Das Investment: Pro und Contra: Welche Chancen bieten noch Mittelstandsanleihen?

sjb_werbung_das_investment_300_200Berichte über dubiose Vorgänge bei German Pellets befeuern die Ängste der Gläubiger des Brennstoffherstellers vor einem Totalverlust. Ob das so genannte Lehman der Mittelstandsanleihen für eine Krise des gesamten Marktsegments steht, fragte DAS INVESTMENT.com zwei Fondsmanager.

Der Börsenhandel mit Mittelstandsanleihen hat bereits vor den aktuellen Meldungen über die Krise bei dem Wismarer Brennstoffhersteller German Pellets deutlich an Schwung verloren: Als erstes Segment für Anleihen mittelständischer Unternehmen startete 2010 „Bondm“ der Börse Stuttgart (siehe Chart am Ende).

Vor fünf Jahren war es für viele Mittelständler schwierig, von Banken notwendige Kredite zu erhalten. Inzwischen aber habe sich die Situation verändert, kommentiert ein Sprecher der Börse Stuttgart gegenüber DAS INVESTMENT.com. In der aktuellen Marktlage sei es für Unternehmen weniger attraktiv, eine Anleihe zu begeben.

Die Folge der stark zurückgehenden Zahl der Emissionen: Der Markt für Anleihen mittelständischer Unternehmen ist wie ausgetrocknet. Dennoch bleibe das Handelssegment Bondm weiter bestehen. Das stehe auch mit Blick auf die Transparenz für Anleger außer Frage.

Euphorie und Enttäuschung geht quer durch die Republik

Nicht nur in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, sondern auch in Düsseldorf, Frankfurt und München, wurden Mittelstandsanleihen in eigens dafür geschaffenen Segmenten der dortigen Börsen gehandelt. Was quer durch die Republik mit großen Hoffnungen in die Solidität versprechenden Geldanlagen begann, „entwickelte sich schnell zum echten Albtraum für Anleger“, kommentiert Klaus Nieding. Aktuell zum Beispiel werde die Insolvenz bei der Wismarer German Pellets GmbH „immer undurchsichtiger“.

Nieding ist Vizepräsident der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), die bereits nach den ersten Eintrübungen der Euphorie für das neue Segment am Rentenmarkt ihre „Checkliste für den Privatinvestor bei Mittelstandsanleihen“ herausgegeben hat. Denn: „Die grundsätzliche Stärke der mittelständisch geprägten Unternehmen muss nicht zugleich bedeuten, dass ein Investment in Unternehmen des Mittelstands über den Weg einer Anleihe sich auch als sichere und damit vor allen Dingen erfolgreiche Anlageformen entwickelt.“

Die DSW argumentiert, dass sich ein solide aufgestellter Mittelständler in der Regel günstiger als mit den hoch verzinsten Anleihen finanzieren könne. „Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass vor allem solche Unternehmen bereit sind, Mittelstandsanleihen zu emittieren, die sich bereits in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden.“ Auf der anderen Seite gelte: „Trotzdem sind die Papiere aufgrund der hohen Verzinsung gerade für Privatinvestoren interessant, die in der aktuellen Niedrigzinsphase nach attraktiven Anlagealternativen suchen.“

Anbieter stellen ihre Rentenfonds-Strategien neu auf

Dieser Abwägungsprozess zwischen den Argumenten für und gegen das junge Segment führte bei der Kölner Monega Kapitalanlagegesellschaft zu der Entscheidung, ihren WGZ Mittelstand-Rentenfonds Mitte vorigen Jahres in WGZ Corporate M (ISIN: DE000A1JSWX5) umzubenennen. Der Namenswechsel verweist auf die Umstellung auf eine „Crossover-Strategie“: Renten mittelständischer Emittenten werden dem nunmehr breit anlegenden Unternehmensanleihenfonds lediglich beigemischt.

Ähnlich kritisch-selektiv geht Ralf Meinerzag mit dem Segment Mittelstandsanleihen um. Der von ihm gemangte Steubing German Mittelstand Fund, der seit Jahresbeginn rund 3,9 Prozent an Wert verloren hat, investierte zum Stichtag 31. Januar nur noch ein Drittel des Fondsvolumens in Deutschland. Die Zeitung Die Welt zitiert ihn mit der Ankündigung, ebenfalls den Fondsnamen ändern zu wollen. Den Schwerpunkt bilden demnach künftig europäische Hochzinsanleihen. Denn die Pleite bei German Pellets habe „Niedergang eines ganzen Segments“ eingeläutet.

„Schlechter hätte der Start ins Jahr 2016 für den Markt für Mittelstandsanleihen nicht laufen können“, schreibt Meinerzags Team in ihrem aktuellen Marktkommentar. „Innerhalb ein paar Tagen brach das Firmenkonstrukt German Pellets in sich zusammen.“ Und der deutsche Recycling-Dienstleister Scholz habe seinen Firmensitz nach London verlagert, „um Anleihen dort nach dem für das Unternehmen moderateren Regeln abwickeln zu können.“ Bei beiden Emittenten hätten sich insgesamt „wohl mehr als 400 Millionen Euro Gläubigergelder in Luft aufgelöst“.

„Alle Mittelstandsanleihen in Sippenhaft genommen“

Die vielfach betroffenen Kleinanleger „müssen von Unternehmen wie German Pellets, bei denen die Presse teilweise eine betrügerische Absicht vermutet, extrem enttäuscht sein“, so Meinerzags Team weiter. „Deswegen sehen wir auch keine Möglichkeit mehr mittelfristig Privatanleger zu begeistern, auch über das Vehikel unseres Mittelstandsfonds, in dieses Marktsegment zu investieren.“ Das sei zwar schade, da es „hier noch die eine oder andere Perle“ gebe. Doch als sich in den vergangenen Wochen Unsicherheit breit machte, seien „faktisch alle Mittelstandsanleihen in Sippenhaft genommen worden“.

Mit dem gleichen Bild beschreibt auch Hans-Jürgen Friedrich seinen Eindruck vom aktuellen Marktgeschehen, das er als Grund für die zuletzt stark gefallen Marktindizes ansieht. „Das verdeckt dann die zahlreichen positiven betriebswirtschaftlichen Entwicklungen bei solide geführten Unternehmen wie zum Beispiel Bastei Lübbe, KTG Energie oder Metalcorp“, kommentiert der Vorstand der KFM Deutsche Mittelstand, deren Deutscher Mittelstandsanleihen Fonds, der mit einem Wertverlust von rund 2,2 Prozent seit Jahresbeginn, vergleichsweise unbeschadet die jüngste Krise durchstand.

Das gute Abschneiden führt Friedrich auf das firmeninterne Auswahl- und Überwachungsverfahren zurück: „Das KFM-Scoring erzeugte frühzeitig Verkaufssignale.“ Das habe den Fonds vor den großen Kursstürzen bei Einzeltiteln wie MS Deutschland oder Mifa in der Vergangenheit oder German Pellets und Scholz Recycling in diesem Jahr bewahrt. „Beim KFM-Scoring werden sowohl die Bonität des Unternehmens als auch die Qualität der Anleihen intensiv geprüft.“ Beim Abfall der Qualität fliegen die Titel rigoros aus dem Portfolio.

Falschen Unternehmen wurde Zugang zum Markt verschafft

Manche späteren Verlustbringer kamen aber auch gar nicht erst in den Fonds: „Wir bewerten positive wie auch negative Einflussfaktoren auf die Geschäftsmodelle der Schuldner, die für das Portfolio infrage kommen“, erklärt Friedrich. Das hätte vielen anderen Fonds und Privatanlegern auch gut getan. Denn oftmals sei den falschen Unternehmen Zugang zum Markt verschafft worden. „Für etwa ein Drittel der Unternehmen am Markt wären Eigenkapitalmarktsegmente wohl die bessere Wahl gewesen.“

„Die Mittelstandsanleihe ist das richtige Instrument – aber eben nicht für jene Firmen, die noch nicht genügend Eigenkapital und/oder Finanzkraft für den Anleihemarkt haben.“ So seien zum Beispiel Firmen wie der Fahrradhersteller Mifa oder oder die Mox-Telekom vom Investment Grade-Rating direkt in die Insolvenz geschlittert. „Wegen solcher und anderer Vorfälle wird leider der gesamte Mittelstandsanleihenmarkt in Frage gestellt.“

Gebraucht werde das Marktsegment aber auch weiterhin, um deutschen Mittelständlern geeignete Finanzierungsmittel zugänglich zu machen, so Friedrich. Denn die Regulierung der Banken führe dazu, dass auch mittelständische Unternehmen den Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle nutzen. „Deswegen bin ich nach wie vor überzeugt von diesem Marktsegment, dem ich trotz der aktuellen Marktlage die Treue halte.“

Rettung verspricht der Best Practice Guide der Börse

Damit das Image des Marktsegments der deutschen Mittelstandsanleihen doch noch gerettet werden kann, sei der Best Practice Guide der Börse Frankfurt zielführend. An dessen Empfehlungen hielten sich verstärkt Emissionsberater und Unternehmenslenker: „Wir stellen fest, dass sich die Qualität der Emissionen verbessert“, sagt Friedrich. Als Folge der neuen Regeln erwartet er, dass sich Frankfurt als wichtigster Börsenplatz für dieses spezielle Marktsegment etablieren dürfte.

„Es ist glücklicherweise nicht alles schlecht“, so Friedrich. Über Verfehlungen Einzelner müsse zwar berichtet werden. Aber in den Medien würden immer nur die Negativbeispiele dargestellt. „Als positive Beispiele können SNP Schneider-Neureither & Partner, VTG oder Grenkeleasing herangezogen werden.“ Bei diesen Firmen stimme das Management. Und eine Kapitalerhöhung sei dort unter anderem deshalb als Finanzierungsalternative zur Anleihe unerwünscht, „weil das strategische Konzept der Unternehmensführung nicht durch neue Eigenkapitalgeber verwässert werden soll“.

GRAFIK: Chart-Verlauf des Bondm-Index verdeutlicht die abnehmende Attraktivität des Marktsegments der deutschen Mittelstandsanleihen, Börse Stuttgart

Von: Christian Hilmes

Quelle: DAS INVESTMENT.

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