Das Investment: Hausinvest-Fondsmanager über Probleme und Chancen offener Immobilienfonds

sjb_werbung_das_investment_300_200Liquiditätskrise einmal anders: Mussten offene Immobilienfonds 2008/09 aus Liquiditätsmangel schließen, haben sie derzeit oft zu viel Bares und zu wenig Objekte, in die es gewinnbringend investiert werden könnte. Wie er dieses Problem löst und warum er Privatanleger institutionellen Investoren vorzieht, erklärt Hausinvest-Fondsmanager Mario Schüttauf.

DAS INVESTMENT: Nun wird es konkret mit dem Brexit: Britische Premierministerin Theresa May will den Antrag zum Austritt aus der EU bis spätestens Ende März stellen. Viele Banken haben bereits angekündigt, ihre Geschäftstätigkeiten von London in andere Städte wie Frankfurt oder Paris verlagern zu wollen. Wie gefährlich ist das für den britischen Immobilienmarkt?

Mario Schüttauf: So enttäuschend die britische Entscheidung auch politisch ist, für London und den britischen Immobilienmarkt werden die Folgen wahrscheinlich weniger dramatisch ausfallen als vielfach heraufbeschworen. Mal abgesehen davon, dass Sie in Gänze noch gar nicht absehbar sind. Wenn aber zum Beispiel Londoner Büroimmobilienpreise jetzt rückläufig sind, so ist das eher eine Normalisierung, nachdem sie in den letzten Jahren auf ungesunde Weise in die Höhe getrieben worden waren.

Und was ist mit Ihrem Fonds? Wie hat sich der überraschende Ausgang des Brexit-Referendums Ende Juni bislang auf Ihren Fonds ausgewirkt?

Schüttauf: Unsere britischen Immobilien im Hausinvest sind mit die Besten im gesamten Portfolio – komplett vollvermietet und mit einer ausgezeichneten Wertentwicklung. Auswirkungen gab es bislang eher positive, denn der Umsatz in unserem Shoppingcenter Westfield ist signifikant gestiegen, sicherlich auch durch Shopping-Touristen, die die aktuelle Pfundschwäche für zusätzliche Reisen nach Großbritannien nutzen.

Und wie hat sich der Großbritannien-Anteil in Ihrem Portfolio seitdem verändert?

Schüttauf: Was den UK-Anteil am Portfolio betrifft, so werden wir diesen in den nächsten Wochen und Monaten etwas senken. Nicht jedoch, weil wir Immobilien in Großbritannien verkaufen, sondern weil wir woanders mehr zukaufen.

Der Gesetzgeber scheint aus der Krise 2008/09 gelernt zu haben. Damals schlossen mehrere offene Immobilienfonds vorübergehend, da sie die Anleger nicht mehr auszahlen konnten: Sieben Fonds mussten aus Liquiditätsmangel aufgelöst werden. Nun legt das KAGB unter anderem eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten fest. Welche positiven Auswirkungen hatte dies auf das Fondsmanagement?

Schüttauf: Durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vom Juli 2013 gelten für Anleger jetzt in der Tat 24 Monate Mindesthaltedauer und zwölf Monate Kündigungsfrist. Alles Geld, das wir seit Juli 2013 eingesammelt haben, ist also sicher, insgesamt sind das im Hausinvest schon 3,3 Milliarden Euro. Weil wir damit den Fonds aus Sicht der Bestandsanleger noch sicherer und weniger anfällig für die Volatilitäten des Marktes machen, ist er nach wie vor gefragt und immer noch geöffnet. Wir sind über die 44 Jahre jederzeit offen geblieben, und ich rechne damit, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Nun hört man aus der Branche häufiger, dass das Problem der offenen Immobilienfonds mittlerweile ein anderes ist, nämlich zu viel Liquidität und zu wenig Objekte, in die diese gewinnbringend investiert werden könnte. Können Sie das bestätigen? Und wie schaffen Sie den Spagat, Liquiditätsengpässe vermeiden und trotzdem aufgrund des derzeitigen Niedrigzinsumfelds nicht zu viel Cash halten zu müssen?

Schüttauf: Das ist sicherlich ein wichtiges Thema, insbesondere vor dem Hintergrund der anhaltenden Minuszins-Politik der Europäischen Zentralbank. Diese sorgt nämlich weiter für „billiges Geld“ und befeuert so auch den anhaltenden Boom des Immobilien-Investmentmarkts: Allein das Investitionsvolumen von rund 18 Milliarden Euro im deutschen Gewerbeimmobilienmarkt im ersten Halbjahr 2016 zeigt, dass Investoren weiterhin reale den financial Assets vorziehen. An diesem Trend wird sich auch in den kommenden Jahren nichts ändern.

Die wohl größte Herausforderung für Investoren aktuell ist es, Investitionsziele zu identifizieren, bei denen die Disparität zwischen Kapitalbewertung und Cashflow nicht so stark ausgeprägt ist wie derzeit in den klassischen Nutzungsarten Wohnen, Büro und Einzelhandel. Denn mit den explodierenden Preisen in der Immobilienbewertung konnten die Mietpreise in den vergangenen fünf Jahren nicht adäquat mithalten.

Aktuell lohnende Investitionsziele sind für uns derzeit beispielsweise Hotels. Hier ist die Disparität – also die Schere zwischen Kapitalbewertung und Cashflow – im Vergleich zu Büroimmobilien bedeutend geringer, und wir sehen hier in den kommenden Jahren eine hohe Nachfrage vor allem nach Business- sowie Design- und Boutique-Hotels in den großen Metropolen.

Ähnlich sieht es im Bereich Urban Living beziehungsweise Temporäres Wohnen aus. Hier führen eine anhaltende Urbanisierung, ein dynamischer Arbeitsmarkt, der von den Beschäftigten hohe Flexibilität und Mobilität erfordert, sowie die Zunahme von Ein-Personen-Haushalten zu einem Anstieg der Nachfrage nach kleinen, aber komplett eingerichteten Wohnungen in Großstädten und Ballungsräumen. In diesen Segmenten werden wir in den nächsten Monaten sicherlich die ein oder andere lukrative Transaktion vermelden.

Wie hoch ist der Liquiditätsanteil Ihres Fonds derzeit? Wie vermeiden Sie eine negative Verzinsung Ihrer Cash-Bestände?

Schüttauf: Die Bruttoliquidität liegt bei aktuell etwa 2,7 Milliarden Euro, das sind etwa 23,6 Prozent. Per KAGB darf der Anteil nicht mehr als 49 Prozent sein. Wir zahlen zwar keine Negativzinsen, weil wir unsere Mittel bis zu zwölf Monate anlegen. Aber die Verzinsung liegt im Schnitt bei 0,1 Prozent, das ist natürlich nicht viel. Daher ist es wie gesagt unser Ziel, möglichst schnell zu investieren. Dafür sind wir global unterwegs und haben mehrere verheißungsvolle Immobilienprojekte im Köcher. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir einen großen Teil des Geldes noch in diesem Jahr investieren werden.

Liquidität kostet Rendite. Zusätzlich schmälert der Nachfrageboom die Ankaufsrendite. Außerdem halten die Mieteinnahmen nicht mit den Immobilienbewertungen Schritt. Mit welchen renditefördernden Maßnahmen wirken Sie diesem Druck entgegen?

Schüttauf: Natürlich kostet Liquidität auch Rendite. Außerdem müssen wir die Objekte aufgrund des Nachfragebooms schon teurer ankaufen als noch vor Jahren. Sie bekommen derzeit keine Top-Immobilien mehr mit einer Ankaufsrendite von sechs Prozent. Daher haben wir unseren Renditeanspruch reduziert – in Übereinstimmung mit dem Markt und den Sachverständigen. Sollten die Zinsen wieder steigen und die Immobilienpreise wieder fallen, müssen wir stabile Werte im Portfolio zu haben. Deshalb sehen Sie derzeit bei uns keine Übertreibung bei den Immobilienwerten und daher auch keine Übertreibung auf der Renditeseite.

Zudem können wir erheblichen Mehrwert generieren, indem wir Objekte wie Westfield in London oder in den Niederlanden aufstocken oder erweitern – oder umwidmen wie im Fall des Eurotheum in Frankfurt am Main, nachdem die EZB dort ausgezogen ist. Dort beginnen wir die kleinteilige Vermietung und machen die Immobilien damit weniger risikoanfällig.

Wie und aus welchen Gründen hat sich die Ausschüttungspolitik Ihres Fonds in den vergangenen Jahren verändert?

Schüttauf: Unsere Ausschüttungspolitik hat sich in der Struktur nicht verändert. Lediglich die Höhe haben wir wie bereits erwähnt an die Marktgegebenheiten angepasst.

Offene Immobilienfonds verzeichnen seit geraumer Zeit sehr hohe Mittelzuflüsse. Würden Sie sagen, dass es Ihrer Branche uneingeschränkt blendend geht? Was ist der Grund, warum keine neuen Anbieter auf den Markt drängen?

Schüttauf: In der Tat sind offene Immobilienfonds wieder sehr beliebt. Die neuen Regularien sind im Vertrieb und von den Anlegern verstanden worden, so dass die Assetklasse wieder großes Vertrauen genießt. Für neue Anbieter und Produkte ist der Markteintritt allerdings schwer, weil offene Immobilienfonds eine gewisse Größe brauchen, um eine stabile Rendite zu erwirtschaften.

Laut einer Umfrage des Institute for Marketing Research in Frankfurt sind offene Immobilienfonds auch bei Anlagemillionären sehr beliebt: 16 Prozent der befragten Millionäre halten diese Anlageform für interessant. Wie setzt sich die Anlegerschaft Ihres Fonds zusammen?

Schüttauf: Die Anlegerschaft des Hausinvest setzt sich aktuell aus 97,4 Prozent Privat- und 2,6 Prozent institutionellen Anleger zusammen. Es ist unser Ziel, den Anteil von Großanlegern im Fonds gering zu halten, um nicht den Fehler anderer Fonds der Vergangenheit zu wiederholen, bei denen institutionelle Investoren hohe Kapitalanteile quasi geparkt hatten und die dann bei massiven Mittelabfluss in Liquiditätsschwierigkeiten kamen.

Die Branche diskutiert intensiv über eine mögliche Immobilienblase in Deutschland und den damit verbundenen Gefahren für Investoren. Was ist Ihr Standpunkt in dieser Debatte?

Schüttauf: Nach Meinung von Experten wird es noch bis 2060 mehr Zuzug in die Städte geben als Wegzug. Die Nachfrage nach urbanem Wohnen wird also in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter zunehmen. Es gibt keinen Grund, warum somit auch die Preise für Wohnimmobilien in den Städten nicht weiter zunehmen sollten. Natürlich sehen wir auch Übertreibungen in einzelnen Märkten und Lagen. Sollte es aber zu einer Rezession kommen, sinkt auch wieder die Kaufkraft der Bevölkerung. Wenn die Menschen weniger Miete bezahlen können, oder ein steigender Zins die Eigenheimfinanzierung verteuert, werden auch die Immobilienpreise wieder zurückgehen müssen.

In welchen Immobilienmärkten sehen Sie in den kommenden Jahren unter Rendite-Risiko-Gesichtspunkten besonders gute Investmentchancen? Wie wollen Sie diese Chancen konkret nutzen?

Schüttauf: Wir konzentrieren uns auf unseren Heimatmarkt Deutschland, auf den nordamerikanischen Kontinent und schauen uns auch in Australien um.

In Deutschland ist unser Vorteil, dass wir uns bei Projektentwicklungen beziehungsweise Bauvorhaben über Forward-Funding unabhängig von Fremdkapital machen können. Das heißt, wir bezahlen zunächst den Grundstückskauf mit Bauverpflichtung und anschießend die zu errichtende Immobilie sukzessive nach Baufortschritt. Auf diese Weise können wir finanzierende Banken in der Bauphase ersetzen und durch die Bauzeitverzinsung Erträge bereits in der Erstellungsphase generieren. Auch das ist schon ein Teil der Rendite für unsere Anleger.

Quelle: Das Investment

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