives Niveau (BB+) gesenkt, bzw. auf die niedrigste Investment-Grade-Stufe (BBB-) für Verbindlichkeiten in Lokalwährung. Auch der Ausblick wurde auf „negativ“ zurückgenommen, was als Warnung für südafrikanische Politiker zu verstehen ist: Die Toleranz für weitere politische Fehler ist gering.
Moody‘s und Fitch dürften S&P folgen
Die Ratingherabstufung durch S&P hat uns nicht überrascht, denn es ist möglich, dass die haushaltspolitische Disziplin unter einem neuen und unerfahrenen Finanzminister leidet. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden Moody‘s und Fitch dem Beispiel von S&P folgen und die jüngste Kabinettsumbildung ebenfalls ablehnen; es ist mit weiteren Ratingherabstufungen zu rechnen. Dies wiederum sollte weitere Verkäufe auslösen – vor allem, wenn die Herabstufungen so stark ausfallen, dass Südafrika aus den Investment-Grade-Indizes herausfällt. Zwar ist Südafrika vor der im Dezember anstehenden Wahl des neuen ANC-Parteivorsitzenden in eine Phase der riskanten Politik eingetreten; dennoch besteht unseres Erachtens kein Anlass zur Panik, da Südafrikas institutionelles Rahmenwerk zahlreiche „Checks and Balances“ beinhaltet, die in gewissem Umfang als Puffer wirken dürften. Zudem wurde sowohl innerhalb des ANC als auch bei den Oppositionsparteien und in der Öffentlichkeit heftiger und anhaltender Unmut gegen die Kabinettsumbildung laut. Im Jahr 2015 ist es schon einmal zu einer ähnlichen Episode gekommen. Damals entließ Präsident Zuma den marktfreundlichen, glaubwürdigen Finanzminister Nene und ersetzte ihn durch den relativ unbekannten Abgeordneten David van Rooyen. Nach einem Rückschlag an den Finanzmärkten – die Renditen schnellten in die Höhe, und der Rand wertete deutlich ab – revidierte Zuma diese Entscheidung rasch und ernannte nur fünf Tage später den erfahrenen und respektierten Pravin Gordhan zum Finanzminister. Damals wiesen die Ratingagenturen klar auf das Risiko hin, dass die institutionelle Stärke und Effektivität des Finanzministeriums Schaden nehmen könne.
Wechselkursabwertung und Anleiheverkäufe
Nach einer Phase kräftigen Aufwertens (9,5 Prozent im bisherigen Jahresverlauf) setzte eine leichte Abwertung des Rand ein, als bekannt wurde, dass Präsident Zuma seinen Finanzminister Gordhan von dessen Reise nach Großbritannien und in die USA zurückbeordert hatte. Nachdem die Nachricht von Gordhans Entlassung bestätigt wurde, wurden der südafrikanische Rand sowie Anleihen verstärkt verkauft. Der Rand wertete von einem Schlusskurs von 12,4 USDZAR am 24. März auf 13,8 USDZAR ab. Die Renditen 10-jähriger Lokalwährungsanleihen stiegen von 8,3 Prozent am 22. März auf über 9 Prozent an, und die Spreads für südafrikanische Staatsanleihen weiteten sich im selben Zeitraum auf rund 280 Basispunkte. Nach der Herabstufung durch S&P kam es zu einer weiteren Verkaufswelle südafrikanischer Vermögenswerte. Das war allerdings erwartet worden.
Südafrikanisches Finanzministerium gilt als glaubwürdig
Trotz der negativen Ratingentscheidungen ist eines ermutigend: Auf sehr hoher Ebene ist man sich in Südafrika durchaus bewusst, wie wichtig ein starkes Finanzministerium ist und welchen Nutzen ein Investment-Grade-Rating bietet. Aufgrund dieses Bewusstseins und der Reaktion auf den Abgang von Finanzminister Nene wurde Pravin Gordhan im Jahr 2015 in einer ähnlichen Situation rasch ernannt. Dadurch stabilisierten sich die Renditen, und der Rand wertete gegenüber dem Dollar innerhalb von 15 Monaten um über 25 Prozent auf. Die Medien genießen in Südafrika viel Freiheit, und die jüngste Kabinettsumbildung wurde in weiten Kreisen abgelehnt.
Vor der Wahl des neuen Parteivorsitzenden des ANC werden die politischen Differenzen innerhalb der Partei stärker zutage treten. Derweil ist es beruhigend, dass das Finanzministerium in weiten Kreisen als starke und glaubwürdige Institution gilt und über zahlreiche Checks and Balances sowie erfahrene Angestellte verfügt. Der Haushalt wurde bereits verabschiedet, ist weitgehend konservativ und wird in angemessen disziplinierter Weise umgesetzt. Südafrikanische Vermögenswerte sind liquide und sind es auch in der vergangenen Woche geblieben.
Deutliche Reaktion der Zentralbank unwahrscheinlich
Südafrika hat vor kurzem sehr gute Leistungsbilanzdaten veröffentlicht, die für eine beachtliche Verbesserung der Terms of Trade sprechen. Dennoch besteht ein strukturelles Leistungsbilanzdefizit fort. Aber auch die südafrikanische Zentralbank (SARB) ist eine starke und glaubwürdige Institution, die ihre Ziele seit langem erfolgreich verwirklicht. Sie ist außerdem eine Zentralbank, die im Vergleich zu den Notenbanken in anderen Schwellenländern sehr wenig interveniert. Sie zieht es vor, dass der Markt den Wechselkurs des Rand festlegt – selbst in extremen Stressphasen. Vor kurzem äußerte sie, der Rand sei aus fundamentaler Sicht überbewertet. Daher dürfte sie wohl kaum ernsthaft auf die jüngsten Marktturbulenzen reagieren. Außerdem weiß die Zentralbank genau, wie wichtig ausländische Investitionen für die Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits sind, sodass Kapitalverkehrskontrollen sehr unwahrscheinlich sind.
Zunehmende Hoffnung auf Kurswechsel nach Wahlen 2019
Präsident Zumas verzweifelter Schritt der Kabinettsumbildung ist unseres Erachtens ein Hinweis darauf, dass seine Macht schwindet. Angesichts des öffentlichen Widerstands nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass Zuma als Präsident und möglicherweise auch als ANC-Vorsitzender nicht wiedergewählt wird. Die Frustration über die Korruption und die Unfähigkeit der Regierung, das Wachstum zu steigern und den Wohlstand gerechter zu verteilen nimmt zu. Die Ereignisse der vergangenen Woche werden die Diskussion über Südafrikas künftigen Kurs anheizen. Da die Popularität des ANC im Vorfeld der Parlamentswahlen 2019 schwindet, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kandidat wie Vizepräsident Cyril Ramaphose mit einem reformorientierteren Programm gewählt wird und die Rahmenbedingungen für ein längerfristiges Wachstum geschaffen werden.
Die Politik von Präsident Zuma bleibt unberechenbar, und wir werden die Entwicklungen in den kommenden Monaten weite sehr genau beobachten. Auch wenn die Volatilität kurzfristig hoch bleiben sollte, ist angesichts früherer Erfahrungen davon auszugehen, dass Südafrikas institutionelle Checks and Balances einen wirtschaftlichen Einbruch bzw. übermäßige Vermögenspreisverluste verhindern können. Südafrika hat sich bereits als widerstandsfähig gegenüber vergleichbaren politischen Fehlern erwiesen, und möglicherweise bringt uns die unglückliche jüngste Episode einem möglichen Kurswechsel und einer besseren Zukunft für Südafrika näher.