Neue Regeln zur Finanzierung von Research: Die Finanzmarktrichtlinie Mifid II wird gewichtige Folgen für Analysten haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Beratungsunternehmens McKinsey.
Das in Europa bevorstehende Verbot von kostenlosem Research-Material wird hunderte Analysten ihren Arbeitsplatz kosten, gleichzeitig werden Banken rund 1,2 Milliarden Dollar an Investitionen in diesem Bereich streichen. Das geht aus einer Studie von McKinsey & Co. hervor. Den Schätzungen des Beratungsunternehmens zufolge geben die zehn größten Banken der Sell-Side derzeit 4 Millarden Dollar jährlich für Analysen aus – und diese Summe wird um etwa 30 Prozent schrumpfen, wie McKinsey-Partner Roger Rudisuli in einem Interview mit Bloomberg erklärte. Er verwies darauf, dass die Kunden wählerischer bei dem werden, für das sie bezahlen.
Die Zahl der Mitarbeiter im Cash-Equity-Research der Investmentbanken ist seit 2011 um 12 Prozent auf 3900 gefallen – verglichen mit bis zu 40 Prozent in Verkauf und Handel, sagte er. Das führe dazu, dass der Bereich Raum für “große Reduzierungen” biete, um aufzuholen.
“Zwei bis drei globale Banken werden ihren Status in der neuen Ära behalten, das Rennen im Bereich der Ausführung gewinnen und in der ganzen Welt den Handel von Aktien dominieren”, heißt es in der McKinsey-Studie, die in dieser Woche veröffentlich wurde und an der Rudisuli mitgearbeitet hatte. “In den kommenden fünf Jahren werden die Banken schwere Entscheidungen treffen und auf ihre Stärken setzen müssen. Es werden nicht nur die Top-Ränge ausgedünnt werden, sondern es wird auch zu Umwälzungen auf regionalen Märkten kommen.”
Die globale Analyse-Branche wird in diesen Tage in Aufruhe versetzt von der Mifid-II-Regulierung der Europäischen Union (EU), die ab dem 3. Januar gilt. Ihr Ziel ist es, Interessenkonflikte zu vermeiden, indem Vermögensverwalter dazu verpflichten werden, die von ihnen gezahlten Handels-Kommissionen von den Gebühren für Investment-Analysen zu trennen. Während so die wahren Kosten für die Zeit und Arbeit von Analysten transparent werden, dürften Investoren selektiver werden, bei dem sein, für das sie zahlen, und letztlich weniger konsumieren, als wenn es umsonst wäre.
“Wir haben sowieso zu viele Stimmen zu großen Unternehmen”, sagt Rudisuli. “Warum braucht Apple zwischen 50 und 60 Analysten, die die Firma abdecken? Ich bin mir nicht sicher, dass die untere Hälfte zusätzlichen Wert bringt.”
Ein andere Veränderung, die Rudisuli für die Branche prognostiziert, ist der Beginn von Bieterwettbewerben für den wertvollsten Rohstoff, den eine Bank gegenüber Investoren bieten kann: Zeit mit Unternehmenslenkern und den Star-Analysten.
“Banken werden anfangs experimentieren. Doch mit der Zeit könnten wir beobachten, dass Dinge wie Auktionen eine prominentere Rolle einnehmen. Am Ende des Tages gibt es nur fünf Sitze bei diesen Treffen”, sagt er. “Die Herausforderung dabei wird sein, dass die Leute, die am meisten zu zahlen bereit sind, Hedgefonds sein werden. Doch die Präferenz der Unternehmen wird es sein, sich nur mit jenen Investoren zu treffen, die erworbene Aktien ausschließlich langfristig halten.”
Die Banken überlegen auch, wie sie die Preise für die Studien von Analysten festlegen sollen. Einige orientieren sich dabei offenbar an dem Modell des Kabelfernsehens – mit “Basis”-Paketen bis zu zu “Alles-Inklusive”-Paketen, wie es in der Studie von McKinsey & Co. heißt.
Die Deutsche Bank habe bei Kunden einen abgezählten “Pay-As-You-Go”-Ansatz beworben, wie Bloomberg unlängst von informierten Personen erfuhr. Konkurrent JPMorgan Chase & Co. wiederum habe Kunden einen Pauschalbetrag von 50.000 Dollar genannt, um Basis-Zugang zu Analysen zu Festverzinslichen zu erhalten.
Die Einführung von Mifid II erfolgt zu einer Zeit, da Investoren-Gelder zunehmend in billigere passive Fonds fließen, die Indizes abbilden. Angesichts von unter Druck stehenden Margen verlangen aktive Vermögensverwalter der Studie zufolge mehr spezifische Analysen und nicht in Masse produzierte Berichte, heißt es in der Studie.
“Mifid II ist der Katalysator für all diese Veränderungen. Aber der letztendliche Treiber, den wir auf der Buy-Side sehen, ist der Druck durch die passiven Fonds”, sagte Rudisuli. “In den nächsten fünf Jahren rechne ich mit mehr Veränderungen als in den letzten 25 Jahren.”
Autor: Bloomberg L.P.
Quelle: DAS INVESTMENT.