Der Fonds: Finanztransaktionssteuer: Die Karawane zieht weiter

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Die Finanztransaktionssteuer nährt die Illusion, dem globalen Turbo-Kapitalismus die Grundlagen zu entziehen, und sie verspricht neues Geld in die leeren EU-Staatskassen zu spülen. Zwei Gründe, weshalb sie auf jeden Fall kommen wird, glaubt DER-FONDS-Chefredakteur Egon Wachtendorf.

„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann streiten sie noch heute“ – so hätten die Brüder Grimm vermutlich ihre Erzählung über ein Thema beendet, das Europas Politiker-Elite schon seit mehr als sechs Jahren am Köcheln hält: die Finanztransaktionssteuer.

Nachdem 11 von 28 EU-Staaten diese Abgabe zum 1. Januar 2016 einführen wollten, haben nun zehn Staaten beschlossen, über den geplanten Starttermin hinaus weiter zu verhandeln und erst im Sommer nächsten Jahres einen zustimmungsfähigen Entwurf vorzulegen.

Wer angesichts dieser Entwicklung das Projekt bereits für tot erklärt, hat dessen Hintergründe nicht verstanden. Denn dass sich die ursprünglich verfolgten Ziele – eine Beteiligung des Bankensektors an den Kosten der Finanzkrise und die Eindämmung der globalen Spekulation – mit einer in elf EU-Staaten erhobenen Umsatzsteuer auf Börsengeschäfte auch nicht annähernd erreichen lassen, wird jedem Verhandlungspartner spätestens ab 2012 völlig klar gewesen sein. Wozu also das nicht enden wollende Ringen um Details, wenn man sich dabei immer weiter vom Großen und Ganzen entfernt?

Es ging und geht der Politik vorrangig um zwei Dinge. Erstens: Der Bürger – und Wähler – soll den guten Willen erkennen, sich mit den Protagonisten des bösen Turbo-Kapitalismus anzulegen und deren Exzesse ein für alle Mal zu beenden. Das kommt an, nicht nur bei Taz-Lesern und Grünen-Wählern. Und zweitens: Wenn am Ende all jene Bürger brav zahlen, die keinen Weg gefunden haben, sich der Steuer zu entziehen, fließt frisches Geld in die leere Staatskasse. Das gefällt jedem Finanzminister, ob rot ob schwarz, französisch oder deutsch.

Die Karawane wird also allem Streit und allen Anfeindungen zum Trotz weiterziehen – von Brüssel, wo die jüngsten Durchhalteparolen ausgegeben wurden, zum nächsten Verhandlungsort. Und wenn dann irgendwann 2017 oder 2018 eine Lösung steht, wird diese nicht nur ihr eigentliches Ziel verfehlen, sondern es wird auch niemand so recht mit ihr zufrieden sein. Was irgendwie noch zu verschmerzen wäre, daran ist man als EU-Bürger gewöhnt. Dass in der Zwischenzeit die wirklich großen Herausforderungen der Union weiter vor sich hergeschoben werden, wiegt da schon bedeutend schwerer.

Von: Egon Wachtendorf

Quelle: DER FONDS.

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