Welche Renditeziele sind künftig an den
Rentenmärkten realistisch?
Dr. Michael Hasenstab: Eine mittlere bis hohe einstellige Rendite ist möglich – vorausgesetzt, es handelt sich um ein globales Portfolio, und alle Renditequellen werden angezapft. Inklusive aktivem Währungsmanagement. Ergibt eine zehnjährige Rendite von 2 Prozent Sinn? Die Antwort darauf lautet: nein. Daher investieren wir auch nicht in
lang laufende Staatspapiere. Wir glauben, dass Chancen für eine annehmbare Rendite ohne großes Zinsrisiko bei kurzfristigen Staatsanleihen in Asien und Teilen Lateinamerikas bestehen. Und bei Anleihen in Währungen von Ländern, die nicht einen Haufen Geld drucken und eine extrem lockere Geldpolitik verfolgen.
Wo nehmen Sie zurzeit Durationsrisiken, wo hedgen Sie sie?
Hasenstab: Zunächst einmal halten wir seit einigen Jahren die Duration sehr gering und haben viele unserer langfristigen
Anlagen frühzeitig verkauft. Falls die Zinsen steigen, ist das Fondsvermögen nur begrenzt einem Risiko ausgesetzt. Zudem
nutzen wir tiefe und liquide Devisenmärkte, um das Portfolio abzufedern. So schützten wir beispielsweise den Fonds im zweiten Halbjahr 2011 mit einer negativen Euro/Dollar-Position vor dem Extremrisiko eines Kreditausfalls in Italien.
Welche Vor- und Nachteile hat es, einen 38 Milliarden Euro schweren Rentenfonds zu managen?
Hasenstab: Unsere Größe hat unsere Fähigkeit, Positionen rasch zu eröffnen und zu schließen, nicht beeinträchtigt. Die
globalen Anleihe- und Währungsmärkte, auf denen wir aktiv sind, gehören zu den tiefsten und liquidesten Märkten, die es
gibt. Der Fonds ist äußerst flexibel, und wir können nach wie vor unsere makroökonomischen Ansichten zügig und effizient umsetzen. Das liegt zum Teil an den Märkten für Zins-Swaps und Devisentermingeschäfte, die oftmals weitaus tiefer und liquider sind als der zugrunde liegende Cash-Bond-Markt.
Thema Japan und die Politik vom Premier Shinzo Abe. Glauben Sie, dass Abenomics langfristig funktioniert?
Hasenstab: Mir passt nicht, dass die Abenomics oft als kühne Reforminitiative und Wiederbelebung der japanischen Wirtschaft dargestellt wird. Es gab keine echten Reformen. Japan hat eine Verschuldungsquote von über 200 Prozent. Der einzige noch verbleibende Staatsanleihen-Käufer von erwähnenswerter Größe ist die Bank of Japan. Was wirklich geschieht, ist also nicht die Wiederbelebung der japanischen Wirtschaft durch großartige Reformen, sondern vielmehr die Monetarisierung der Verschuldung. Die Bank of Japan finanziert das hohe Staatsdefizit. Ich denke, dass das künftig auch der Hauptgrund für eine Schwäche des Yen sein wird.
Stichwort Unruhen in Brasilien, Türkei, Ägypten und Syrien. Wie hoch bewerten Sie die Risiken für die jeweilige Wirtschaft?
Hasenstab: Politische und wirtschaftliche Risiken sind untrennbar miteinander verbunden. Aus politischen Unruhen, wie wir sie in Teilen des Nahen Ostens erleben, entstehen auch wirtschaftliche Probleme. Entsprechend kaufen wir Anleihen nicht aus x-beliebigen Schwellenländern. In den vergangen fünf Jahren konnten Sie das tun, und es funktionierte. In den kommenden fünf Jahren wird man viel wählerischer sein müssen. Beispielsweise haben wir zuletzt kaum mehr im Nahen Osten gekauft, sondern nur noch verkauft – mit gutem Gewinn. Für uns ist es dort Zeit für eine Pause. Auch haben wir keine Papiere aus der Türkei im Fonds und auch nur sehr wenige brasilianische. Übergewichtet sind dagegen Mexiko und Korea – Länder mit hoher politischer Stabilität.
In der Vergangenheit hatten Sie großes Interesse an Irland. Ist das noch so? Was bewegt Sie derzeit?
Hasenstab: Irland leistet nach wie vor hervorragende Arbeit. Der extreme Pessimismus im Land hat sich inzwischen in
eine Art Hoffnung gewandelt. Generell interessiert uns derzeit eine mögliche Panik, dass das Auslaufen der Fed-Maßnahmen
zur Implosion der Schwellenländermärkte führen könnte, am meisten. Auch wenn wir nicht glauben, dass das geschehen
wird. Die Stimmung im Markt hat sich innerhalb eines Monats radikal gewandelt. Ich halte das für einen Fehler. Doch gleichzeitig stellt diese Entwicklung für uns auch eine große Chance dar. Wir bewegen uns gern außerhalb des Marktkonsenses. Ehrlich gesagt bin ich heute optimistischer als vor drei Monaten, als der Konsens sich in unsere Richtung entwickelte. Im Moment wollen viele davonlaufen. Für uns ist das gut.