Schlechte Zeiten für Value-Investoren. In den letzten Jahren haben Value-Ansätze eine Underperformance gezeigt. Ob ihre Zeit damit vorbei ist – oder sie gerade erst wieder im Kommen sind, analysiert hier Jens Kummer, Gründer der Investmentboutique Mars Asset Management.
Seit fast 100 Jahren sind Value-Strategien ein fester Bestandteil der wissenschaftlichen Kapitalmarktforschung und der täglichen Fondsmanagerpraxis. Günstig bewertete Aktien zu kaufen ist intuitiv, vernünftig und weit verbreitet. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass Value-Strategien langfristig höhere Renditen erzielen als der Marktdurchschnitt.
So konnte beispielsweise die Kurs-Buchwert-Strategie von Fama / French in den letzten 90 Jahren (1926 – 2015) eine Outperformance von 3,0 Prozent per annum erzielen. Daneben existieren unzählige Studien, die den Value-Effekt mit anderen Indikatoren, in anderen Ländern und Zeiträumen nachweisen. Die langfristige Outperformance der Value-Ansätze möchten wir nicht bezweifeln.
In den letzten zehn Jahren scheint der Value-Motor jedoch ins Stocken geraten zu sein. Die durchschnittliche Outperformance von 3 Prozent per annum will sich nicht einstellen. Stattdessen weisen Value-Strategien sogar Minuszeichen gegenüber dem Marktdurchschnitt von Jahr zu Jahr auf. Dies ist kein isoliertes Phänomen eines einzelnen Indikators, sondern betrifft verschiedene Bewertungsansätze (siehe Grafik).
GRAFIK: Value-Strategien in den letzten 10 Jahren
Die Skeptiker behaupten, dass der Kapitalmarkt die Überlegenheit von Value-Strategien bemerkt hat und die erzielten Überrenditen durch Adaption verschwanden. Die Statistiker erwidern dagegen, dass die ausgewiesene Outperformance der wissenschaftlichen Studien nur Mittelwerte sind, die der Anleger während der Betrachtungsperiode im Durchschnitt pro Jahr erzielt. Somit können im Einzelfall die Value-Strategien in einem oder mehreren Jahren durchaus schlechter als der Markt liegen.
Nach 10 Jahren der Underperformance, stellen sich Anleger die Fragen,
1.) ob diese Phasen der Underperformance schon öfters auftraten und
2.) ob Indikatoren für bessere Value-Zeiten in der Zukunft existieren.
Zu 1) Der Value-Zyklus
Value-Strategien hatten in den zurückliegenden 90 Jahren sowohl gute als auch schlechte Phasen. So verzeichneten Anleger 1999 mit einer Underperformance von 6 Prozent per annum noch viel stärkere relative Verluste als heute. Erst als die Wachstumsillusionen platzten und Investoren die Hoffnung in Value verloren hatten, begann die Aufholjagd von 2000 bis 2007.
Da die aktuelle Underperformance nicht aus dem „historischen Rahmen“ fällt, sehen wir auchkeinen Anhaltspunkt, dass eine neuen Welt ohne Value angebrochen ist.
GRAFIK: Kurs-Buchwert-Strategie
Zu 2) Indikatoren für eine bessere Value-Zeit
Der Einfluss ökonomischer Größen wie Zinsniveau, Wirtschaftswachstum, Inflation, Credit- oder Term-Spread auf die Entwicklung von Value-Strategien ist gering beziehungsweise nicht vorhanden. Die beiden aussichtsreichsten Indikatoren für das Timing von Value-Strategien sind Marktentwicklung und Bewertungsniveau.
Value-Strategien hinken in steigenden Märkten im Allgemeinen hinterher und verlieren weniger, wenn die Märkte fallen. Ähnlich verhält es sich mit dem Bewertungsniveau. Ein hohes Bewertungsniveau ist für die zukünftige Entwicklung von Value-Strategien vorteilhaft. Value funktioniert, wenn der Aktienmarkt nicht richtig bewertet ist und somit systematische Bewertungsansätze zu Überrenditen führen.
Leider wissen wir nicht, ob die Märkte in Zukunft steigen oder fallen werden. Auch das Bewertungsniveau ist derzeit keine große Hilfe, da dieses sich im neutralen Bereich befindet und marktseitige Fehlbewertungen derzeit nicht offensichtlich sind.
Es gibt derzeit keinen starken Indikator, der für eine Aufholjagd von Value spricht. Das statistische Argument, dass sich bisher Value immer nach einer Durststrecke machtvoll zurückmeldete, lässt sich jedoch nicht erschüttern.
FAZIT: Die Value-Prämie ist zwar langfristig positiv, jedoch über die Zeit nicht stabil. Ein langer Atem von 10 Jahren und mehr ist für Value-Investoren unabdingbar. Denn nur wer kurz- und mittelfristig leidensfähig ist, kann bei Value am Ende mit Outperformance belohnt werden.
Von: Jens Kummer, Gründer und Fondsmanager der Investmentboutique Mars Asset Management
Quelle: DAS INVESTMENT.