Allianz | Frankfurt, 25.05.2016.
Die abgelaufene Woche an den internationalen Kapitalmärkten begann uneinheitlich: Während milliardenschwere Übernahmeaktivitäten die Nachrichtenlage auf Unternehmensebene bestimmten, lag makroökonomisch vor allem Japan im Fokus der Anleger. Der vorläufige japanische Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe fiel mit 47.6 Punkten auf das niedrigste Niveau seit Dez. 2012.
Passend für die schwächelnde japanische Konjunktur, fand das G7-Finanzministertreffen in Sendai, Japan, statt. Neben einem klaren Bekenntnis gegen einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, hieß es in der Abschlusserklärung, die Finanzminister hätten “existierende G7-Vereinbarungen zu Wechselkursen bestätigt” sowie “die Wichtigkeit hervorgehoben, dass alle Länder von wetteifernder Abwertung absehen”. Doch dies sollte vor dem Hintergrund gesehen werden, da die japanische Regierung zuletzt angedeutet hatte, ebensolche Maßnahmen gegen den derzeit starken Yen ergreifen zu wollen.
Beispiel: die japanischen Exporte für April wurden aufgrund eines stärkeren Yens stärker belastet als erwartet – sie sanken um 10,1% j/j. Japans Finanzminister Aso ließ daraufhin nicht lange auf sich warten. Er bezeichnete die Wechselkursschwankungen zwischen dem Währungspaar Yen/USD in den letzten Wochen als „nicht normal“, sprich zu „einseitig“ und „spekulativ“. Jene Rhetorik dürfte anhalten, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder gegen Ende der Woche zum Gipfel im japanischen Ise-Shima treffen.
„Die anhaltende konjunkturelle Erholung der US-Wirtschaft hat die Tür für eine weitere Zinserhöhung in den kommenden Monaten weiter aufgestoßen.“
Doch für Japan bzw. für einen schwächeren Yen könnte die anhaltende konjunkturelle Erholung der US-Wirtschaft sprechen, die die Tür für eine weitere Zinserhöhung in den kommenden Monaten weiter aufgestoßen hat. Und: Wenn der Abwertungswettlauf der Zentralbanken tatsächlich gestoppt würde, würde dies der USNotenbank (Fed) zusätzlichen Handlungsspielraum verschaffen.
• Lag die Wahrscheinlichkeit vor fast zwei Wochen noch bei nahe 0%, stieg sie zuletzt für eine Zinserhöhung im Juni 2016 auf fast 40%.
• Das dürfte nicht nur die Anleihemärkte zu einem weiteren Einpreisen höherer Zinsprognosen bewegen, sondern auch den US-Dollar stärker werden lassen. So stieg der Dollar-Index zuletzt auf ein neues 7-Wochen-Hoch.
• Im Umkehrschluss könnte dies für einen schwächeren Yen sorgen, wenngleich wechselkursseitig sich auch Auswirkungen beim chinesischen Renminbi (RMB) bemerkbar machen dürften – jener fiel auf ein neues 11-Wochen-Tief gegenüber dem USDollar.
• Und: Unsere Grafik der Woche deutet auf eine weitere Schwäche des RMB hin.
Mit Blick auf die kommende Woche werden eine Vielzahl an Stimmungs-und realökonomischen Indikatoren veröffentlicht. In den USA deutet neben der Entwicklung der Häuserpreise (Di) auch der Einkaufsmanagerindex
für das verarbeitende Gewerbe der Region Chicago (Di) und das Verbrauchervertrauen (Di) auf eine sich verbessernde Dynamik des US-Wirtschaftswachstum hin. Zusammen mit einem ISM-Einkaufsmanagerindex (Mi), der sich weiter in der expansiven Zone halten dürfte, und einem robusten Arbeitsmarkt (Mi-Fr), könnte die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden Zinserhöhung weiter anstiegen lassen.
Im Euroraum werden neben diversen Stimmungsindikatoren (Mo) auch die Kerninflation (Di) und die Einzelhandelsumsätze (Fr) veröffentlicht. Fokus dürfte allerdings auf der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen (Do), wenngleich angesichts des erst im März beschlossenen umfassenden Maßnahmenbündels sich die EZB nun auf dessen Umsetzung und Bewertung konzentriert. Daher dürfte geldpolitisch eher ein Sommer des Abwartens bevorstehen. Länderspezifisch werden in Deutschland die Verbraucherpreisdaten und die Einzelhandelsumsätze (Mo) bekanntgegeben bzw. die Arbeitsmarktdaten für Mai (Di). Im Vereinigten Königreich steht der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe am Mittwoch im Fokus.
In Japan geht zur Mitte der kommenden Woche die aktuelle Sitzungsperiode zu Ende. Dies könnte die Regierung um Premierminister Abe zum Anlass nehmen, ihre Entscheidung bezüglich der für April 2017 avisierten Mehrwertsteuererhöhung bekanntzugeben. Entscheidend dafür könnte die Entwicklung des inländischen Konsums (Mo) sein, aber auch das Verbrauchervertrauen (Do). Die erwähnte Yen-Stärke könnte sich zumindest teils in der Industrieproduktion (Di) niederschlagen.
Die prognostizierte Schwäche des RMB könnte durch die Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe (Mi) in China weitere Nahrung erhalten. Der offizielle wie auch privatwirtschaftliche Index deuten auf ein nachlassendes Konjunkturmomentum im Reich der Mitte hin, was unser China GDP Tracker bereits seit längerem induziert. Gemäß den Positionierungen am Optionsmarkt bzw. den Relative-Stärke-Indizes (RSI) befinden sich die internationalen Aktienmärkte aktuell in einem „neutralen“ Niveau, wenngleich der Anteil der Bären vor dem Hintergrund zunehmender (geo-)politischer Risiken leicht gestiegen ist. Während geringe Handelsvolumina auf hohe Kassenbestände hindeuten, geht die Orientierungssuche weiter und damit verbunden eine zu erwartend höhere Volatilität.
Orientierung an den Märkten wünscht Ihnen Ihr, Stefan Scheurer ,Vice President, Global Capital